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Schlagwort: OLG Düsseldorf

Minderjährige im FSJ: Keine einheitliche Rechtsprechung zum Unterhaltsanspruch im Freiwilligen Sozialen Jahr

Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) ist eine gute Sache. Es hat das Ziel, Jugendlichen soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Nur stellt sich die Frage, wer in der Zeit für die Kosten des Kindes aufkommt. Und eben diese wurde kürzlich dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) vorgelegt.

Die nach Schulabschluss noch minderjährige Tochter geschiedener Eltern absolvierte ein FSJ in einer Klinik. Ihrem Berufsziel „Operationsschwester“ erhoffte sie sich, damit ein Stück näher zu kommen. Denn die Klinik würde nach erfolgreich absolviertem FSJ auch zu ihrem Ausbildungsbetrieb werden, sobald sie bis dahin auch die hierfür notwendige Volljährigkeit erreicht hätte. Für die Dauer des FSJ verlangte das Mädchen Unterhalt von seinem Vater. Der aber weigerte sich, zu zahlen. Die notwendige Wartezeit könne die Tochter auch dadurch überbrücken, dass sie ganz normal arbeite. Dann hätte sie genügend Einkünfte, um ihren Unterhalt selbst zu bestreiten.

Die verschiedenen Gerichte sind sich nicht einig bei der Frage, ob Kinder ohne weiteres ein FSJ ableisten und in der Zeit dann Unterhalt beanspruchen können. Die meisten machen die Entscheidung davon abhängig, was das spätere Berufsziel ist. Ist das FSJ notwendige Voraussetzung für die weitere Ausbildung oder ihr jedenfalls unmittelbar dienlich (wobei ein sehr enger Zusammenhang verlangt wird), wird der Unterhaltsanspruch zugesprochen, sonst nicht. Für den Beruf der Operationsschwester ergäbe sich laut dieser Rechtsprechung kein Unterhaltsanspruch. Andere Gerichte ziehen den Kreis jedoch nicht ganz so eng und heben mehr darauf ab, dass das FSJ eine sehr sinnvolle Einrichtung ist, die es zu unterstützen gilt – unter anderem mit der Konsequenz, Unterhalt zuzusprechen. Das OLG Düsseldorf schließt sich dieser Ansicht an, allerdings eingeschränkt für den Fall, dass das Kind wie hier bei der Entscheidung dazu noch minderjährig ist.

Hinweis: Einig sind sich die Gerichte, dass im FSJ jedenfalls dann Unterhalt geschuldet ist, wenn das Kind die Entscheidung dazu in Absprache mit den Eltern getroffen hat.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.03.2019 – 3 WF 140/18

Thema: Familienrecht

Prozess- bzw. Verfahrenskosten: Der eheliche Vorschussanspruch gilt nur für Unterhaltskläger – nicht für Unterhaltsbeklagte

Wer einen Prozess führen oder sich einer Klage erwehren will, muss die dabei anfallenden Vorschussforderungen selbst bezahlen. Ist man dazu nicht in der Lage, kann hierfür staatliche Unterstützung in Form von Prozesskosten- bzw. Verfahrenskostenhilfe in Anspruch genommen werden. Ob bzw. wann dies auch für (noch) Verheiratete gilt, hat im Folgenden das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) klargestellt.

Generell gilt: Ist man verheiratet und geht es im Verfahren um eine persönliche Angelegenheit, ist vorrangig der eigene Ehegatte verpflichtet, einem finanziell unter die Arme zu greifen – sofern er dazu unter Billigkeitsgesichtspunkten in der Lage ist. Denn wenn ein Ehegatte dem anderen Unterhalt schuldet, gehört es auch dazu, ihn bei den Kosten eines gerichtlichen Verfahrens zu unterstützen. Eine persönliche Angelegenheit in diesem Sinne ist es auch, wenn Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden sollen. Daraus folgt: Wenn ein vermögensloser Ehegatte vom vermögenden Ehegatten Unterhalt verlangt und gerichtlich geltend macht, hat der vermögende Ehegatte nicht nur final den Unterhalt zu zahlen, sondern auch die Vorschüsse, die für die vorhergehende gerichtliche Geltendmachung anfallen.

