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Schaden bei Hausdurchsuchung: Mieter muss nicht für Schäden aufkommen, die dem Polizeieinsatz anzulasten sind

Haftet der Mieter für einen Schaden nach einem Polizeieinsatz, den er selbst verursacht hat?

Auf Grundlage eines richterlichen Beschlusses war die Wohnung eines Mieters durchsucht worden. Bei dieser Durchsuchung wurden 26 g Marihuana gefunden und sichergestellt. Für die beim Einsatz beschädigte Wohnungstür verlangte der Vermieter nun die Reparaturkosten vom Mieter ersetzt – und klagte die Kosten ein.

Das Gericht stellte sich aber auf die Seite des Mieters und entschied, dass dieser nicht zahlen muss. Zwar muss nach allgemeiner Lebenserfahrung derjenige, der seine Wohnung als Aufbewahrungsort für illegale Betäubungsmittel nutzt oder zur Verfügung stellt, damit rechnen, dass es aufgrund von Durchsuchungen zu Schäden an der Wohnung kommen kann – haften muss er dafür jedoch nicht in jedem Fall. Entscheidend ist nämlich der Kausalzusammenhang; und dieser fehlte hier. Denn auch, wenn der Mieter den Einsatz selbst zu verantworten hatte, die Tür wurde von der Polizei beschädigt. Also kann der Schaden dem Mieter nicht zugerechnet werden – und damit war eine Ersatzpflicht ausgeschlossen.

Hinweis: Findet in einer Wohnung eine berechtigte Hausdurchsuchung statt und werden dabei Schäden verursacht, haftet der Mieter dafür also nicht.

Quelle: BGH, Urt. v. 14.12.2016 – VIII ZR 49/16

Thema: Mietrecht

Ex und hopp: Zweite Ehefrau kann das Testament aus erster Ehe anfechten

War ein Erblasser mehrfach verheiratet, liegen häufig mehrere Testamente vor und es kommt immer wieder zum Streit darüber, welcher Ehepartner erbberechtigt ist.

Ein Mann hatte mit seiner ersten Ehefrau im Jahr 2003 ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Eheleute wechselseitig zum alleinigen Erben des Erstversterbenden einsetzten. Sie vereinbarten zudem, dass das Testament auch im Fall der Scheidung gelten sollte. Nachdem die Ehe geschieden wurde, heiratete der Mann seine zweite Frau und errichtete mit ihr ein notarielles Testament, in dem er auch seine früheren letztwilligen Verfügungen widerrief. Nach dem Tod des Mannes stritten die beiden Ehefrauen darüber, ob das Testament aus dem Jahr 2003 noch wirksam war. Die zweite Ehefrau wollte es anfechten, da sie als Pflichtteilsberechtigte übergangen worden war.

Das Gericht entschied, dass die zweite Ehefrau das Testament aus dem Jahr 2003 wirksam angefochten hatte und die erste Ehefrau somit nicht Erbin geworden war. Zwar wurde das Testament weder durch die Scheidung noch durch den Widerruf unwirksam, denn die Fortgeltung auch im Scheidungsfall war ausdrücklich vereinbart und der Widerruf hätte der ersten Ehefrau gegenüber erklärt werden müssen. Die zweite Ehefrau hatte jedoch als Pflichtteilsberechtigte ein Anfechtungsrecht, da das Gesetz davon ausgeht, dass ein Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten nicht bewusst übergeht. Dieses Recht ist nur ausgeschlossen, wenn davon auszugehen ist, dass der Erblasser die Verfügung genau so getroffen hätte, auch wenn er von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten gewusst hätte. Der Erblasser hatte jedoch im Jahr 2003 nicht gewusst, dass er nochmals heiraten wird. Er hatte zwar geregelt, dass das erste Testament auch nach einer Scheidung weiterhin gelten soll – das bedeutet aber nicht zwingend, dass es auch nach einer Wiederverheiratung gültig sein sollte. Dies beweist auch die Errichtung des späteren notariellen Testaments mit der zweiten Ehefrau.

Hinweis: Im Fall einer Wiederverheiratung sollte immer genau geprüft werden, ob und welche letztwilligen Verfügungen auch nach der Scheidung noch Bestand haben sollen. Zwar gibt es eine gesetzliche Vermutung, dass während der Ehe errichtete letztwillige Verfügungen ihre Wirksamkeit verlieren, jedoch kann diese Vermutung auch widerlegt werden. Daher ist es empfehlenswert, insoweit eine klare Regelung zu treffen und bestehende Vereinbarungen zu widerrufen. Bezüglich der Form und des genauen Ablaufs des Widerrufs sollte man gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 28.10.2014 – I-15 W 14/14

Thema: Erbrecht

Lange Lieferdauer: Versicherer muss einen Nutzungsausfall in besonderen Fällen auch für 97 Tage zahlen

Maßgeblich für die Dauer des Nutzungsausfalls ist die Dauer der Durchführung einer fach- und sachgerechten Reparatur. Dabei ist zum Beispiel auch die Lieferzeit für notwendige Kopfstützen einzurechnen.

