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Erben verpflichtet: Wohnmobilkauf des verstorbenen Ehemannes ist auch gegenüber der erbenden Ehefrau gültig

Im Fall eines Todes stellt sich für die Angehörigen immer wieder die Frage, welche vom Erblasser abgeschlossenen Verträge weiterhin gelten und welche Verpflichtungen sich somit für die Erben ergeben.

Ein Mann hatte ein Wohnmobil bestellt und wollte sein altes dafür in Zahlung geben. Auf der Fahrt zur Abholung des neuen Wohnmobils verunglückte der Ehemann tödlich und das alte Wohnmobil erlitt einen Totalschaden. Die Ehefrau wollte das Wohnmobil nicht mehr haben und bat um Aufhebung des Vertrags. Der Verkäufer verlangte daraufhin den in den AGB vereinbarten Schadensersatz.

Das Gericht entschied, dass der Ehemann einen verbindlichen Kaufvertrag über das neue Wohnmobil abgeschlossen hatte. Nach diesem Vertrag war der Ehemann zur Abnahme des gekauften Fahrzeugs verpflichtet. Nach seinem Tod ging diese Verpflichtung auf die Ehefrau als Erbin über. Somit musste sie auch den vertraglich vereinbarten Schadensersatz zahlen.

Hinweis: Verträge enden grundsätzlich nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers, sondern gehen auf die Erben über. Nur besondere Verträge, bei denen die Vertragsleistung an die Person des Erblassers gebunden ist, enden automatisch mit dem Tod – so etwa der Arbeitsvertrag eines Verstorbenen. Die Erben sollten also prüfen, welche Verträge vorliegen und ob diese weiter gelten oder gegebenenfalls fristgerecht gekündigt werden müssen. Andernfalls sind sie für die Erfüllung des Vertrags verantwortlich. Wird das Erbe hingegen ausgeschlagen, entstehen den Angehörigen auch keine Rechte und Pflichten aus diesen bestehenden Verträgen.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 27.08.2015 – I-28 U 159/14

Thema: Erbrecht

Folgenreiches Ausweichmanöver: Schadensersatz kann auch bei einem berührungslosen Unfall zu leisten sein

Eine Haftung kommt grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn ein Unfall mittelbar durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde. Allerdings reicht die bloße Anwesenheit des Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle dafür nicht aus. Vielmehr muss dieses durch die Fahrweise (oder sonstige Verkehrsbeeinflussung) zur Entstehung des Schadens beigetragen haben.

Eine Pkw-Fahrerin war innerorts auf der Suche nach einem Parkplatz. Als sie nach links in Richtung einer Grundstückseinfahrt einbog, musste der entgegenkommende Fahrer hierauf reagieren. Er zog sein Fahrzeug aus seiner Sicht nach links, wodurch es zu einer Beschädigung seines Fahrzeugs kam. Zu einer Berührung mit dem entgegenkommenden Pkw kam es dabei nicht.

Das Oberlandesgericht München hat vorliegend eine Schadensverteilung von 50 : 50 vorgenommen. Auch wenn sich die Fahrzeuge nicht berührt haben, sind Schadensersatzansprüche nicht ausgeschlossen. Das Gericht weist in seinen Entscheidungsgründen darauf hin, dass eine Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz auch dann in Betracht kommt, wenn sich der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang eines Fahrzeugs ereignet hat. Ein solcher Zusammenhang lag hier vor, da das zum Unfall führende Ausweichmanöver eine Reaktion auf das Linksabbiegen des entgegenkommenden Fahrzeugs darstellte – wobei dahingestellt bleiben kann, ob diese Reaktion objektiv und/oder subjektiv erforderlich war. Eine Mithaftung des Ausweichenden hat das Gericht deshalb angenommen, weil nicht aufgeklärt werden konnte, ob die Linksabbiegerin vor dem Abbiegen rechtzeitig links geblinkt und sie zum Zeitpunkt des Ausweichens gestanden hatte.

Hinweis: Eine Haftung ist immer dann gegeben, wenn ein Unfallgeschehen dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs zuzuordnen ist. Die von einem Pkw ausgehende Betriebsgefahr muss sich allerdings auf den Schadensablauf ausgewirkt haben, also mitprägend am Zustandekommen des Unfalls gewesen sein. Maßgeblich für die Zurechnung der Betriebsgefahr ist, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht.

