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Schlagwort: OLG Oldenburg

Verfestigte Lebensgemeinschaft: Intensive Bindung kann vor Ablauf von zwei Jahren den Unterhaltsanspruch verwirken lassen

An einen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten ist kein Unterhalt mehr zu zahlen, sobald dieser in einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Doch wann ist eine neue Partnerschaft als „verfestigte Lebensgemeinschaft“ anzusehen? Diese Frage beschäftigt die Rechtsprechung immer wieder.

Geht ein Ehegatte, der Unterhalt bezieht, eine neue Partnerschaft ein, entfällt damit noch nicht automatisch und sofort der Unterhaltsanspruch. Als verfestigt gilt diese neue Partnerschaft nämlich erst dann, wenn eine gewisse Intensität objektiv feststellbar ist und die Beziehung über eine gewisse Dauer besteht. Es wird darauf geschaut, ob ein über einen längeren Zeitraum gemeinsam geführter Haushalt vorliegt, wie das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ist, ob größere Investitionen getätigt werden – wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims – und wie lange die Verbindung besteht. Als eine Art Faustformel entwickelt hat sich dabei der Grundsatz, dass ein Zusammenleben über zwei Jahre verlangt wird.

Was aber gilt, wenn diese Zeitspanne noch nicht erreicht ist, dafür die Partnerschaft besonders intensiv gelebt wird? Dann kann der Unterhaltsanspruch schon früher verwirkt sein. Mit Blick auf die objektiven Umstände hat dies das Oberlandesgericht Oldenburg angenommen. Die unterhaltsberechtigte Ehefrau verlebte mit dem neuen Partner das Osterfest und die Sommerferien, der Mann trat als Ersatzvater bei den das Kind betreffenden Gesprächen beim Jugendamt auf, das eheliche Kind nannte ihn „Papa“, der Mann war außerdem als Partner bei Familienfeiern dabei und ließ in seinem Haus ein Zimmer für das Kind der Frau renovieren und umbauen – in Erwartung des beabsichtigten Zuzugs von Frau und Kind. Mit genau diesem Einzug der Frau und des Kindes sah das Gericht den Unterhaltsanspruch dann auch als verwirkt an – obwohl die neue Partnerschaft noch keine zwei Jahre bestand.

Hinweis: Liegt kein „klassischer“ Fall der Verwirkung vor, ist es wichtig, die umfangreiche und detaillierte Rechtsprechung zu kennen und sich mit ihr auseinanderzusetzen.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.11.2016 – 4 UF 78/16

zum Thema: Familienrecht

Kostenübernahmeerklärung unterschrieben: Trotz Erbausschlagung haftet die Tochter für ausstehende Pflegeheimkosten

Dieser Fall zeigt deutlich, dass jede Unterschrift genauestens überlegt sein sollte.

Eine ältere Frau musste in ein Pflegeheim. Anlässlich des Einzugs unterschrieb die Tochter eine Kostenübernahmeerklärung. Als die Mutter später verstarb, verlangte das Heim die Zahlung der rückständigen Kosten von rund 5.600 EUR. Die Tochter zahlte nicht, da sie die Erbschaft ausgeschlagen hatte. Trotzdem klagte das Heim den Betrag ein und gewann den Rechtsstreit. Denn die ausgeschlagene Erbschaft änderte nichts an der Tatsache, dass es einen direkten Anspruch gegen die Tochter aus der unterschriebenen Kostenübernahmeerklärung hat. Die Tochter musste daher die Pflegeheimkosten zahlen.

Hinweis: Heimkosten müssen also auch bei einer Ausschlagung der Erbschaft gezahlt werden, wenn zuvor eine Kostenübernahmeerklärung unterschrieben wurde.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.12.2016 – 4 U 36/16
Thema: Sonstiges

Versprochen ist versprochen? Ein gelöstes Heiratsversprechen kann durchaus zu Schadensersatzforderungen führen

Dass sich Menschen verloben, ist inzwischen seltener geworden. Kommt es ausnahmsweise doch dazu, dass sich Partner die Ehe ausdrücklich versprechen, stellt sich die Frage, was passiert, wenn das Versprechen nicht eingelöst wird.

Zur Klarstellung: Eine Verlobung erfolgt formlos. Es ist kein Gang zum Standesamt erforderlich, es muss auch nichts schriftlich fixiert werden. Verlobt ist also, wer sich mündlich verspricht, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Tritt ein Verlobter vom Verlöbnis zurück, sind dem anderen die Aufwendungen zu ersetzen, die in Erwartung der Ehe eingegangen wurden – zumindest soweit sie angemessen waren. Zu diesen Aufwendungen gehören unter anderem Umzugskosten.