Das OLG war nun mit der umgekehrten Situation beschäftigt: Der Mann nahm die Frau auf Trennungsunterhalt in Anspruch (ohne vorab einen Vorschuss zu verlangen). Die Frau war aber vermögenslos und beantragte für das Verfahren Verfahrenskostenhilfe. War sie nun vorrangig auf einen Anspruch zu verweisen, nach dem sie vom Mann einen Vorschuss verlangen kann, um sich gegen die Inanspruchnahme auf Trennungsunterhalt wehren zu können? Nein, sagt das OLG: Nur wer Unterhalt verlangt, kann ggf. auch einen Vorschussanspruch gegen den anderen haben – nicht aber der, der selbst auf Unterhalt in Anspruch genommen wird.

Hinweis: Der Vorschussanspruch existiert nur unter miteinander Verheirateten. Für die Zeit nach der Scheidung besteht er nicht mehr.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.01.2019 – II-3 WF 114/18

Thema: Familienrecht

Vaterschaft nicht angefochten: Die finanziellen Interessen leiblicher Kinder stehen nicht über denen rechtlicher Kinder

Den eigenen Kindern gegenüber besteht bekanntlich eine gesetzliche Unterhaltspflicht. Zu diesem Kreis zählen die während bestehender Ehe geborenen Kinder. Doch nicht immer ist der auf diese Weise rechtliche Vater auch der biologische. Ob der rechtliche Vater rein aus unterhaltsrechtlichen Gründen zugunsten der anderen Kinder die Vaterschaft anfechten muss, war eine Frage, die das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) im folgenden Fall zu klären hatte.

Ein Mann war vier Kindern (geboren 2002, 2004, 2007 und 2011) gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Drei Kinder waren leibliche Kinder, das 2004 geborene dagegen nicht. Da dieses Kind während des Bestehens der unterdessen geschiedenen Ehe geboren worden war, gilt es rechtlich dennoch als Kind des Ehemannes. Zunächst waren die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mannes so gut, dass er den Mindestunterunterhalt für alle vier Kinder sichern konnte. Geltend gemacht wurde er von der Kindesmutter allerdings nur für die drei leiblichen. Als sich in der Folgezeit die finanzielle Situation des Mannes verschlechterte, machte er geltend, unter Beachtung seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Unterhaltszahlung für vier Kinder nicht mehr in der Lage zu sein, den Mindestunterhalt zu leisten. Die Frau, die die Kinder vertritt und offenbar weiterhin Unterhalt nur für die drei leiblichen Kinder verlangt, machte jedoch geltend, das nur rechtliche und nicht auch leibliche Kind sei bei der gesamten Betrachtung nicht zu berücksichtigen. Schließlich hätte der Mann rechtzeitig die Vaterschaft anfechten können. Dies unterlassen zu haben, dürfe nun nicht zu Lasten des Unterhalts für die anderen drei Kinder gehen.

Das OLG erkannte keine rechtliche Grundlage des Mannes, seine Vaterschaft bezüglich des lediglich rechtlichen Kindes anzufechten. Es besteht keine Pflicht, sondern lediglich das Recht, rechtliche von leiblichen Kindern zu unterscheiden. Wer hierbei die entsprechende Frist zur Anfechtung einer Vaterschaft versäumt, muss jedoch zahlen. Denn damit sind alle Kinder einander gleichgestellt – und rechtlich auch so zu behandeln.

Hinweis: Soll die Vaterschaft angefochten werden, ist auf die Frist zu achten. Diese beträgt zwei Jahre und beginnt  mit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von den Umständen, die gegen die Vaterschaft sprechen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.11.2018 – 16 UF 96/18

Thema: Familienrecht

Bereute Erbschaftsausschlagung: Beruht der Irrtum zur Überschuldung auf reinen Mutmaßungen, ist die Anfechtung ausgeschlossen

Bei der Ausschlagung einer Erbschaft muss zum einen schnell reagiert werden, da die Ausschlagungsfrist nur sechs Wochen beträgt. Dass man sich zum anderen aber auch vertun kann, wenn man eine Erbschaft zu vorschnell ausschlägt, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Eine ältere Frau wurde von der Polizei tot in ihrer vermüllten Wohnung aufgefunden. Ihre Schwester schlug daraufhin die Erbschaft aus, da sie davon ausging, dass die Kosten für die Entrümpelung und Renovierung der Mietwohnung den Nachlass übersteigen würden. Als sie dann jedoch erfuhr, dass die Renovierungskosten vom Vermieter zu tragen sind und daher noch einige tausend Euro vom Nachlass übrig blieben, wollte sie die Ausschlagung anfechten. Doch ohne Erfolg.

