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Schlagwort: Vorerbe

Erst Gatte, dann Enkel: Auslegung der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft

Immer wieder geht es in Erbschaftssachen um die Auslegung des einst Geschriebenen – so auch im Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG). Hier war das Gericht mit der Auslegung eines Testaments betraut, in dem die Erblasserin erst im Februar 2000 und dann im Oktober 2013 Anweisungen bezüglich ihres Grundvermögens gemacht hatte.

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Nur mit Erbschein: Überprüfung der Wirksamkeit der Erbausschlagung im grundbuchrechtlichen Verfahren

Häufig spielen Immobilien bei der Regelung von Nachlässen eine große Rolle. Daher ist auch das Grundbuchamt grundsätzlich verpflichtet, letztwillige Verfügungen von Todes wegen auszulegen, um so beispielsweise die Stellung eines Erben zu ermitteln. Diese Verpflichtung hat allerdings auch Grenzen, wie das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) in einem kürzlich entschiedenen Fall festgestellt hat.

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Gesetzliche Vermutung: Fehlt es an eindeutigen Regelungen, ist ein Nacherbe im Zweifel auch Ersatzerbe

Wenn festgelegte Erbreihenfolgen durch vorzeitiges Versterben eines der Erben nicht mehr einzuhalten sind, müssen oftmals die Gerichte vermuten, was der Erblasser bei einer solchen Konstellation womöglich intendiert hatte. Eine solche gesetzliche Vermutung war im Folgenden auch Aufgabe des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG).

Die Erblasserin errichtete im Jahr 2010 ein Testament, in dem sie ihren Sohn zum Erben berief – und zwar in der Stellung eines Vorerben – sowie eine gemeinnützige Stiftung, die sie als Nacherben einsetzte. Die Nacherbschaft sollte mit dem Tod des Vorerben eintreten. Der zum Vorerben eingesetzte Sohn verstarb jedoch bereits vor der Erblasserin, ohne dass es zu der Errichtung eines neuen Testaments kam. Die Erblasserin hatte lediglich vor ihrem Tod den Wunsch geäußert, ihr im Jahr 2010 errichtetes Testament ändern zu wollen. Hierzu existierte der Entwurf eines notariellen Testaments, das jedoch nicht beurkundet wurde. Die ursprünglich als Nacherben eingesetzte Stiftung sollte in diesem Entwurf in der Erbfolge nicht mehr bedacht werden.

Das Nachlassgericht hat einen Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins der gesetzlichen Erben zurückgewiesen. Sowohl das Nachlassgericht als auch das OLG waren hierbei der Ansicht, dass nach der gesetzlichen Regelung im Zweifel davon auszugehen war, dass mit der Einsetzung als Nacherbe gleichzeitig auch eine Einsetzung als Ersatzerbe erfolgt ist. Die Auslegung des Testaments unter Berücksichtigung der Gesamtumstände führte nach Ansicht des Gerichts auch nicht zu einer Entkräftung dieser Zweifelsregelung.

Hinweis: Bei der gesetzlichen Vermutung ist auf den Zeitpunkt der Errichtung des Testaments abzustellen. Ein späterer Sinneswandel der Erblasserin ist unerheblich, wenn es nicht zu einem Widerruf oder der Neuerrichtung eines Testaments gekommen ist.

Quelle: Hanseatisches OLG, Beschl. v. 30.01.2020 – 2 W 85/19

Thema: Erbrecht

Grundbuchamt lag falsch: Für die Herausnahme einzelner Nachlassgegenstände ist die Zustimmung der Ersatzerben nicht nötig

Da ein Vorerbe bei der Veräußerung von Grundstücken die Zustimmung der Nacherben benötigt, können solche Vorgänge häufig langwierig und schwierig sein. Noch komplexer wird es, wenn es neben den Vor- und Nacherben auch noch Ersatzerben gibt – so wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts München (OLG).


Ein Mann hatte seine Frau als Vorerbin eingesetzt, ihre beiden gemeinsamen Kinder als Nacherben und wiederum deren Kinder als Ersatzerben. Die Frau und die Kinder einigten sich darauf, ein Grundstück aus dem Nachlass herauszunehmen und der Frau zur freien Verfügung zu überlassen, wozu der Nacherbenvermerk im Grundbuch gelöscht werden sollte. Das Grundbuchamt weigerte sich jedoch, dies umzusetzen, da es der Auffassung war, dass auch die Zustimmung der Ersatzerben erforderlich sei.

Das OLG war hier aber anderer Meinung. Es wies darauf hin, dass eine Auseinandersetzung hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände zwischen Vor- und Nacherben mit der Folge vorgenommen werden kann, dass die dem Vorerben übertragenen Gegenstände aus dem Nachlass ausscheiden und damit von der Nacherbeneinsetzung nicht mehr erfasst werden. Für eine Berichtigung des Grundbuchs bedarf es somit auch nicht der Bewilligung der Ersatznacherben. In diesem Fall bestand nicht der gesamte Nachlass aus dem Grundstück, so dass es sich dabei nur um einen einzelnen und nicht den einzigen Nachlassgegenstand handelte. Da Verfügungen über das Grundstück der Zustimmung des Ersatznacherben nicht bedürfen, besteht auch keine Veranlassung, eine solche für ein Rechtsgeschäft zwischen dem Vor- und dem Nacherben zu verlangen, mit dem ein Erbschaftsgegenstand aus dem nacherbengebundenen Nachlass herausgenommen wird.