Quelle: OLG München, Urt. v. 07.10.2016 – 10 U 767/16

Thema: Verkehrsrecht

Kein Geld ohne Indizien: Arbeitnehmer müssen ihren Diskriminierungsverdacht beweiskräftig darlegen können

Schon oft sind Arbeitgeber in Diskriminierungsfallen getappt. Doch in diesem Fall musste der Arbeitgeber einmal nicht zahlen. Weshalb das so ist, sollten Sie selbst lesen.

Eine Firma schloss mit 14 teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern Änderungsverträge ab und erhöhte deren Arbeitszeiten. Nur bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer und einem neu eingestellten Kollegen wurden die Arbeitszeiten nicht erhöht. Und das, obwohl der schwerbehinderte Arbeitnehmer bereits mehrfach nach einer Erhöhung gefragt hatte. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer fühlte sich nun diskriminiert und klagte die Erhöhung seiner wöchentlichen Arbeitszeit ein, hilfsweise verlangte er Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Höhe der ihm entgangenen Vergütung.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilte, dass derzeit noch keine hinreichenden Indizien im Sinne des AGG vorliegen würden, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung vermuten lassen. Es müssen Indizien vorliegen, die mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ darauf schließen lassen, dass ein in § 1 AGG genannter Grund ursächlich für die Benachteiligung war. Allein die „Möglichkeit“ einer Ursächlichkeit reicht nicht aus. Zur Feststellung dieser Indizien verwies das BAG die Angelegenheit an das zuständige Landesarbeitsgericht zurück.

Hinweis: Dieser Fall stellt sicherlich eine Ausnahme dar. Grundsätzlich dürfte es für Arbeitnehmer nicht allzu schwierig sein, Indizien für eine Diskriminierung vorzulegen.

Quelle: BAG, Urt. v. 26.01.2017 – 8 AZR 736/15

Thema: Arbeitsrecht

Kindesunterhalt: Wer kommt für die Gebühren eines Auslandsstudiums auf?

Kinder haben einen Anspruch auf Unterhalt, um eine ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildung absolvieren zu können. Nach dem Abitur bedeutet das in der Regel einen Anspruch auf ein Studium. Was aber gilt, wenn die Kinder im Ausland studieren wollen?

Das Studium im Ausland ist – anders als das Studium in Deutschland – meist nicht kostenlos. Fraglich ist, ob die anfallenden Studiengebühren von den unterhaltspflichtigen Eltern zu tragen sind. Das ist nur ausnahmsweise der Fall. In der Regel müssen die Eltern auch bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen für diese Kosten nicht einstehen. Dafür müssen schon besondere Umstände vorliegen, was bereits dann nicht mehr der Fall ist, wenn neben dem im Ausland studierenden Kind noch weitere Kinder Unterhalt benötigen.

Kann im Ausland ein Darlehen für die Studienkosten aufgenommen werden, ist genau zu prüfen, ob es sich um BAföG-gleiche Leistungen handelt bzw. das Kind in Deutschland BAföG-Leistungen in Anspruch nehmen kann. BAföG-Leistungen sind nämlich faktisch wie ein Einkommen des Kindes zu behandeln, senken also den Unterhaltsanspruch. Sie werden zwar nur darlehensweise erbracht, die Konditionen sind aber extrem günstig und mit einem normalen Darlehen nicht vergleichbar. Studiendarlehen, die letztlich normal verzinst und ohne sonstige besondere Umstände in jedem Fall zurückzuzahlen sind, nehmen demgegenüber auf den Unterhaltsanspruch gegen die Eltern keinen Einfluss.

Hinweis: Wird die für ein bestimmtes Studium verlangte Abiturdurchschnittsnote nicht erreicht, ist ein Studium des Fachs ggf. im Ausland möglich. Allerdings fallen dazu unter anderem Studiengebühren an. Eltern können dann geltend machen, dass dieses Studium nicht den Fähigkeiten des Kindes entspricht, hat es doch den in Deutschland erforderlichen Numerus clausus nicht erreicht. In jedem Fall können sie sich aber weigern, die Studiengebühren neben dem allgemeinen Unterhalt zu übernehmen.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 02.10.2015 – 10 WF 87/15

Thema: Familienrecht

Dienste höherer Art: Therapeut muss vorzeitigen Abbruch der Maßnahme anstandslos akzeptieren

Wir schließen jeden Tag eine Vielzahl von Verträgen ab: beim Bäcker, im Supermarkt oder an der Tankstelle. Daneben gibt es natürlich aber auch langfristigere Verträge, und die zeichnen sich meist auch dadurch aus, dass wir sie unter Umständen nach einer gewissen Zeit gerne kündigen möchten. Eine interessante neue Möglichkeit, solche Verträge zu beenden, zeigt der Bundesgerichtshof (BGH) auf.

