Skip to main content

Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung: Einzelner Wohnungseigentümer darf die Aufstellung einer Hausordnung verlangen

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft muss eine Hausordnung aufgestellt werden. Das gilt spätestens dann, sobald einer der Eigentümer diese einfordert.

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft war keine Hausordnung beschlossen worden. Als einer der Wohnungseigentümer einen solchen Beschluss beantragte, lehnte die Wohnungseigentümerversammlung das ab und verwies auf die gesetzlichen Regelungen. Das war allerdings so nicht korrekt, denn der Verweis auf die gesetzlich bereits geltenden Regelungen widerspricht einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Es fehlen beispielsweise Regelungen über Ruhezeiten oder Tierhaltung. Das Gericht sagte deutlich, dass jeder Wohnungseigentümer eine ordnungsgemäße Verwaltung verlangen kann. Und aus dem Wohnungseigentumsgesetz folgt, dass die Aufstellung einer Hausordnung eine Maßnahme ist, die jeder Eigentümer verlangen kann.

Hinweis: Jeder Eigentümer kann in einer Wohnungseigentumsanlage also die Aufstellung einer Hausordnung verlangen.

Quelle: AG Charlottenburg, Urt. v. 16.09.2016 – 73 C 33/16

Thema: Mietrecht

Gläubiger geht leer aus: Das „höchstpersönliche Recht“ zur Annahme einer Erbschaft kann nicht gepfändet werden

Erfährt ein Gläubiger von einer (anstehenden) Erbschaft seines Schuldners, stellt sich die Frage, ob er aus der Erbschaft seine ausstehenden Forderungen befriedigen kann.

Da ein Gläubiger bei einer Frau die Schulden nicht eintreiben konnte, pfändete er die Rechte dieser Frau auf Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft. Die Schuldnerin hatte die Erbschaft ausgeschlagen, der Gläubiger wollte sie aus nachvollziehbaren Gründen jedoch annehmen.

Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob dies zulässig sei. Es wies darauf hin, dass höchstpersönliche Rechte – also solche, die an die Person des Schuldners gebunden sind – nicht pfändbar sind. Und das Recht, eine Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen, ist genau ein solches höchstpersönliches Recht, da die Annahme oder Ausschlagung in der alleinigen persönlichen Entscheidungsmacht des Erben liegt.

Hinweis: Gepfändet werden kann ein Erbteil nur, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist. Es ist für einen Gläubiger also nicht möglich, sich ein zukünftiges Erbrecht des Schuldners zu sichern oder darin zu vollstrecken. Erst nach dem Tod des Erblassers kann der Erbteil von einem Gläubiger gepfändet werden. Schlägt der Erbe die Erbschaft jedoch aus, geht der Gläubiger trotz Pfändung leer aus. Die Pfändung des Erbanteils kann die Ausschlagung der Erbschaft durch den Schuldner nicht verhindern. Darüber hinaus kann das Recht zur Annahme der Erbschaft als höchstpersönliches Recht nicht gepfändet werden. Schlägt der Schuldner das Erbe aus, hat der Gläubiger also keine Möglichkeit, an Vermögenswerte aus der Erbschaft zu kommen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 19.01.2015 – 31 Wx 370/14

Thema: Erbrecht

Fahrlässige Beweisvereitelung: Vorzeitige Entsorgung eines Mängelteils führt zum Wegfall sämtlicher Regressansprüche

Behauptet ein Käufer, dass ein Bauteil des erworbenen Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufs defekt gewesen sei, darf er im Lauf der gerichtlichen Streitigkeiten eben jenes Beweismittel entsorgen lassen. Denn sonst nimmt er dem Verkäufer die Möglichkeit, die Vermutung des Vorliegens eines Mangels zu widerlegen.

Bei einem im Dezember gekauften Gebrauchtwagen trat im April des folgenden Jahres ein Defekt an der Kraftstoffhochdruckpumpe auf. Dies führte dazu, dass der Motor bei hohen Geschwindigkeiten plötzlich ausging. Mit anwaltlichem Schreiben teilte der Käufer dem Autohaus mit, dass er einen Sachverständigen mit der Begutachtung und Beweissicherung beauftragen würde. Anschließend wurde die Kraftstoffhochdruckpumpe entsorgt. Da das Autohaus sich nicht auf eine Rückgängigmachung des Kaufvertrags einließ, erhob der Käufer Klage.