Hinweis: Die Zustimmung des Ersatzerben ist bei Verfügungen über den Nachlass – im Gegensatz zu der des Nacherben – nicht erforderlich. Er muss nach Auffassung der Rechtsprechung nicht in gleichem Maß geschützt werden wie der Nacherbe, da er kein Berechtigter ist, sondern eben nur Ersatz für den Nacherben. Der Erblasser kann dem Ersatzerben aber natürlich im Testament darüber hinausgehende Rechte einräumen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 14.06.2019 – 34 Wx 434/18

Thema: Erbrecht

Vor- und Nacherbschaft: Die Formulierung „derzeit“ stellt bei unbekannten Erben ein entscheidendes Detail dar

Die Bestimmung einer Vor- und Nacherbschaft ist ein wichtiges Instrument, um die Erbmasse für spätere Generationen zu bewahren. Da der Vorerbe dadurch jedoch einigen Beschränkungen unterliegt, kann eine solche Regelung immer wieder zu Streit und Schwierigkeiten führen.

Eine Frau bestimmte in einem notariellen Testament ihre Nichte zur Alleinerbin, legte jedoch gleichzeitig fest, dass sie „jedoch nur Vorerbin sein [soll]. Zu Nacherben bestimme ich ihre Abkömmlinge nach Stämmen zu gleichen Anteilen. Dies sind derzeit: …“. Nach dem Tod der Frau wollte die Nichte eine geerbte Wohnung verkaufen. Dem Verkauf stimmten auch ihre Kinder als Nacherben zu. Das Grundbuchamt verlangte jedoch auch die Zustimmung der noch unbekannten Erben, die durch die Bestellung eines Ergänzungspflegers gewährleistet werden sollte. Die Nichte war jedoch der Ansicht, dass dies unnötig sei, da sie keine weiteren Kinder bekommen würde und somit alle Erben bekannt seien.

 

Das Gericht sah dies anders. Es ging davon aus, dass es aufgrund der gewählten Formulierung „derzeit“ der Wille der Erblasserin war, auch zukünftige Abkömmlinge der Erbin als Nacherben einzusetzen. Andernfalls hätte sie die Betroffenen auch direkt benennen können. Der Begriff „Abkömmling“ umfasst zudem nicht nur leibliche, sondern auch adoptierte Kinder, weswegen der Kreis der in Betracht kommenden Nacherben erst im Zeitpunkt des Nacherbfalls feststellbar ist.

Hinweis: Die präzise Formulierung eines Testaments kann also entscheidend dafür sein, wer genau Erbe wird. Je nachdem, welche Rechtsfolgen gewünscht werden, gibt es zudem verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung einer letztwilligen Verfügung. Bei der Vor- und Nacherbschaft kann der Vorerbe nicht frei über das Vermögen verfügen und daher etwa keine Grundstücke veräußern oder Schenkungen vornehmen. Möglich ist es aber auch, eine sogenannte „befreite Vorerbschaft“ anzuordnen oder dem Erstbedachten nur den Nießbrauch am Nachlass einzuräumen, während der Endbedachte als Erbe eingesetzt wird.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 24.04.2017 – 31 Wx 463/16

zum Thema: Erbrecht

Benachteiligung der Sozialhilfeträger: Sogenannte Behindertentestamente sind auch bei größerem Erbe nicht sittenwidrig

Bei behinderten Familienmitgliedern als potentiellen gesetzlichen Erben stellt sich immer wieder die Frage, wie die Testamente ausgestaltet werden müssen, damit das Erbe nicht vollständig für die Pflege der behinderten Person aufgebraucht wird und so auch noch anderen Erben zugutekommen kann.

Eine Frau hatte zusammen mit ihrem Ehemann ein sogenanntes Behindertentestament verfasst. Nach ihrem Tod erbten danach hauptsächlich der Ehemann und die gemeinsamen Kinder – wobei der gemeinsame Sohn, der am Down-Syndrom litt, nur einen geringen Bruchteil erhielt. Er wurde als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt und für ihn wurde eine Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Sozialversicherungsträger, der für die Unterbringung des Sohns aufkam, hielt das Testament für sittenwidrig, da es sich um ein beträchtliches Vermögen handelte, durch das die Kosten für die Unterbringung des behinderten Sohns abgedeckt wären.

Das Gericht hielt das Testament jedoch für wirksam. Es zweifelte zunächst an, ob es sich bei einem Nachlasswert von noch unter 1 Mio. EUR um ein „beträchtliches“ Vermögen handelt. Zudem wies es darauf hin, dass unabhängig von der Größe des Vermögens Behindertentestamente gerade so ausgestaltet seien, dass es zu einer Benachteiligung der Sozialhilfeträger komme, was aber vom Gesetzgeber so gewollt sei. Das Testament wurde somit als nicht sittenwidrig angesehen und der behinderte Sohn damit als (Vor-)Erbe und nicht als Pflichtteilsberechtigter.

Hinweis: Die Kosten für die Pflege von Menschen mit Behinderungen sind in der Regel so hoch, dass Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. Hat die behinderte Person ein eigenes Vermögen – also auch ererbtes Vermögen -, muss dieses für die entstehenden Kosten eingesetzt werden. Daher werden Behindertentestamente üblicherweise so ausgestaltet, dass der Erbe mit Behinderung nur als Vorerbe im Zusammenhang mit einer Testamentsvollstreckung eingesetzt wird. Als Vorerbe darf diese Person das geerbte Vermögen nicht verbrauchen, sondern muss es für den Nacherben bewahren. Ihr stehen also nur die Erträge zu (z.B. Zinsen). Nach dessen Tod geht das Vermögen dann an die entsprechenden Nacherben – wie etwa die Geschwister. Diese Art der Vertragsgestaltung wurde von der Rechtsprechung grundsätzlich als zulässig erachtet.

Quelle: LG Essen, Urt. v. 03.12.2015 – 2 O 321/14
Thema: Erbrecht