Ein Mann führte als Therapeut Therapien zur Gewichtsreduktion durch – unter anderem durch eine Ernährungsumstellung verbunden mit einer Beratung sowie einer Spritze aus homöopathischen Mitteln. Eine der Teilnehmerinnen klagte bereits einen Tag nach Behandlungsbeginn über erhebliche Beschwerden und wollte die Therapie deshalb abbrechen. Zehn Tage später reichte sie ein Attest ihres Hausarztes ein, laut dem ihr aus medizinischen Gründen eine wesentliche Gewichtsreduktion durch ein spezielles Diätverfahren nicht angeraten wurde. Sie legte dieses Attest dem Therapeuten mit dem handschriftlichen Vermerk vor: „Bitte um Aufhebung. Attest anbei.“ Der Therapeut war jedoch der Auffassung, eine Vertragskündigung sei nicht ausgesprochen worden und sei rechtlich auch nicht möglich. Er verlangte die Vergütung der gesamten, vertraglich vereinbarten 1.290 EUR für die weiteren 28 Therapietage.

Das erstinstanzliche Amtsgericht verurteilte die Patientin lediglich zur Zahlung von 598 EUR und wies die Klage im Übrigen ab. Und auch vor dem BGH hatte der Therapeut keinen weiteren Erfolg. Es lagen sowohl eine Kündigungserklärung als auch die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 627 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor. Daher reichte es aus, dass die Patientin ihren Willen zum Ausdruck gebracht hat, nicht mehr therapiert werden zu wollen. Denn nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, die Kündigung auch ohne die in § 626 BGB bezeichnete Voraussetzung eines wichtigen Grundes zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete „Dienste höherer Art“ zu leisten hat. Dienste höherer Art können solche sein, die besondere Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung voraussetzen oder die den persönlichen Lebensbereich betreffen. Genau das traf hier zu. Verträge über eine Therapie zur Gewichtsabnahme können also fristlos kündbar sein.

Hinweis: Die Kündigung war rechtmäßig und der Betreiber konnte keine weitere Vergütung verlangen. Das sollten Anbieter solcher „Dienste höherer Art“ und auch deren Kunden beachten.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.11.2016 – III ZR 193/1
Thema: Sonstiges

Behinderung eines Eigentümers: Wohnungseigentümergesellschaft muss nicht alle Baumaßnahmen dulden

Gravierende bauliche Veränderungen einer Wohnungseigentumsanlage müssen gemeinschaftlich beschlossen werden.

Der Eigentümer einer im fünften Stock liegenden Wohnung pflegte mit seiner Ehefrau die gemeinsame, zu 100 % schwerbehinderte Enkeltochter. Einen Aufzug gab es in dem Haus nicht. Deshalb stellte er in einer Eigentümerversammlung den Antrag, in dem offenen Schacht in der Mitte des Treppenhauses auf eigene Kosten einen geräuscharmen Personenaufzug bauen zu dürfen. Als dieser Antrag abgelehnt wurde, klagte er gegen die Wohnungseigentümergesellschaft – jedoch vergeblich.

Der Mann darf die Baumaßnahmen nicht ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer durchführen. Für die Frage, ob eine Zustimmung erforderlich ist, kommt es entscheidend darauf an, ob für die anderen Wohnungseigentümer ein Nachteil entsteht, der „über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht“. Und solche Nachteile hat das Gericht in diesem Fall angenommen.

Grundsätzlich werden die anderen Wohnungseigentümer den Einbau eines Treppenlifts und einer Rollstuhlrampe dulden müssen. Anders sieht das aber bei dem Einbau eines Personenaufzugs aus. Denn der Einbau ist nur mit einem erheblichen Eingriff in die Substanz des Gebäudes durchführbar. Außerdem würden die anderen Eigentümer von dem Gebrauch eines Teils des gemeinschaftlichen Treppenhauses ausgeschlossen; der für den Einbau des Fahrstuhls vorgesehene Schacht wurde bislang zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen genutzt. Zudem sei dieser Platz erforderlich, um sperrige Gegenstände durch das Treppenhaus zu transportieren. Der Mann hätte außerdem bereits bei Einzug wissen müssen, dass solche Probleme auf ihn zukommen können.