Bei einem Verkehrsunfall wurde ein Pkw beschädigt. Am Tag nach dem Unfall beauftragte der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens, das ihm acht Tage nach dem Unfall zuging. Weitere drei Tage später entschloss er sich, das Fahrzeug reparieren zu lassen. Im Rahmen der Reparaturarbeiten stellte sich heraus, dass neue Kopfstützen eingebaut werden mussten. Aus diesem Grund konnte die Reparatur erst drei Monate nach dem Unfall abgeschlossen werden. Der Geschädigte machte gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners daher einen Nutzungsausfall für insgesamt 97 Tage geltend.

Das Amtsgericht Würzburg verurteilte die unwillige Versicherung zur Zahlung der geforderten Entschädigung. Der lange Zeitraum setzt sich aus der Zeit für die Erstellung des Gutachtens, der Zeit für die Überlegungsfrist und der für die Reparatur zusammen. Im Rahmen der vom Gericht durchgeführten Beweisaufnahme ergab sich, dass die Kopfstützen im Fahrzeug des Geschädigten tatsächlich ausgetauscht werden mussten. Die Werkstatt hat sich auch zeitnah um die Bestellung der Kopfstützen gekümmert. Dass die Lieferung dieser Kopfstützen so lange gedauert hat, geht nicht zu Lasten des Geschädigten. Zwar muss sich der Geschädigte bei der Auftragserteilung von einer ordnungsgemäßen und zügigen Durchführung der Reparatur leiten lassen. Es muss aber auch berücksichtigt werden, dass seinen Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Schadensregulierung naturgemäß Grenzen gesetzt sind, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten übergeben hat.

Hinweis: Bei der Dauer des Zeitraums, für den der Nutzungsausfall zu zahlen ist, sind der Schadensermittlungszeitraum, ein Überlegungszeitraum sowie die Reparaturdauer zu berücksichtigen. Verzögert sich die Reparatur, geht dies nicht zu Lasten des Geschädigten, da nicht er, sondern der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung das Werkstattrisiko trägt.

Quelle: AG Würzburg, Urt. v. 01.09.2016 – 34 C 788/16

Thema: Verkehrsrecht

Behördliches Beschäftigungsverbot: Arbeitgeber muss nicht geeigneter Altenpflegehelferin keine Alternativaufgaben anbieten

Wenn ein Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeit durch eine behördliche Auflage nicht mehr nachgehen darf, kann ihm der Arbeitgeber dann kündigen?

Eine Arbeitnehmerin, die in den Bereichen Pflege und Betreuung tätig war, bekam Probleme: Die Aufsichtsbehörde untersagte dem Arbeitgeber die Beschäftigung der Frau. In dem Bescheid hieß es, dass sich bereits zahlreiche Personen über das Verhalten der Pflegerin gegenüber Bewohnerinnen und Bewohnern beschwert hätten. Die Behörde hatte den Sachverhalt eingehend geprüft und hielt die Arbeitnehmerin für eine pflegerische Tätigkeit nicht geeignet. Als Heimaufsicht verbot sie dem Arbeitgeber unter Strafandrohung, die Altenpflegehelferin mit pflegerischen, sozialen und allgemeinen Betreuungen der Heimbewohner zu beschäftigen. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis personenbedingt. Dagegen klagte die Frau.

Ihre Kündigungsschutzklage wurde allerdings abgewiesen. Das Verbot der Heimaufsicht, die Arbeitnehmerin zu beschäftigen, rechtfertigt regelmäßig eine ordentliche personenbedingte Kündigung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann es nur geben, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar ist, die Arbeitnehmerin mit anderen Tätigkeiten zu beschäftigen. Umorganisationen sind in der Regel jedoch nur dann zumutbar, wenn sie auf Dauer nicht zu nennenswerten Einbußen in der Arbeitsökonomie und zu Unwirtschaftlichkeit führen. Hier war dem Arbeitgeber eine solche Maßnahme nicht zumutbar – die Kündigung war somit rechtmäßig.

Hinweis: Arbeitnehmer sollten eine solche Kündigung stets prüfen lassen. Jeder Einzelfall liegt anders und der Arbeitgeber muss stets prüfen, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz besteht.