Das Landgericht Bielefeld hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Käufer dem Verkäufer wegen der Entsorgung der Kraftstoffhochdruckpumpe nicht die Möglichkeit gegeben hat, den Beweis zu erbringen, dass diese zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs im Dezember einwandfrei funktionierte. Dem Käufer war daher eine fahrlässige Beweisvereitelung vorzuwerfen. Er hätte erkennen können und müssen, dass die ausgebaute Kraftstoffhochdruckpumpe als Beweisobjekt benötigt werden würde, und er hätte auch ohne weiteres veranlassen können, dass dieses Bauteil nicht entsorgt wird.

Hinweis: Der Fall zeigt eindrucksvoll, dass bis zum Abschluss einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzung Bauteile, deren Mangelhaftigkeit behauptet wird, nicht entsorgt werden sollten. Eine Beweisvereitelung liegt immer dann vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Hierbei muss sich das Verschulden sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen – also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen.

Quelle: LG Bielefeld, Urt. v. 13.04.2016 – 22 S 239/15
Thema: Verkehrsrecht

Betriebsratsvorsitzenden beleidigt: Hitlergruß rechtfertigt außerordentliche, fristlose Kündigung

Schwere Beleidigungen dürfen am Arbeitsplatz einfach nicht vorkommen.

Ein seit sieben Jahren beschäftigter Fahrer und der Betriebsratsvorsitzende gerieten anlässlich einer Betriebsversammlung aneinander. Wenig später traf der Fahrer erneut auf den Betriebsratsvorsitzenden und hob seinen ausgestreckten Arm zum Hitlergruß. Gleichzeitig sagte er: „Du bist ein Heil, du Nazi!“ Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich fristlos.

Der Fahrer rechtfertigte sich damit, dass er gar nicht rechtsradikal sein könne, da er türkischer Abstammung sei. Das sahen die Richter allerdings anders: Die Frage der Abstammung beinhaltet keine Antwort auf die Frage der inneren Haltung. Der Hitlergruß durch Erheben des ausgestreckten Arms stellt aus Sicht des Gerichts einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Diese Geste ist ein nationalsozialistisches Kennzeichen, das in einem Arbeitsverhältnis nicht hingenommen werden muss. Der Betriebsratsvorsitzende wurde durch die Geste und die Aussage grob beleidigt. Die Kündigung war rechtmäßig und die Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen.

Hinweis: Beleidigungen und Tätlichkeiten führen in aller Regel zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.

Quelle: ArbG Hamburg, Urt. v. 20.10.2016 – 12 Ca 348/15
Thema: Arbeitsrecht

Recht des leiblichen Vaters: Strenge Maßstäbe regeln den Anspruch auf Umgang

Werden Kinder während bestehender Ehe geboren, gelten sie als von der Mutter und dem mit ihr verheirateten Mann abstammend. Dieser ist dann zwar der rechtliche Vater, muss aber folglich nicht automatisch auch der leibliche sein. Ist er es nicht, stellt sich die Frage, welches Recht dann der leibliche Vater auf Umgang mit seinen Kindern hat.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich nun mit einem Fall beschäftigt, in dem ein aus Nigeria stammender Mann ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau in Deutschland hatte. Aus der Beziehung waren Zwillinge hervorgegangen. Der Mann lebt heute in Spanien. Die Frau und ihr Mann verweigern ihm den Umgang mit den Kindern.

Das Gesetz sieht in dieser Konstellation unter gewissen Umständen ein Umgangsrecht vor. Voraussetzung ist auf Seiten des leiblichen Vaters, dass er, der keine enge Bezugsperson der Kinder ist, dies aber auch nicht werden konnte, ernsthaftes Interesse an den Kindern gezeigt haben muss.

