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Schlagwort: Umgangsrecht

Anfechtungsfrist bei Abstammungsfragen: Die Frist zur Anfechtung der Vaterschaft kann durch Drohungen und Loyalitätskonflikte gehemmt sein

Bei Kindern geht die gesetzliche Vermutung generell davon aus, dass ein Kind, das von einer verheirateten Frau geboren wird, von ihrem Gatten abstammt. Da das jedoch bei weitem nicht immer der Fall ist, können sich diverse Probleme ergeben. Mit einer dieser Herausforderungen wurde im folgenden Fall das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betraut.

Ein wesentliches Problem ist bei Vaterschaftsfragen die gesetzlich geregelte Frist zur Anfechtung der Vaterschaft. Wer die Vaterschaft eines Kindes anfechten möchte, muss seinen entsprechenden Antrag binnen zwei Jahren bei Gericht einreichen. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anfechtungsberechtigte von jenen Umständen Kenntnis erlangt, die gegen die Vaterschaft sprechen. In diesem Zusammenhang ist natürlich zu prüfen, wann der mutmaßlich Gehörnte diese Kenntnis erlangt hat.

Im hier behandelten Fall war die Lage eine andere. Die Kindesmutter war von ihrem Mann getrennt und lebte mit dem Vater des 2013 geborenen Kindes zusammen. Der damit zwar leibliche, aber nicht rechtliche Vater hätte zwar die Ehelichkeit des Kindes anfechten können, tat dies aber ebenso wenig wie alle anderen Beteiligten. Erst 2017, als sich die Mutter und der leibliche Vater trennten, entschloss sich dieser, das Verfahren doch noch einzuleiten. Die Verzögerung von deutlich mehr als zwei Jahren begründete er damit, dass die Frau und Kindesmutter ihm immer gedroht habe, jeglichen Kontakt mit dem Kind zu unterbinden, sobald er das Anfechtungsverfahren betreibe.

Amts- und Oberlandesgericht wiesen den Anfechtungsantrag des Mannes zunächst als verspätet zurück. Sie wiesen auch darauf hin, dass ihm in seiner Situation schließlich ein Umgangsrecht zustehe – mit oder ohne Anfechtungsverfahren. Das BVerfG sah den Sachverhalt jedoch anders. Da das Kind in der gegebenen Situation eventuell in einen erheblichen Loyalitätskonflikt geraten wäre, könne es durchaus sein, dass das Verhalten des Mannes zu akzeptieren sei, indem von einer Hemmung der Anfechtungsfrist ausgegangen werden müsse. Da die Einzelheiten des Vortrags des Mannes aber bisher von den Vorinstanzen nicht geprüft wurden, wurden die Akten an die Vorinstanz zur weiteren Prüfung zurückgegeben.

Hinweis: Wie auch immer dieser Fall endet: Es sollte zur eigenen Sicherheit stets darauf geachtet werden, die Anfechtungsfrist einzuhalten.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 12.08.2019 – 1 BvR 1742/18

Thema: Familienrecht

Kontrollpflicht zu WhatsApp: Mutter muss schriftliches Einverständnis aller Kontakte ihres minderjährigen Kindes einholen

Dieses Urteil trifft alle 37 Mio. WhatsApp-Nutzer in Deutschland. Ob es richtig ist, mag noch an anderer Stelle beurteilt werden.


Das Amtsgericht Bad Hersfeld hat einer Mutter in einem Streit um das Umgangsrecht für ein Kind auferlegt, von allen Kontakten im Smartphone ihres minderjährigen Kindes das schriftliche Einverständnis dazu einzuholen, dass die Daten gespeichert und auch weitergegeben werden dürfen. Letzteres geschieht automatisch durch WhatsApp. Das Kind verfügte über 20 Kontakte auf dem Smartphone. WhatsApp verlangt von seinen Nutzern die Zustimmung zu allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach diese zusichern, dass sie die Befugnis zur Datenweitergabe haben. Diese Übermittlung von Daten an „WhatsApp“ umfasst zumindest die Telefonnummern sowohl von „WhatsApp“-Nutzern als auch von allen anderen Kontakten, die sich im digitalen Adressbuch des Smartphones befinden.

 

Hinweis: Ein wirklich lebensfremdes Urteil, das aber auf den ersten Blick die geltende Rechtslage widerspiegelt. Interessant, wie sich der Fall weiterhin entwickeln wird.