Hinweis: Die Rechtslage dürfte anders aussehen, wenn es beispielsweise um eine Rampe geht, die vor einem Haus installiert werden muss. Ein behinderter Eigentümer dürfte dann einen Anspruch auf die Duldung einer Installation haben. Bezahlen müsste er sie aber stets selbst.

Quelle: BGH, Urt. v. 13.01.2017 – V ZR 96/16
Thema: Mietrecht

Gemeinschaftliches Testament: Bindungswirkung verfällt bei Vorversterben des Schlusserben

Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist der überlebende Ehegatte an die (wechselseitigen) Bestimmungen im Testament gebunden und kann nach dem Tod des Partners nicht mehr frei über sein Vermögen verfügen. Daraus ergeben sich in der Praxis häufig Probleme.

Ein Ehepaar hatte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt. Nach dem Tod der Ehefrau verfasste der Mann jedoch ein neues Testament, in dem er die gemeinsamen Kinder enterbte und seinen Bruder sowie ein Tierheim bedachte. Der Sohn verstarb vor dem Vater, so dass dessen Schwester nach dem Tod des Vaters geltend machte, Alleinerbin zu sein.

Das Gericht wies darauf hin, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des anderen Ehegatten auch an die Schlusserbeneinsetzung gebunden ist und diese somit nicht eigenmächtig abändern kann. Im vorliegenden Fall war jedoch der Schlusserbe – also der Sohn – bereits verstorben. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass im Testament für diesen Fall keine Regelung getroffen worden war und auch nicht die Abkömmlinge des Sohns automatisch an dessen Stelle treten. Der Erblasser kann vielmehr über den frei gewordenen hälftigen Erbteil (aber auch nur über diesen) gänzlich neu verfügen und somit die Tochter hinsichtlich dieses Erbteils enterben. Bezüglich des anderen Erbteils ist er jedoch an die Bestimmungen aus dem gemeinschaftlichen Testament gebunden, so dass die Tochter ein Anrecht auf diesen Teil hat.

Hinweis: Für den Fall, dass der eigentlich vorgesehene Erbe verstirbt oder das Erbe ausschlägt, empfiehlt es sich, in gemeinschaftlichen Testamenten auch Regelungen zu Ersatzerben aufzunehmen. Andernfalls gilt die gesetzliche Erbfolge, was unter Umständen nicht dem Willen der Erblasser entspricht. Im (seltenen) Fall, dass alle Schlusserben ausfallen, ist der überlebende Ehegatte jedoch von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments befreit und kann wirksam ein neues Testament errichten.

Quelle: KG Berlin, Beschl. v. 19.12.2014 – 6 W 155/14
Thema: Erbrecht

Mangelndes Erziehungsbedürfnis: Einsichtiger Ersttäter darf nicht zum Verkehrsunterricht verpflichtet werden

Ordnet eine Führerscheinstelle die Teilnahme an einem Verkehrsunterricht an, hat sie ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, wenn keinerlei Anhaltspunkte vorhanden und von ihr aufgezeigt sind, dass bei dem Betroffenen ein Erziehungsbedürfnis besteht.

Wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erhielt ein Verkehrsteilnehmer einen Bußgeldbescheid, der neben der Geldbuße auch ein Fahrverbot auswies. Dieser Bescheid wurde von dem Betroffenen akzeptiert. Die Führerscheinstelle sprach allerdings nach Rechtskraft des Bußgeldbescheids die Anordnung der Teilnahme an einem Verkehrsunterricht gegenüber dem Betroffenen aus.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder entschied, dass die Anordnung zur Teilnahme am Verkehrsunterricht rechtswidrig war. Bei dem Betroffenen habe es sich um einen Ersttäter gehalten, der den gegen ihn erlassenen Bußgeldbescheid ohne Weiteres akzeptiert hatte. Zu berücksichtigen ist zwar, dass auch die Ahndung der Verkehrsverstöße nach den Bestimmungen des Ordnungswidrigkeitengesetzes einen erzieherischen Zweck haben soll; die Anordnung der Teilnahme wird von der zuständigen Behörde aber fehlerhaft ausgeübt, sobald keine Anhaltspunkte vorhanden oder von der Behörde aufgezeigt sind, dass ein solches Erziehungsbedürfnis besteht. Vorliegend war der Betroffene erstmalig im Straßenverkehr auffällig geworden. Er zeigte sich auch dadurch einsichtig, indem er den erlassenen Bußgeldbescheid akzeptiert hatte. Eine weitergehende verkehrserzieherische Maßnahme war daher nicht geboten.