Wie verhält es sich aber mit der Kränkung der Ehre, der Beeinträchtigung der Psyche? Mit der Auflösung des Verlöbnisses muss jeder Mensch in der Regel zurechtkommen. Anderes kann unter besonderen Umständen gelten: Verloben kann sich naturgemäß nur, wer in der Lage ist, zu heiraten. Dazu gehört, dass beide Partner nicht anderweitig ehelich gebunden sind. Das Verlöbnis eines Verheirateten ist deshalb nichtig. Hat er dem anderen die bestehende Ehe verschwiegen, als das Verlöbnis eingegangen wurde, kann die damit verbundene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durchaus zu einem Schadensersatzanspruch führen. So wurde beispielsweise einer bei Eingehung des Verlöbnisses 77-jährigen Frau ein Betrag von 1.000 EUR zugesprochen, da ihr 89-jähriger Partner noch verheiratet war.

Hinweis: Aus einem Verlöbnis kann aber natürlich nicht auf eine Eheschließung geklagt werden.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 28.07.2016 – 13 UF 35/16
Thema: Familienrecht

Vorgetäuschte Berufsunfähigkeit: Versicherer darf dem Versicherten nach erfolgtem Betrug fristlos kündigen

Wer gegenüber seiner Versicherung die Unwahrheit sagt, begeht womöglich einen Betrug, durch den man den Anspruch auf die Versicherungsleistungen verliert.

Ein Arbeitnehmer hatte nach einer Verletzung Zahlungen von seiner Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten. Bei einer Überprüfung durch die Versicherung saß der Arbeitnehmer auch tatsächlich in einem Rollstuhl. Nach weiteren Recherchen fand die Versicherung jedoch heraus, dass der Arbeitnehmer ein erfolgreicher Marathonläufer war. Einem Detektivbüro bot der Arbeitnehmer seine Dienstleistungen als Küchenbauer an. Daraufhin kündigte die Berufshaftpflichtversicherung den Vertrag und stellte die Zahlungen ein. Der Arbeitnehmer klagte – erfolglos. Denn die fristlose Kündigung der Versicherung war rechtmäßig. Das Vertrauen in den Arbeitnehmer war so tief erschüttert, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar war. Selbst eine vorherige Abmahnung war in einem solchen Fall nicht erforderlich. Denn dann hätte jeder Versicherungsnehmer die Möglichkeit, seine Versicherung einmalig ganz ohne Konsequenzen betrügen zu können.

Hinweis: Bei Falschaussagen gegenüber der eigenen Versicherung sollten Versicherte vorsichtig sein. Sonst kann es ihnen schnell so gehen wie dem Arbeitnehmer dieses Falls.

Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 28.11.2016 – 5 U 78/1
6zum Thema: Sonstiges

Hände ans Steuer: Auch das Verbinden des Handys mit dem Ladekabel ist eine Ordnungswidrigkeit

Das Halten eines Mobiltelefons, um es mit einem Ladekabel im Fahrzeug zum Laden anzuschließen, kann mit einer Geldbuße von 60 EUR geahndet werden.

Ein Lkw-Fahrer befuhr eine Bundesautobahn, wobei er ein Mobiltelefon in der Hand hielt, um es im Fahrzeug per Ladekabel aufzuladen. Hierbei wurde er von der Polizei beobachtet und zu einer Geldbuße von 60 EUR verurteilt. Der Lkw-Fahrer wandte ein, dass er das Handy nicht benutzt habe, sondern es lediglich aufladen wollte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat entschieden, dass der Bußgeldbescheid zu Recht ergangen ist. Denn derjenige, der ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnehmen oder halten muss. Hintergrund hierfür ist, dass der Fahrzeugführer während der Fahrt beide Hände am Lenkrad haben und nicht durch das Aufnehmen eines Handys oder Autotelefons abgelenkt werden soll. Die Benutzung eines Handys oder Autotelefons schließt neben dem Gespräch sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet ein. Das Aufladen eines Mobiltelefons dient im Übrigen dazu, es auch tatsächlich mobil zum Telefonieren einsetzen zu können.