Das ist der Fall, wenn er nach der Geburt

  • zeitnah versucht hat, die Kinder kennenzulernen,
  • sich um Kontakt bemüht,
  • den Wunsch nach Umgang artikuliert,
  • sich zu den Kindern bekannt hat sowie
  • die Bereitschaft gezeigt hat, Verantwortung für die Kinder zu übernehmen – auch finanziell.

Treffen all diese Punkte zu, muss der Umgang natürlich vor allem auch dem Kindeswohl dienen. Dabei ist zu prüfen,

  • ob der Umgang für das Kind eine seelische Belastung darstellt,
  • ob er zu einer dem Kindeswohl abträglichen Weise zu dessen Verunsicherung führt und
  • wie er sich auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Identitätsfindung auswirkt.

Der Maßstab ist streng. Tendenziell spricht mehr für als gegen den Umgang, da das Recht darauf grundsätzlich schwer wiegt.

Nach Vollendung des 14. Lebensjahres sind die Kinder persönlich anzuhören, wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Für jüngere Kinder gilt das dann, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die gerichtliche Entscheidung von Bedeutung sind oder die persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist.

Damit verwies der BGH den Fall zur Entscheidung zurück an das vorinstanzliche Oberlandesgericht, um diese Punkte zu prüfen und daran sein Urteil zu bemessen.

Hinweis: Die relevanten Fragen sind im Streitfall sehr genau zu prüfen. Der häufige Wunsch der Mutter und des rechtlichen Vaters, dem Kind die wahre Vaterschaft zu verschweigen, ist vom Gesetz nicht gedeckt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 05.10.2016 – XII ZB 280/15
Thema: Familienrecht

Verkehrssicherungspflicht auf Betriebsgelände: Für das sichere Überqueren von alten Schienenanlagen sind Radler selbst verantwortlich

Verkehrssicherungspflichten gibt es viele. Doch sie haben auch ihre Grenzen.

Eine Frau befuhr mit ihrem Fahrrad das denkmalgeschützte Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein. Auf einem der Fuß- und Radwege verliefen auch alte Bahnschienen. Beim Überqueren dieses Wegs geriet die Frau mit dem Vorderreifen ihres Rades in eine Spalte neben einer der Schienen und stürzte. Sie fiel dabei auf den Kopf und zog sich ein schweres Schädelhirntrauma zu. Dafür verlangte sie 15.000 EUR Schmerzensgeld sowie Schadensersatz. Das Geld bekam sie aber nicht: Das Gericht urteilte nämlich, dass ein Radfahrer beim Überqueren solcher Schienen auf einem ehemaligen Betriebsgelände für einen Unfall selbst verantwortlich ist – er muss sein Fahrverhalten entsprechend anpassen. Eine schadensersatzpflichtige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht lag daher hier nicht vor.

Hinweis: Wenn Schienen auf der Fahrbahn oder einem Radweg eingelassen sind, sollten Radfahrer besonders vorsichtig fahren.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.2016 – 6 U 35/16
Thema: Sonstiges

Unterbrochene Eigentümerversammlung: Zwischenzeitliche Beratung mit dem Rechtsanwalt ist nur in Ausnahmefällen gestattet

Darf eine Wohnungseigentümerversammlung unterbrochen werden, damit einer der Eigentümer sich mit seinem Rechtsanwalt beraten kann? Ganz beiläufig wird in diesem Urteil eine sehr praxisrelevante Frage beantwortet.

Auf einer Wohnungseigentümerversammlung stritten sich die Parteien um die Bestellung einer Verwalterin. Mehrere Mitglieder baten um eine Unterbrechung der Versammlung, da sie sich mit ihrem Rechtsanwalt, der vor der Tür wartete, beraten wollten. Der Versammlungsleiter unterbrach daraufhin die Versammlung, und die Eigentümer, die nicht von dem Rechtsanwalt vertreten wurden, mussten den Saal verlassen. Nach der Unterbrechung wurde die Versammlung fortgesetzt und eine Verwalterin eingesetzt. Die Eigentümer, die den Saal während der Unterbrechung verlassen mussten, klagten nun gegen diesen Beschluss.