Das OLG lehnte das Anliegen der Frau ab. Zwar stellte es klar, dass ein Irrtum bezüglich der Überschuldung des Nachlasses zur Anfechtung der Ausschlagungserklärung durchaus berechtigt. Dafür braucht es aber eine vorige Bewertung, die nicht wie hier rein auf Spekulationen beruhte und auf bewusst ungesicherter Grundlage getroffen wurde. Man muss für die Anfechtung einer erfolgten Ausschlagung schon konkreter vortragen können, welche bekannten oder zugänglichen Nachlassfakten zur Fehleinschätzung führten. Ohne eine solche Begründung ist die Anfechtung ausgeschlossen – so auch in diesem Fall.

Hinweis: Die Anfechtung der Ausschlagung kann zwar auf einen Irrtum gestützt werden, jedoch nicht, wenn es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt. Der Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses berechtigt nicht zur Anfechtung, wenn er auf einer Falschbewertung einzelner Gegenstände des Nachlasses beruht. Irrt sich jemand hingegen über die Zugehörigkeit bestimmter Aktiva oder Passiva zum Nachlass oder über Belastungen von Grundstücken, kann dies zur Anfechtung berechtigen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.12.2018 – I-3 Wx 140/18

Thema: Erbrecht

Grenzüberschreitender Erbfall: Zuständigkeit des Gerichts bei Ausschlagung der Erbschaft mit Auslandsbezug

Nicht selten kommt es vor, dass Erbfälle grenzüberschreitende Bezüge haben – etwa, weil zur Erbmasse Grundstücke im Ausland gehören oder der Erblasser in einem Land lebt, dessen Staatsangehörigkeit er nicht hat. Dann stellen sich die Fragen, welches Recht zur Anwendung kommt und auch welche Gerichte zuständig sind. Auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) musste geklärt werden, welches Gericht in der befassten Sache zuständig ist.

Ein Mann wollte eine Erbschaft ausschlagen. Da der Erblasser in Spanien verstorben war, war dem Erben unklar, an welches Gericht er sich dazu wenden musste, so dass er die Ausschlagungserklärung sowohl an das für seinen Wohnsitz zuständige Gericht als auch an das Gericht an dem letzten Wohnsitz des Erblassers in Deutschland sandte. Alle Gerichte erklärten sich jedoch für unzuständig und verwiesen die Sache weiter, so dass schließlich das OLG die Zuständigkeit klären musste. Und dafür nahm es die für die EU-Mitgliedstaaten geltenden Regelungen aus der „Verordnung über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO)“ zu Hilfe.

So entschied das OLG entsprechend, dass für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung das Nachlassgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die erklärende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Durch die Sonderregelungen in der EuErbVO für die Ausschlagung einer Erbschaft soll sie in internationalen Erbfällen erleichtert werden, indem dem Ausschlagenden die Erklärung gegenüber den Gerichten seines eigenen Aufenthaltsstaates ermöglicht wird. Eine Erklärung gegenüber diesem Gericht ersetzt dabei eine Erklärung gegenüber dem nach dem anzuwendenden Erbrecht vorgesehenen Gericht.

Hinweis: Die EuErbVO regelt nicht nur, welches Recht welches EU-Mitgliedsstaates zur Anwendung kommt, sondern auch, welches Gericht zuständig ist. Grundsätzlich kommt dabei das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte – unabhängig davon, welche Staatsbürgerschaft er besaß. Zuständig sind dann auch die Gerichte dieses Landes. In diesem Fall hätte die Erbschaft also in Spanien vor spanischen Gerichten geltend gemacht werden müssen. Nur für die Ausschlagung gilt eine Sonderregelung. Der Erblasser kann aber in seinem Testament auch bestimmen, welches Recht zur Anwendung kommen und auch welches Gericht zuständig sein soll.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.10.2018 – I-3 Sa 1/18

Thema: Erbrecht

Falsches Berliner Testament: Je nach Formulierung kann die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments beschränkt sein

Ehepaare erstellen häufig gemeinschaftliche Testamente, wobei üblicherweise eine Regelung getroffen wird, die als Berliner Testament bezeichnet wird. Nach dieser Regelung setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Erben ein und (eine) dritte Person(en) – häufig die Kinder – zu Erben des Letztversterbenden. Bei solchen Testamenten sind die Ehepartner an die wechselbezüglichen Bestimmungen im Testament gebunden und können diese weder zu Lebzeiten beider noch nach dem Tod des Partners einseitig ändern. Doch auch hier ist einmal mehr die Auslegung der fixierten Bestimmungen entscheidend – und die hatte im folgenden Fall das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) zu treffen.