Quelle: LAG Köln, Urt. v. 09.06.2016 – 7 Sa 1008/15

Thema: Arbeitsrecht

Nebenjob bei Unterhaltspflicht: Nicht alle Zusatzeinkünfte sind uneingeschränkt beim Kindesunterhalt zu berücksichtigen

Die Höhe zu zahlenden Unterhalts hängt in den meisten Fällen wesentlich von der Höhe des erzielten Einkommens ab. Kommt es dabei allein auf das Einkommen aus dem Hauptarbeitsverhältnis an oder sind auch zusätzliche Nebeneinkünfte zu berücksichtigen? Mit dieser Frage hatte sich betreffend den Kindesunterhalt das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) auseinanderzusetzen.

Nach Trennung und Scheidung musste ein Vater für seine beiden Kinder Unterhalt zahlen. Der Unterhalt wurde anhand der Düsseldorfer Tabelle mit 110 % des Mindestunterhalts bestimmt. Grundlage war das Einkommen des Vaters aus seinem Hauptberuf, in dem er mit 39 Stunden pro Woche beschäftigt war. Nun nahm der Vater eine zusätzliche Beschäftigung an. Bei zusätzlicher voller Berücksichtigung der Einkünfte aus dieser Tätigkeit betrug der zu zahlende Unterhalt 120 % des Mindestunterhalts. Den machte die Kindesmutter für ihre Kinder auch prompt geltend.

Das OLG hat das Begehren jedoch zurückgewiesen. Zwei Argumente gaben den Ausschlag:

Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung sind in jedem Fall heranzuziehen, wenn andernfalls Unterhalt von weniger als 100 % des Mindestunterhalts geschuldet ist.Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung sind – sollte der Mindestunterhalt gesichert sein – vollständig zur Unterhaltsbestimmung heranzuziehen, wenn sie schon während intakter Ehe erwirtschaftet wurden.

Im zur Entscheidung anstehenden Fall war der Mindestunterhalt gesichert, da 110 % zu zahlen waren. Die Nebentätigkeit hatte der Mann erst nach der Scheidung begonnen. Also waren die Einkünfte nicht in vollem Umfang heranzuziehen. Der Senat berücksichtigte sie mit 4/5, wodurch es zu keinem Tabellensprung kam und weiterhin nur 110 % der Sätze des Mindestunterhalts zu zahlen waren.

Hinweis: Es besteht die Pflicht, den Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes zu sichern. Gegebenenfalls muss dazu bis zu 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden. Wenn also durch das normale Einkommen der Mindestunterhalt nicht gesichert ist, muss der Unterhaltspflichtige deshalb im Rahmen des Möglichen sogar eine Nebenbeschäftigung aufnehmen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 01.04.2016 – 13 UF 44/16

Thema: Familienrecht

Reaktion auf Abmahnung: Eine gutgläubige Bitte um Fristverlängerung kann teuer werden

Wird Ihnen eine Frist gesetzt, können Sie zwar um eine Verlängerung bitten, doch die Gegenpartei muss sich nur in den seltensten Fällen darauf einlassen.

Ein Unternehmen erhielt von einem Wettbewerber eine Abmahnung wegen irreführender Werbeangaben. In der Abmahnung wurde es aufgefordert, die Werbung bis zu einem bestimmten Termin zu unterlassen. Das Unternehmen bat dann aber innerhalb der gesetzten Frist um eine Fristverlängerung. Ein Fehler: Denn statt diese zu gewähren, reichte der Wettbewerber eine Klage auf Unterlassung ein. Nach Zustellung der Klage erkannte das Unternehmen die Ansprüche an. Da durch die Bitte um Fristverlängerung automatisch auch kein sofortiges Anerkenntnis vorlag und das Unternehmen Anlass zur Klage gegeben hatte, musste es die Kosten für das Verfahren tragen. Denn: Auf eine Fristverlängerung muss sich ein Gläubiger nur einlassen, wenn dafür auch plausible Gründe mitgeteilt werden. Es wäre für das Unternehmen also besser gewesen, hätte es innerhalb der angegebenen Frist eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Hinweis: Bei Geldschulden gilt etwas ganz Ähnliches. Der Beginn des Verzugs mit einer Geldschuld ist immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Denn durch diesen Verzug muss der Schuldner Zinsen zahlen und ist verpflichtet, etwaige Prozesskosten zu ersetzen. Deshalb sollten Geldschulden möglichst vor Beginn des Verzugs gezahlt werden.