Der Beschluss war laut Bundesgerichtshof jedoch ordnungsgemäß gefasst worden. Die Besprechung mit dem Rechtsanwalt war kein Teil der Eigentümerversammlung. Allerdings hätte der Versammlungsleiter die Versammlung nicht unterbrechen dürfen. Nur wenn ganz besondere Umstände vorliegen – etwa wenn der Beratungsbedarf erst aufgrund der in der Eigentümerversammlung geführten Diskussion entsteht -, kann eine Unterbrechung zum Zweck eines Mandantengesprächs in Betracht kommen. Die klagenden Eigentümer hatten allerdings vergessen, diesen Fehler innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist anzugreifen. Und so musste das Gericht erst gar nicht über diese Frage entscheiden.

Hinweis: Eine Wohnungseigentümerversammlung muss also grundsätzlich für ein Gespräch eines Wohnungseigentümers mit seinem Rechtsanwalt nicht unterbrochen werden. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Beratungsbedarf erst aufgrund der in der Versammlung geführten Diskussion entsteht.

Quelle: BGH, Urt. v. 08.07.2016 – V ZR 261/15
Thema: Mietrecht

Benachteiligung der Sozialhilfeträger: Sogenannte Behindertentestamente sind auch bei größerem Erbe nicht sittenwidrig

Bei behinderten Familienmitgliedern als potentiellen gesetzlichen Erben stellt sich immer wieder die Frage, wie die Testamente ausgestaltet werden müssen, damit das Erbe nicht vollständig für die Pflege der behinderten Person aufgebraucht wird und so auch noch anderen Erben zugutekommen kann.

Eine Frau hatte zusammen mit ihrem Ehemann ein sogenanntes Behindertentestament verfasst. Nach ihrem Tod erbten danach hauptsächlich der Ehemann und die gemeinsamen Kinder – wobei der gemeinsame Sohn, der am Down-Syndrom litt, nur einen geringen Bruchteil erhielt. Er wurde als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt und für ihn wurde eine Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Sozialversicherungsträger, der für die Unterbringung des Sohns aufkam, hielt das Testament für sittenwidrig, da es sich um ein beträchtliches Vermögen handelte, durch das die Kosten für die Unterbringung des behinderten Sohns abgedeckt wären.

Das Gericht hielt das Testament jedoch für wirksam. Es zweifelte zunächst an, ob es sich bei einem Nachlasswert von noch unter 1 Mio. EUR um ein „beträchtliches“ Vermögen handelt. Zudem wies es darauf hin, dass unabhängig von der Größe des Vermögens Behindertentestamente gerade so ausgestaltet seien, dass es zu einer Benachteiligung der Sozialhilfeträger komme, was aber vom Gesetzgeber so gewollt sei. Das Testament wurde somit als nicht sittenwidrig angesehen und der behinderte Sohn damit als (Vor-)Erbe und nicht als Pflichtteilsberechtigter.

Hinweis: Die Kosten für die Pflege von Menschen mit Behinderungen sind in der Regel so hoch, dass Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. Hat die behinderte Person ein eigenes Vermögen – also auch ererbtes Vermögen -, muss dieses für die entstehenden Kosten eingesetzt werden. Daher werden Behindertentestamente üblicherweise so ausgestaltet, dass der Erbe mit Behinderung nur als Vorerbe im Zusammenhang mit einer Testamentsvollstreckung eingesetzt wird. Als Vorerbe darf diese Person das geerbte Vermögen nicht verbrauchen, sondern muss es für den Nacherben bewahren. Ihr stehen also nur die Erträge zu (z.B. Zinsen). Nach dessen Tod geht das Vermögen dann an die entsprechenden Nacherben – wie etwa die Geschwister. Diese Art der Vertragsgestaltung wurde von der Rechtsprechung grundsätzlich als zulässig erachtet.

Quelle: LG Essen, Urt. v. 03.12.2015 – 2 O 321/14
Thema: Erbrecht

Beschaffenheitsvereinbarung: Falsche Informationen an den Käufer können zum Rücktritt vom Kaufvertrag führen

Haben die Kaufvertragsparteien im Rahmen ihrer Verhandlungen über die steuerliche Einordnung eines Fahrzeugs gesprochen, kann hierin eine Beschaffenheitsvereinbarung gesehen werden.