Eine Frau hatte zusammen mit ihrem Ehemann ein Testament verfasst. In diesem bestimmten sie jeweils handschriftlich, dass der jeweils andere Ehepartner ihr Erbe werden sollte. Nach dem Tod des Ehepartners sollten wiederum jeweils die eigenen Kinder aus erster Ehe zu Erben werden. Nach dem Tod ihrer einzigen Tochter schloss die Ehefrau mit deren Lebenspartner einen Erbvertrag – ohne Beteiligung ihres Ehemannes. Darin bestätigte die Ehefrau die Erbeinsetzung ihres Ehemannes als nicht befreiter Vorerbe und setzte den Lebensgefährten anstelle ihrer verstorbenen Tochter zum Nacherben ein. Nach dem Tod der Ehefrau stritten nun der Witwer und der Lebensgefährte der verstorbenen Tochter darüber, ob die Erbeinsetzung des Lebensgefährten wirksam war.

Das OLG kam zu dem Schluss, dass in dem gemeinschaftlichen Testament eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet wurde. Auch wenn sie das Testament als „Berliner Testament“ bezeichnet hatten, war es nicht so, dass die Eheleute ihr gemeinschaftliches Vermögen einheitlich nach dem ersten Erbfall dem überlebenden Ehegatten und nach dessen Tod einer oder mehreren Personen zugedacht hatten. Sie hatten vielmehr bestimmt, dass nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten der jedem Ehegatten zu seinen Lebzeiten gehörende Teil der eigenen Verwandtschaft zugewendet werden sollte. Die Ehegatten hatten also jeweils eigene Nacherben für ihr jeweiliges Vermögen bestimmt. Die Nacherbschaft war auch nicht durch den Tod der Tochter entfallen. Zwar war eine Neuregelung des Nacherbes im gemeinschaftlichen Testament nicht eindeutig geregelt. Da es den Eheleuten aber bei der Gestaltung des Testaments ersichtlich darum ging, die Vermögen zu trennen und das eigene Vermögen ihren eigenen Abkommen zu hinterlassen, konnte die Ehefrau nach dem Tod der Tochter frei über ihren Anteil verfügen. Sie konnte somit zulässigerweise im Erbvertrag den Lebensgefährten der Tochter zu ihrem Nacherben bestimmen und war nicht aufgrund der Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments daran gehindert.

Hinweis: Die Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Daher sollte man sich genau überlegen, welche Fälle geregelt werden und inwieweit diese Regelungen bindend sein sollen. Darüber hinaus sollte man gegebenenfalls auch Möglichkeiten des Widerrufs vorsehen, um flexibel auf geänderte Umstände reagieren zu können.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.08.2018 – 3 Wx 67/18

Thema: Erbrecht

Stiftungsgründung im Testament: Auch knappe Angaben reichen aus, sofern sich Stiftungsvermögen und -zweck aus den Umständen ergeben

Gibt es keine nahen Angehörigen oder möchte der Erblasser für ihn wichtige karitative Zwecke über seinen Tod hinaus fördern, kommt die Gründung einer Stiftung von Todes wegen in Frage. Dabei ist jedoch einiges zu beachten, wie der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) zeigt.

Ein unverheirateter Mann verstarb kinderlos. In seinem Testament bestimmte er einen Testamentsvollstrecker und führte zudem aus: „Ich wünsche eine Stiftung zu Gunsten X1, Stadt 1. C soll unentgeltlich lebenslanges Wohnrecht erhalten. Die X2 der Stadt 2 erhält 20.000 EUR.“ Dagegen klagten jedoch seine Mutter und seine zwei Schwestern mit der Begründung, dass die Stiftung nicht ausreichend bestimmt sei und die Regelung daher als unwirksam anzusehen wäre.

Das OLG stellte klar, dass das Testament nur so verstanden werden kann, dass die genannte Stiftung Alleinerbin wurde. Ein Erblasser kann anerkanntermaßen eine Testamentsvollstreckung anordnen und dem Testamentsvollstrecker die Aufgabe zuweisen, eine als rechtsfähig anzuerkennende Stiftung zu errichten. Der Erblasser selbst muss dabei jedoch einen Stiftungszweck sowie die Vermögensausstattung bestimmen. Dies hatte er nach Ansicht des Gerichts hier in ausreichendem Maße getan. Durch die Erbeinsetzung war die Vermögensausstattung bestimmt. Der Stiftungszweck ergibt sich zudem daraus, zu wessen Gunsten die Stiftung eingerichtet werden sollte. Wer zugunsten einer bestimmten, mit einem besonderen Aufgabenbereich versehenen Station eine Stiftung errichten will, beabsichtigt typischerweise, diese Station bei allen ihren Tätigkeiten zu fördern.