Quelle: OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 10.11.2016 – 6 W 101/16

Thema: Sonstiges

„Bis zum dritten Werktag“: Die Anweisung, nicht der Eingang der Miete entscheidet über fristgerechte Zahlung

In aller Regel muss der Mieter bis zum dritten Werktag eines Monats seine Miete gezahlt haben. Was bedeutet das aber genau? Muss das Geld am dritten Werktag auf dem Konto des Vermieters sein? Nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) wohl nicht.

Das Gesetz bestimmt, dass die Miete spätestens bis zum dritten Werktag des Monats zu zahlen ist. In einem Fall vor dem BGH hatten die Parteien im Mietvertrag Folgendes vereinbart: „Die Gesamtmiete ist monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter auf dessen Konto zu zahlen. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an.“ Dann kam es, wie es kommen musste: Die Miete kam in mehreren Monaten erst nach Ablauf des dritten Werktags beim Vermieter an. Dieser kündigte daraufhin das Mietverhältnis wegen verspäteter Mietzahlungen fristlos – hilfsweise fristgerecht – und erhob eine Räumungsklage.

Die Klage verlor er in allen Instanzen. Laut Gesetz ist die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, nach denen sie bemessen ist. Dem entspricht auch der Mietvertrag, wonach die Miete spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter zu zahlen ist. Insoweit genügt es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung, dass der Mieter seinem Geldinstitut den Zahlungsauftrag für die Überweisung bis zum dritten Werktag des Monats erteilt und das Konto des Mieters ausreichend gedeckt ist. Eine unpünktliche Zahlung des Mieters lässt sich auch nicht aus dem Mietvertrag herleiten, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes ankommt. Denn diese Formularklausel ist wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam.

Hinweis: Es kommt also für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung bei Überweisungen nicht darauf an, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen, sondern bis dahin in die Wege geleitet worden ist.

Quelle: BGH, Urt. v. 05.10.2016 – VIII ZR 222/15

Thema: Mietrecht

Sittenwidriger Erbverzicht: Unzulässige Beeinflussung des 18-jährigen Sohns führt zur Nichtigkeit des Vertrags

Immer wieder versuchen Eltern, ihre Kinder durch die Aussicht auf eine Erbschaft dazu zu bewegen, deren Leben in einer Art und Weise zu gestalten, die lediglich ihren eigenen Vorstellungen entspricht. Das kann jedoch sittenwidrig sein.

Ein Vater ging wenige Tage nach dem 18. Geburtstag seines Sohns mit diesem zu einem Notar, bei dem sie einen notariell beurkundeten, umfassenden Erb- und Pflichtteilsverzicht des Sohns vereinbarten. Zur Abfindung sollte der Sohn nach seinem 25. Geburtstag einen von ihm begehrten Sportwagen im Wert von ca. 100.000 EUR erhalten – allerdings nur, sofern er bis dahin seine Ausbildung mit sehr gutem Ergebnis abgeschlossen haben sollte. Schon kurze Zeit später bereute der Sohn diesen Erbverzicht und ging gerichtlich dagegen vor.

Das Gericht entschied, dass die Vereinbarung sittenwidrig war. Es wies darauf hin, dass darin ein deutliches Ungleichgewicht zu Lasten des Sohns besteht. Auf der einen Seite wurde ein umfassender Erbverzicht mit sofortiger Wirkung vereinbart, wofür der Sohn auf der anderen Seite nur unter dem Vorbehalt der Erfüllung mehrerer Bedingungen eine Gegenleistung erhalten sollte. Bei Nichterfüllung nur einer der Bedingungen erhielte der Vater den Erbverzicht somit kostenlos. Das Gericht kritisierte zudem, dass die Vorgabe, eine bestimmte Ausbildung zu absolvieren, den Sohn in zu missbilligender Weise in der Wahl seines beruflichen Werdegangs einschränkt und damit unzulässig in die Persönlichkeitsrechte des noch jugendlichen Mannes eingreift. Schließlich bemängelte das Gericht noch, dass der Vater die jugendliche Unerfahrenheit seines Sohns und die Begeisterung für den Sportwagen ausgenutzt hatte, da er bewusst den Eintritt der Volljährigkeit seines Sohns für die Vereinbarung des Erbverzichts abgewartet hatte. Damit war die Vereinbarung nichtig – und der Sohn hatte weiterhin seinen Pflichtteilsanspruch.