Von einem Autohaus wurde ein Vorführwagen, ein Pick-Up, zum Verkauf angeboten. In der Zulassungsbescheinigung ist das Fahrzeug als Lkw eingestuft und auch der Prospekt über das Auto weist eine Zulassung als Lkw aus. Nach dem Kauf wurde das Fahrzeug steuerlich jedoch als Pkw eingestuft und die Kraftfahrzeugsteuer auf jährlich 394 EUR festgesetzt. Die Käuferin erklärte wegen verschiedener Mängel – unter anderem auch wegen der steuerrechtlichen Einstufung des Fahrzeugs – den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Rückzahlung des Kaufpreises.

Das Oberlandesgericht Koblenz hat das Autohaus zur Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt. Zwar sei ein allgemein gehaltenes Gespräch über die steuerliche Einordnungsmöglichkeit eines Fahrzeugs noch nicht als Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen. Im vorliegenden Fall hatten die Kaufvertragsparteien allerdings aufgrund konkreter Rückfragen bei ihren Verhandlungen über die steuerliche Einordnung des Pick-Ups gesprochen, und der Geschäftsführer des Autohauses hatte erklärt, dass das Fahrzeug als Lkw besteuert werde. Somit lag eine Vereinbarung über die steuerliche Einordnung des Pick-Ups und damit über dessen Beschaffenheit vor. Da das Fahrzeug als Vorführfahrzeug bei dem Autohaus zugelassen war, muss dem Geschäftsführer außerdem die steuerliche Einordnung des Fahrzeugs bekannt gewesen sein, weshalb der Käufer auf die Verlässlichkeit und Verbindlichkeit seiner Antwort vertrauen durfte.

Hinweis: Treffen die Kaufvertragsparteien eine Beschaffenheitsvereinbarung, kann bei deren Nichtvorliegen vom Kaufvertrag zurückgetreten werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand nennt und der Verkäufer diesen zustimmt.

Quelle: OLG Koblenz, Urt. v. 28.09.2016 – 10 U 53/16 
Thema: Verkehrsrecht

Gravierendes Fehlverhalten: Für die Kündigung durch den Betriebsrat ist die Störung des Betriebsfriedens Voraussetzung

Auch der Betriebsrat kann die Kündigung eines Arbeitnehmers verlangen.

Laut Betriebsverfassungsgesetz kann der Betriebsrat die Entfernung eines betriebsstörenden Arbeitnehmers aus dem Betrieb verlangen, wenn dieser den Betriebsfrieden ernsthaft stört. In einem vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall verlangte der Betriebsrat von seinem Arbeitgeber die Entlassung eines Vorarbeiters. Der Betriebsrat behauptete, der Vorarbeiter habe ein Kundenunternehmen über den zeitlichen Umfang der erbrachten Arbeiten getäuscht. Zudem ergebe sich aus Beschwerden drei ehemaliger Mitarbeiter, dass es auf Veranlassung des Vorarbeiters zu einigen Arbeitszeitverstößen gekommen sei. Hierüber lägen auch Beschwerden weiterer Arbeitnehmer vor, die sich aber nicht trauen würden, ihre Beschwerden zu äußern.

Schließlich rief der Betriebsrat das Arbeitsgericht an. Dem waren die Vorwürfe jedoch nicht konkret genug. Selbst wenn sie zutreffend wären, war es zudem nicht zu einer ernstlichen Störung des Betriebsfriedens gekommen. Dafür wäre erforderlich, dass durch das Verhalten eines Arbeitnehmers die physische oder psychische Gesundheit der Belegschaft oder zumindest von Teilen davon betroffen ist. Das kann auch bei einer ungerechten Behandlung der Fall sein. Die hier vorgeworfenen Störungen waren jedoch weder erheblich noch gravierend.

Hinweis: Grundsätzlich kann also ein Betriebsrat die Entfernung eines Arbeitnehmers verlangen. Voraussetzung ist jedoch ein wirklich gravierendes Fehlverhalten.

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.07.2016 – 10 TaBV 367/16
Thema: Arbeitsrecht