Hinweis: Eine Stiftung von Todes wegen kann in einem Testament oder Erbvertrag dadurch gegründet werden, dass sie als Erbe eingesetzt wird oder den Erben über ein Vermächtnis oder eine Auflage aufgegeben wird, diese zu gründen. In der letztwilligen Verfügung sollte die gesamte Satzung der Stiftung geregelt werden. Andernfalls wird die Satzung von der zuständigen Behörde erstellt oder ergänzt. In jedem Fall muss der Erblasser jedoch den Stiftungszweck und das -vermögen selbst bestimmen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2018 – I-3 Wx 95/18

Thema: Erbrecht

Beschränkung des Vorerben: Schon die Teilunentgeltlichkeit eines Hausverkaufs macht die Verfügung unwirksam

Eine Vor- und Nacherbfolge soll gewährleisten, dass der Vorerbe den Nachlass nicht für sich verbraucht und für die nachfolgenden Erben schließlich nichts mehr übrig bleibt. Daher darf ein Vorerbe unter anderem Nachlassvermögen nicht unentgeltlich abgeben.

 

Eine Frau verstarb und setzte ihre beiden Enkel als Vorerben und deren Nachkommen jeweils als Nacherben ein. Ein Enkel verkaufte ein zum Nachlass gehörendes Hausgrundstück an ein Ehepaar zu einem deutlich vergünstigten Preis, der etwa der Hälfte des tatsächlichen Werts entsprach. Seine Töchter verlangten dann nach seinem Tod die Rückübertragung des Hausgrundstücks, da er als Vorerbe nicht berechtigt gewesen sei, das Haus (zum Teil) unentgeltlich zu veräußern.

Das Gericht stimmte dem zu und ging davon aus, dass eine Teilunentgeltlichkeit bei diesem Verkauf vorlag. Dem aufgegebenen Vermögenswert, also dem Haus, stand objektiv keine gleichwertige, in den Nachlass zu erbringende Gegenleistung gegenüber. Der Vorerbe hätte diese Ungleichwertigkeit erkennen müssen. Eine solche Teilunentgeltlichkeit führt nach Auffassung des Gerichts zur Gesamtunwirksamkeit der das Recht der Nacherben vereitelnden Verfügung.

Hinweis: Die Rechtsprechung gewährt dem Nacherben bei teilweise unentgeltlichen Verfügungen ein Wahlrecht: Er kann entweder einen Schadensersatzanspruch gegen den Vorerben oder einen Herausgabeanspruch gegenüber dem beschenkten Dritten geltend machen. Teilunentgeltlichkeit liegt dabei auch schon dann vor, wenn etwas deutlich unter dem marktüblichen Preis verkauft wird.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.03.2018 – I-3 Wx 211/17

Thema: Erbrecht

Auslegung der Erbeinsetzung: Der Wegfall der Nacherbfolge durch Pflichteilsstrafklausel kann zu überraschenden Folgen führen

Sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln sollen in gemeinschaftlichen Testamenten die Berechtigten davon abhalten, beim Ableben eines Ehepartners den ihnen gesetzlich zustehenden Pflichtteil einzufordern und den überlebenden Ehepartner dadurch in Zahlungsschwierigkeiten zu bringen. Häufig entfalten sie jedoch nicht die gewünschte Wirkung.

Ein Ehepaar setzte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Vorerben ein, wobei die Nacherben der Ehefrau deren Kinder aus erster Ehe und die Nacherben des Mannes dessen Töchter aus erster Ehe sein sollten. Zudem wurde eine Pflichtteilsstrafklausel vereinbart – für den Fall, dass die Nacherben nach dem Tod ihres Elternteils ihren Pflichtteil fordern sollten, die Nacherbeneinsetzung somit ersatzlos entfällt und der jeweils Längstlebende der Eheleute damit nicht mehr Vorerbe, sondern alleiniger, unbeschränkter Erbe ist.

Nach dem Tod des Mannes verlangten die Töchter ihren Pflichtteil und wurden ausbezahlt. Die überlebende Ehefrau übertrug ihrer Tochter dann ein wertvolles Depot. Als die Frau kurz darauf verstarb, verlangte ihr anderes Kind – ein Sohn – die Auszahlung der Hälfte dieses Depots. Als Begründung führte er an, dass seine Mutter als Vorerbin nicht berechtigt gewesen sei, Vermögen zu seinem Nachteil zu verschenken.