Hinweis: Wie die Entscheidung zeigt, ist die Anordnung zur Teilnahme an einem Verkehrsunterricht bei Ersttätern in der Regel rechtswidrig. Anders verhält es sich bei Wiederholungstätern, weil die Wiederholungstat zeigt, dass der Denkanstoß durch die behördliche Ahndung seiner Tat für einen Lerneffekt nicht ausreichend war und insofern erzieherische Aufgaben eingesetzt werden müssen.

Quelle: VG Frankfurt/Oder, Urt. v. 26.07.2016 – VG 2 K 1534/15
Thema: Verkehrsrecht

Keine Einbindung, klare Weisungsregeln: Wie Arbeitgeber mit Werkverträgen das Mitspracherecht des Betriebsrats aushebeln

Wie einfach ein Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats umgehen kann, zeigt dieser Fall.

Ein Arbeitgeber schloss mit einem portugiesischen Unternehmen einen Werkvertrag über Wochenendarbeitszeiten. Dieses ließ sodann seine portugiesischen Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten. Die Arbeitnehmer produzierten bestimmte Teile auf dem Betriebsgelände der eigentlichen Arbeitgeberin außerhalb der üblichen Öffnungszeiten. Dabei wurden sie von Führungskräften des portugiesischen Werkunternehmers angeleitet.

Der Betriebsrat des deutschen Unternehmens meinte nun, dass er bei dieser Vereinbarung zu beteiligen gewesen wäre, und zog vor das Arbeitsgericht. Die Richter konnten jedoch nicht feststellen, dass die Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des deutschen Arbeitgebers eingegliedert worden waren. Auch Weisungen erhielten sie nur von ihrem portugiesischen Arbeitgeber. Zudem konnte das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen, dass die Arbeitgeberin durch die hier gewählte werkvertragliche Lösung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in unzulässiger Weise umgangen hatte. Somit waren keine Rechte des Betriebsrats verletzt worden.

Hinweis: In diesem Fall hat der Arbeitgeber – zumindest aus seiner Sicht – alles richtig gemacht. Er musste trotz der Beschäftigung neuer Arbeitskräfte seinen Betriebsrat nicht beteiligen. Ob das allerdings zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat führt, scheint fraglich.

Quelle: LAG Hamm, Beschl. v. 14.10.2016 – 13 TaBVGa 8/16
um Thema: Arbeitsrecht

Versprochen ist versprochen? Ein gelöstes Heiratsversprechen kann durchaus zu Schadensersatzforderungen führen

Dass sich Menschen verloben, ist inzwischen seltener geworden. Kommt es ausnahmsweise doch dazu, dass sich Partner die Ehe ausdrücklich versprechen, stellt sich die Frage, was passiert, wenn das Versprechen nicht eingelöst wird.

Zur Klarstellung: Eine Verlobung erfolgt formlos. Es ist kein Gang zum Standesamt erforderlich, es muss auch nichts schriftlich fixiert werden. Verlobt ist also, wer sich mündlich verspricht, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Tritt ein Verlobter vom Verlöbnis zurück, sind dem anderen die Aufwendungen zu ersetzen, die in Erwartung der Ehe eingegangen wurden – zumindest soweit sie angemessen waren. Zu diesen Aufwendungen gehören unter anderem Umzugskosten.

Wie verhält es sich aber mit der Kränkung der Ehre, der Beeinträchtigung der Psyche? Mit der Auflösung des Verlöbnisses muss jeder Mensch in der Regel zurechtkommen. Anderes kann unter besonderen Umständen gelten: Verloben kann sich naturgemäß nur, wer in der Lage ist, zu heiraten. Dazu gehört, dass beide Partner nicht anderweitig ehelich gebunden sind. Das Verlöbnis eines Verheirateten ist deshalb nichtig. Hat er dem anderen die bestehende Ehe verschwiegen, als das Verlöbnis eingegangen wurde, kann die damit verbundene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durchaus zu einem Schadensersatzanspruch führen. So wurde beispielsweise einer bei Eingehung des Verlöbnisses 77-jährigen Frau ein Betrag von 1.000 EUR zugesprochen, da ihr 89-jähriger Partner noch verheiratet war.

Hinweis: Aus einem Verlöbnis kann aber natürlich nicht auf eine Eheschließung geklagt werden.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 28.07.2016 – 13 UF 35/16
Thema: Familienrecht