Quelle: AG Bad Hersfeld, Beschl. v. 20.03.2017 – F 111/17 EASO

  Sonstiges

Was macht mein Kind? Bei Verweigerung des Auskunftsanspruchs drohen Zwangsgelder bis hin zur Zwangshaft

Leben die Kinder nach Trennung der Eltern bei einem Elternteil, besitzt der andere neben seinem Recht auf Umgang mit den Kindern auch einen allgemeinen Auskunftsanspruch über deren persönliche Verhältnisse. Was hat es mit diesem Anspruch auf sich und wie lässt er sich umsetzen?

Funktioniert die Kommunikation zwischen Eltern, kümmern sie sich nach der Trennung beide um ihre Kinder auf Basis gemeinsamer Entscheidung. Selbst bei einem gestörten Austausch der Getrennten erfährt der Elternteil, bei dem die Kinder nicht leben, bei regelmäßigem Kontakt dennoch das meiste über sie bzw. von ihnen, sofern er sein Umgangsrecht entsprechend ausüben kann. Dies ist aber nicht immer der Fall – zum Beispiel wenn es im Rahmen der Trennung zu einer großen räumlichen Entfernung kommt. Faktisch ist dann der nicht betreuende Elternteil darauf angewiesen, informiert zu werden. Erhält er die gewünschten Informationen nicht, kann er diese gerichtlich einfordern – zum Beispiel Bilder der Kinder, Zeugniskopien, ärztliche Atteste über deren Gesundheitszustand und Ähnliches.

Hat ein Gericht diesen Anspruch zugesprochen, ist dennoch nicht gesichert, dass der andere ihn erfüllt. Dann, das hat nun der Bundesgerichtshof festgestellt, durch die Verhängung von Zwangsgeldern kann Druck ausgeübt werden – bis hin zur Anordnung von Zwangshaft, die aber nur in absoluten Ausnahmefällen ergeht. Auf diesem Wege kann dafür gesorgt werden, dass der Elternteil, der nicht mit seinen Kindern zusammenlebt, dennoch informiert wird.

Hinweis: Stockt die Kommunikation der Eltern als Folge der Trennung, wird es mühsam. Zwar gibt es über die sozialen Medien und viele Kommunikationsportale sehr viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und zu informieren. Wenn Eltern sich jedoch sperren bzw. die Kommunikation verweigern, helfen sie nicht. Die Rechtsprechung verlangt von den Eltern viel Aufwand, um die elterliche Verantwortung trotz der Trennung wahrzunehmen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 15.03.2017 – XII ZB 245/16
Thema: Familienrecht

Recht des leiblichen Vaters: Strenge Maßstäbe regeln den Anspruch auf Umgang

Werden Kinder während bestehender Ehe geboren, gelten sie als von der Mutter und dem mit ihr verheirateten Mann abstammend. Dieser ist dann zwar der rechtliche Vater, muss aber folglich nicht automatisch auch der leibliche sein. Ist er es nicht, stellt sich die Frage, welches Recht dann der leibliche Vater auf Umgang mit seinen Kindern hat.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich nun mit einem Fall beschäftigt, in dem ein aus Nigeria stammender Mann ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau in Deutschland hatte. Aus der Beziehung waren Zwillinge hervorgegangen. Der Mann lebt heute in Spanien. Die Frau und ihr Mann verweigern ihm den Umgang mit den Kindern.

Das Gesetz sieht in dieser Konstellation unter gewissen Umständen ein Umgangsrecht vor. Voraussetzung ist auf Seiten des leiblichen Vaters, dass er, der keine enge Bezugsperson der Kinder ist, dies aber auch nicht werden konnte, ernsthaftes Interesse an den Kindern gezeigt haben muss.

Das ist der Fall, wenn er nach der Geburt

  • zeitnah versucht hat, die Kinder kennenzulernen,
  • sich um Kontakt bemüht,
  • den Wunsch nach Umgang artikuliert,
  • sich zu den Kindern bekannt hat sowie
  • die Bereitschaft gezeigt hat, Verantwortung für die Kinder zu übernehmen – auch finanziell.

Treffen all diese Punkte zu, muss der Umgang natürlich vor allem auch dem Kindeswohl dienen. Dabei ist zu prüfen,

  • ob der Umgang für das Kind eine seelische Belastung darstellt,
  • ob er zu einer dem Kindeswohl abträglichen Weise zu dessen Verunsicherung führt und
  • wie er sich auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Identitätsfindung auswirkt.

Der Maßstab ist streng. Tendenziell spricht mehr für als gegen den Umgang, da das Recht darauf grundsätzlich schwer wiegt.

Nach Vollendung des 14. Lebensjahres sind die Kinder persönlich anzuhören, wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Für jüngere Kinder gilt das dann, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die gerichtliche Entscheidung von Bedeutung sind oder die persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist.