Hinweis: Einhellige Auffassung in der Rechtsprechung ist, dass auch solche Tätigkeiten mit einem Bußgeldbescheid zu ahnden sind, die (nur) die Vorbereitung der Nutzung eines Handys oder Autotelefons gewährleisten sollen, da es sich auch dabei um eine bestimmungsgemäße Verwendung bzw. deren Vorbereitung handelt. So hat beispielsweise das OLG Hamm einen Fahrzeugführer zu einer Geldbuße verurteilt, der während der Fahrt den Telefonhörer eines Autotelefons aufgenommen und die Telefonkarte hin- und hergeschoben hatte, um das Autotelefon funktionsfähig zu machen.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 07.12.2015 – 2 Ss OWi 290/15
Thema: Verkehrsrecht

Nacktfotomontagen : Empfindliche Schmerzensgeldforderungen bei Veröffentlichungen im Internet

Deutlich abschreckende Wirkung sollte dieses Urteil für Personen haben, die ohne Erlaubnis Bilder anderer im Internet veröffentlichen.

Ein Mann kam auf eine merkwürdige Idee: Er erstellte Fotomontagen von seiner Schwägerin und veröffentlichte diese im Internet. Dabei waren Kopf und Gesicht der Frau zu sehen. Den Kopf hatte er auf nackte Frauenkörper gesetzt. So entstand der Eindruck, als ob es von ihr Nacktfotos geben würde. Zudem enthielten die Fotomontagen den Namen der Frau und Angaben zur Heimatregion. Die Frau verdächtigte sogleich ihren Schwager – und eine Hausdurchsuchung bestätigte den Verdacht. Nun verklagte sie ihren Schwager wegen einer schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zur Zahlung eines Schmerzensgeldes. Das Oberlandesgericht Oldenburg verurteilte ihn zur Zahlung von 15.000 EUR. Höhere Beträge dürften nach Ansicht des Gerichts nur dann zuerkannt werden, wenn das Opfer einer pornographischen oder erotischen Internetveröffentlichung konkrete Beeinträchtigung erleiden musste, etwa durch Telefonanrufe oder Hausbesuche. Das war hier glücklicherweise nicht geschehen.

Hinweis: Ein gutes Urteil für alle Internetgeschädigten. Die Rechtsprechung gewährt den Betroffenen hohe Schmerzensgeldbeträge.

Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 11.08.2015 – 13 U 25/15

Thema: Sonstiges

Versorgungsausgleich: Abänderung einer Entscheidung erst ab Einleitung des gerichtlichen Verfahrens

Im Normalfall wird mit der Scheidung auch geregelt, was mit den in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften geschieht. Es wird ermittelt, in welcher Höhe jeder Ehegatte in der Ehezeit Rentenanwartschaften begründet hat, um jeweils die Hälfte auf den anderen Ehegatten zu übertragen.

Die so bei Scheidung erfolgte Verteilung kann sich durch die weitere Entwicklung später als nicht mehr richtig herausstellen. Der weitere berufliche Werdegang hat aber oft nicht nur Einfluss auf die später erworbenen Versorgungsanwartschaften. Er kann auch rückwirkend die früher erworbenen verändern und damit auch die, die in der unterdessen bereits beendeten Ehezeit erwirtschaftet wurden.

Das Gesetz sieht für diese Fälle vor, dass eine Abänderung der bei der Scheidung erfolgten Regelung zum Versorgungsausgleich möglich ist.

Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich, die bei der Scheidung getroffen wird, steht zunächst einmal gewissermaßen nur auf dem Papier. Von der Übertragung bei Scheidung vom Rentenversicherungskonto des (im bisherigen Regelfall) Mannes auf das der Frau hat diese erst einmal nichts, da sie die Leistungen erst nach Eintritt in das Rentenalter beziehen kann. Für den Mann ist die Reduktion des späteren Renteneinkommens im Moment des Erlasses der Entscheidung ebenso wenig mit sofort feststellbaren Vermögenseinbußen verbunden. Auswirkungen ergeben sich erst ab dem Zeitpunkt, ab dem Versorgungsleistungen bezogen werden.

Schlecht ist es dennoch, wenn erst einmal bis zum Eintritt in das Rentenalter abgewartet wird, wie sich die bei Scheidung ausgesprochene Umverteilung der Rentenanwartschaften auswirkt, bis ein Abänderungsverfahren in Betracht gezogen wird. Denn die Abänderung kann nicht rückwirkend verlangt werden. Sie wird erst ab dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ein gerichtliches Verfahren auf Abänderung eingeleitet wurde. Wenn also erst einmal ein Jahr lang weniger Rente über den Versorgungsausgleich bezogen wird, als eigentlich hätte bezogen werden können, kann der Differenzbetrag rückwirkend nicht mehr verlangt werden.

Hinweis: Der Versorgungsausgleich ist diffizil. Er sollte nicht ohne fachkundige Hilfe geregelt werden.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.04.2015 – 13 UF 30/15

Thema: Familienrecht