Hinweis: Ein Erbverzicht kann grundsätzlich auch ohne eine Abfindung als Gegenleistung vereinbart werden. Der Verzichtende darf jedoch in seiner Entscheidung nicht unzulässig beeinflusst werden. Wie jeder andere Vertrag auch, kann der Erbverzichtsvertrag wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung angefochten werden oder sittenwidrig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Erblasser eine Zwangslage oder die Unerfahrenheit des Verzichtenden ausnutzt und die Abfindung in einem krassen Missverhältnis zum Verzicht steht. Eine Anfechtung des Erbverzichtsvertrags ist jedoch nur zu Lebzeiten des Erblassers möglich.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 08.11.2016 – 10 U 36/15

Thema: Erbrecht

In-Ear im Auto: Die Nutzung eines Headsets stellt keinen Handy-Verstoß dar

Die Benutzung eines In-Ear-Headsets ist nicht mit der Aufnahme oder dem Halten des Hörers eines Autotelefons gleichzusetzen, weil das Headset grundsätzlich nicht mit der Hand gehalten werden muss, sondern durch eine Halterung am Kopf des Fahrers befestigt ist.

Ein Pkw-Fahrer wurde zu einer Geldbuße von 40 EUR wegen einer verbotswidrigen Benutzung des Mobil- oder Autotelefons verurteilt. Der Fahrer hatte per Druck auf einen entsprechenden Knopf seines Headsets ein Telefongespräch angenommen und es zum Telefonieren mit der Hand ans Ohr gehalten, da dessen Halterung defekt war.

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) hat den Betroffenen von dem Vorwurf des unzulässigen Benutzens eines Mobil- oder Autotelefons freigesprochen. Die Benutzung eines In-Ear-Headsets ist nicht mit der Aufnahme oder dem Halten des Hörers eines Autotelefons gleichzusetzen, weil dieses Headset grundsätzlich nicht mit der Hand gehalten werden muss, sondern am Kopf des Fahrers befestigt ist. Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Halterung des Headsets defekt war, ändert an der grundsätzlich andersartigen Funktionsweise nichts. Hätte der Gesetzgeber auch das Benutzen eines In-Ear-Headsets unter Strafe stellen wollen, hätte er dies in dem entsprechenden Gesetzestext so auch zum Ausdruck bringen müssen.

Hinweis: Ob die Benutzung eines In-Ear-Headsets bußgeldrechtlich zu ahnden ist, ist obergerichtlich bisher noch nicht entschieden worden, so dass der Beschluss des OLG richtungsweisend ist. Das Gericht hat sich am Gesetzestext orientiert. Zu bedenken ist insbesondere auch, dass es für Kraftfahrzeugführer noch zahlreiche andere Ablenkungen gibt, die nicht bußgeldbewehrt sind, wie etwa die Benutzung des Autoradios oder eines GPS-Geräts.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 07.07.2016 – III-1 RBs 109/15

Thema: Verkehrsrecht

Maßregelungsverbot: Kündigung in der Probezeit darf nicht wegen der Betreuung des kranken Kindes erfolgen

Arbeitnehmer dürfen bei einer Erkrankung des eigenen Kindes zu Hause bleiben. Das zeigt auch dieser Fall deutlich.

Bei einer Erkrankung des eigenen Kindes hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit. Der Arbeitnehmer des Falls war ein alleinerziehender Vater eines Sohns. Er befand sich noch in der Probezeit. Während der Probezeit musste er seinen Arbeitgeber davon benachrichtigen, dass sein Sohn operiert werden musste. Der Arbeitgeber antwortete darauf, dass dies in Ordnung sei. Der Sohn wurde operiert, die Kinderärzte schrieben ihn krank und attestierten die Erforderlichkeit der Betreuung und Beaufsichtigung durch den Vater. Diese Bescheinigungen legte der Vater seinem Arbeitgeber vor. Trotzdem erhielt er noch während der Krankheitsphase des Kindes die ordentliche fristgerechte Kündigung innerhalb der Probezeit. Das wollte er nicht auf sich sitzen lassen – er klagte gegen die Kündigung.

Das Landesarbeitsgericht war jedoch der Auffassung, dass die Kündigung wirksam war. Insbesondere hatte der Arbeitgeber nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, welches besagt, dass niemand dadurch gemaßregelt werden darf, dass er seine gesetzlichen Rechte in Anspruch nimmt. Die volle Darlegungs- und Beweislast für den Verstoß gegen das Maßregelungsverbot trägt der Arbeitnehmer. Und hier konnte der Arbeitgeber nachweisen, dass die Kündigung deshalb erfolgt ist, weil zu wenig Arbeit vorhanden war.

Hinweis: Dieser Fall hat sich in der Probezeit abgespielt, in aller Regel hat der Arbeitnehmer dann noch keinen Kündigungsschutz. Die rechtliche Überprüfung einer solchen Kündigung ist für Arbeitnehmer aber stets sinnvoll.

Quelle: LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2016 – 8 Sa 152/16

Thema: Arbeitsrecht