Damit verwies der BGH den Fall zur Entscheidung zurück an das vorinstanzliche Oberlandesgericht, um diese Punkte zu prüfen und daran sein Urteil zu bemessen.

Hinweis: Die relevanten Fragen sind im Streitfall sehr genau zu prüfen. Der häufige Wunsch der Mutter und des rechtlichen Vaters, dem Kind die wahre Vaterschaft zu verschweigen, ist vom Gesetz nicht gedeckt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 05.10.2016 – XII ZB 280/15
Thema: Familienrecht

Mehr Zeit fürs Kind: Nur selten schlägt sich ein zeitlich erweiterter Umgang auf den Unterhalt nieder

Bei der Bestimmung des Kindesunterhalts wird davon ausgegangen, dass zwischen dem zur Zahlung verpflichteten Elternteil und dem Kind Umgang stattfindet. Der Umgang reduziert also nicht die Höhe des zu zahlenden Betrags. Gilt aber etwas anderes, wenn der Umgang das normale Maß übersteigt?

In der heutigen Zeit haben insbesondere die Väter glücklicherweise mehr Interesse an ihren Kindern als noch zuvor. Sie möchten sie aufwachsen sehen und sind bereit, dafür Zeit zu investieren. Das kann soweit gehen, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren und damit weniger Einkommen hinnehmen, um sich dem Nachwuchs widmen zu können. Das Umgangsrecht nehmen sie dann entsprechend umfassender wahr.

In dem Zusammenhang kann sich die Frage stellen: Nimmt dieser gesteigerte Umgang Einfluss auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts – bzw. wenn ja: inwiefern? Was gilt, wenn der Vater für eine intensivere Kindesbetreuung seinen Arbeitsumfang zum Beispiel auf 70 % mindert?

In der Rechtsprechung ist diese Frage noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Klar ist aber, dass der nach der Düsseldorfer Tabelle (einer bundesweit geltenden Unterhaltsleitlinie) zu zahlende Mindestunterhalt in jedem Fall zu zahlen ist. Wer also nicht mehr zu 100 % arbeitet, um sich somit mehr um seine Kinder kümmern zu können, kann damit nicht erreichen, dass er weniger als die niedrigsten Sätze der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen hat.

Hinweis: Was unter dem normalen Umgangsrecht zu verstehen ist, regelt das Gesetz bislang nicht. In der Praxis üblich ist jedoch ein 14-tägiger Umgang an den Wochenenden (von Freitag Abend bis Sonntag Abend) sowie während der Hälfte der Schulferien. Dieses Kontingent ist erst einmal zu erreichen, bevor sich die Frage stellt, was bei einem umfangreicheren Umgangsrecht gilt. Oft zeigt sich, dass bei Licht betrachtet der Umgang dann doch nicht nennenswert umfangreicher stattfindet als das genannte übliche Prozedere. Eine Reduktion des Unterhalts wird also häufiger eingefordert, als tatsächlich eine Berechtigung dazu besteht.

Quelle: KG, Beschl. v. 11.12.2015 – 13 UF 164/15
Thema: Familienrecht

Umgangsrecht

Umgangsrecht

Das Umgangsrecht ist ein selbständiges, vom Sorgerecht unabhängiges Recht des Kindes und des Elternteils, mit dem das Kind nicht zusammenlebt. § 1684 BGB normiert das Umgangsrecht als Recht des Kindes und Pflicht der Eltern. Ziel des Umgangsrechts ist es, die Beziehung des Kindes zu dem Elternteil zu erhalten, mit dem es nicht zusammenlebt und so einer Entfremdung entgegenzuwirken. Dem Kind sollen beide Eltern als Bindungspartner erhalten bleiben.

Der Umgang erfolgt in der Regel durch zeitlich begrenzte Kontakte.

Können sich die Eltern nicht über den Umgang einigen, kann im Wege einer gerichtlichen Entscheidung der Umfang und die Art und Weise der Ausübung des Umgangs geregelt werden.

Das Umgangsrecht darf nur eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist.

Neben den Eltern sind auch weitere Personen umgangsberechtigt, unter anderem die Großeltern, die Geschwister des Kindes sowie andere Bezugspersonen, die für das Kind Verantwortung getragen haben oder noch immer tragen.

Die Dauer und die Häufigkeit der Umgangstreffen hat der Gesetzgeber nicht geregelt, da jeweils eine passende Einzelfallregelung gefunden werden soll.

Peter Kania

Peter Kania

T. 0202-38902-20

Familienrecht und Eherecht

  • Rechtsanwalt Peter Kania

    Peter Kania

  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

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