Das Gericht sah dies jedoch anders und führte aus, dass der Sohn nach dem Tod des Mannes nicht Nacherbe geworden war. Durch die Geltendmachung der Pflichtteilsrechte durch die Töchter des Mannes war die Nacherbschaft entfallen, so dass die Ehefrau zur Vollerbin wurde und somit uneingeschränkt verfügen durfte. Auch die Vorschriften über beeinträchtigende Schenkungen eines Vertragserben waren hier nicht einschlägig, da diese nur bei wechselbezüglichen Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten Anwendung finden. Dem Testament konnte nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht entnommen werden, dass die Eheleute sich auch wechselseitig dahin binden wollten, dass der Überlebende verpflichtet sei, sein Vermögen an seine eigenen Kinder zu vererben.

Hinweis: Durch solche Pflichteilsstrafklauseln wird der Berechtigte auf den Schlusserbfall enterbt. Sie sollen die Berechtigten also davon abschrecken, ihren Pflichtteil geltend zu machen. Verhindern können sie es jedoch nicht. Der Abkömmling, der beim Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil geltend gemacht hat, kann dies auch beim Tod des Zweitversterbenden tun.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.04.2018 – I-7 U 76/17

Thema: Erbrecht

Grob fahrlässiger Fußgänger: In Fragen der Mithaftung gilt der „besonders vorsichtige Fahrer“ als Maßstab

Fährt ein Auto einen Fußgänger an, trifft den motorisierten Verkehrsteilnehmer regelmäßig ein hoher Schuldanteil, wenn nicht sogar der komplette. Wenn ein Fußgänger jedoch nachts bei Regen grob fahrlässig eine Fahrbahn betritt und dabei zu Schaden kommt, mag man meinen, dass ein unterhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit fahrender Autofahrer daran als völlig schuldlos zu betrachten sei. Doch wie so oft trügt auch hier das erste Bauchgefühl. Das beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).


Ein durch einen Unfall verletzter Fußgänger verlangte von einem Pkw-Fahrer Schadensersatz, nachdem es bei Dämmerung und starkem Regen außerorts zu einem Unfall gekommen war. Der Autofahrer war mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h bei erlaubten 100 km/h mit dem von rechts kommenden Mann kollidiert.

Nach Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens hat das OLG entschieden, dass den Pkw-Fahrer durchaus eine Haftung aus der sogenannten Betriebsgefahr trifft, und diese mit 20 % bewertet. Der Unfall ist zwar überwiegend durch das Fehlverhalten des Fußgängers verursacht worden, der auf die Fahrbahn trat, ohne den bevorrechtigten Fahrzeugverkehr passieren zu lassen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen war der Pkw für den Fußgänger schließlich bereits aus einer Entfernung von 60 m erkennbar. Der Fußgänger ist somit gewissermaßen blindlings auf die Fahrbahn getreten, was in der Rechtsprechung in der Regel als grob fahrlässig angesehen wird.

Doch der Senat ist auch zu einer Mithaftung des Pkw-Fahrers von 20 % gekommen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stets zu prüfen ist, ob ein Idealfahrer bei weit vorausschauender und überobligatorisch vorsichtiger Fahrweise den Unfall hätte verhindern können. Und nach den Feststellungen des Sachverständigen war hier durchaus denkbar, dass ein besonders vorsichtiger Fahrer bei genauer Beobachtung der Fußgänger die Geschwindigkeit tatsächlich noch weiter reduziert und sich so in die Lage versetzt hätte, auf das Fehlverhalten des Fußgängers zu reagieren und somit die Kollision zu vermeiden.

Hinweis: Das Urteil macht einerseits klar, dass selbst vorsichtige Faher bei einer Kollision mit einem Fußgänger mit einer Mithaftung rechnen müssen. Andererseits verdeutlicht es, welche besonderen Sorgfaltsanforderungen Fußgänger beim Überqueren von Fahrbahnen treffen. So muss an nicht besonders vorgesehenen Überquerungsstellen auf den bevorrechtigten Verkehr Rücksicht genommen werden und bei Annäherung eines Fahrzeugs gewartet werden. Es darf insbesondere nicht versucht werden, noch kurz vor einem herannahenden Kraftfahrzeug die Fahrbahn zu überqueren.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.04.2018 – I-1 U 196/14

Thema: Verkehrsrecht