Skip to main content

„Wie machen sich die Kinder?“ Auch Elternteile ohne Sorgerecht können Auskunftsansprüche zustehen

Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder, wenn sie miteinander verheiratet sind.

Sind sie es nicht, hat die Mutter das Sorgerecht, der Vater nur dann, wenn es ausdrücklich so festgestellt wird. Derjenige, dem das Sorgerecht zusteht, kann sich über die Situation seines Kindes auch dann erkundigen, wenn der andere Elternteil dies nicht möchte. Welche Möglichkeiten aber hat dabei der Elternteil, dem das Sorgerecht nicht zusteht?

Das Gesetz hält für diesen Fall eine Regelung bereit. Danach kann bei Vorliegen berechtigten Interesses jeder Elternteil vom anderen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen – sofern dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht. Genau darauf berief sich ein Vater vor dem Oberlandesgericht Köln, der nach schweren Auseinandersetzungen zu seinen drei Kindern aus einer nichtehelichen Beziehung jahrelang keinen Kontakt hatte. Es war auch nicht abzusehen, dass sich dies ändern werde. Das Gericht billigte dem Vater zu, dass er in Ermangelung der Mitinhaberschaft der elterlichen Sorge und mangels Umgangs mit den Kindern von der Mutter Informationen über die Kinder erhalten kann. Diese hat ihm deshalb zweimal jährlich schriftlich einen Bericht über die gesundheitliche Situation der beiden jüngeren Kinder zu überlassen sowie über deren Freizeitinteressen, Feriengestaltungen und schulische Situationen. Zudem seien die Zeugnisse in Kopie vorzulegen. Bei der älteren Tochter sind nur die Zeugnisse in Kopie zu überlassen. Sie hatte persönlich erklärt, dass sie keine weiteren Informationen hergeben wolle. Und dieser Wille der 15-Jährigen ist nach Ansicht des Gerichts zu akzeptieren.

Hinweis: Streit über den Umgang wie über die elterliche Sorge ist ebenso unerfreulich wie der über die Frage, wer wen über was die Kinder betreffend zu informieren hat. Wichtig ist immer, dass nicht nur der oft alles dominierende Streit auf der Elternebene im Blick ist, sondern insbesondere auch der Wille der Kinder.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 28.06.2016 – 10 UF 21/15
Thema: Familienrecht

„Beiläufige“ Verkaufsförderung: Das Abstellen von Rädern und Anhängern zu reinen Werbezwecken bedarf einer Erlaubnis

Werbung ist für Unternehmen wichtig. Denn nur dadurch können Sie Ihre Angebote vermarkten und entsprechend verkaufen. Wie es allerdings nicht geht, zeigt dieser Fall.

In der Heidelberger Innenstadt hatte ein Gastronomiebetrieb ein Fahrrad abgestellt, an dem vorne und hinten Kisten mit Werbetafeln angebracht waren. Darauf standen unter anderem die tagesaktuellen Angebote des Restaurants. Gegen die Aufforderung der Stadt Heidelberg, das Fahrrad zu entfernen, klagte der Gastronomiebetrieb – allerdings ohne Erfolg. Denn das Abstellen des Fahrrads stellte eine reine Werbemaßnahme und damit eine Sondernutzung der Straße dar. Eine solche Sondernutzung ist nur nach einer vorherigen Erlaubnis möglich, die hier weder beantragt noch erteilt worden war.

Hinweis: Bei einer Sondernutzung von Verkehrsflächen ist also besondere Vorsicht geboten. Das gilt nicht nur für Fahrräder, sondern insbesondere auch für Werbeanhänger, die an Straßenrändern abgestellt werden. Das ist nicht immer erlaubt und sollte daher unbedingt vorab geprüft werden.

Quelle: VG Karlsruhe, Beschl. v. 04.11.2016 – 7 K 3601/16
Thema: Sonstiges

Kündigungsausschluss im Mietrecht: Formularmäßige Vereinbarung im Mietvertrag gilt bis zu einem Zeitraum von vier Jahren

Seitdem im Wohnraummietrecht Befristungen praktisch unmöglich sind, wird immer häufiger zum vereinbarten Kündigungsausschluss gegriffen.

In einem Mietvertrag über eine Doppelhaushälfte hatten die Parteien handschriftlich vereinbart, dass beide für die Dauer von vier Jahren auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags verzichteten. Die Kündigung sollte erstmals zum Ablauf des Zeitraums mit der vertraglichen Frist zulässig sein. Die Mieter kündigten trotzdem vorher und stellten die Mietzahlungen ein. Der Vermieter berief sich natürlich auf den Kündigungsausschluss, hielt die Kündigung somit für unwirksam und klagte erfolgreich seine Mieten ein.

Der Bundesgerichtshof beschloss, dass ein formularmäßiger Kündigungsausschluss dann unwirksam ist, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren überschreitet. Vorliegend war die ordentliche Kündigung aber erstmals zum Ablauf des Vierjahreszeitraums zulässig. Daher waren die Parteien für die Dauer von vier Jahren an den Mietvertrag gebunden, konnten jedoch noch vor Verstreichen dieser Zeitspanne eine Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aussprechen. Der Kündigungsausschluss war daher rechtmäßig, die Kündigung der Mieter dementsprechend nicht, weshalb der Vermieter seine Klage auf die Zahlung der Mieten gewann.

Hinweis: Ein vertraglicher Kündigungsausschluss sollte sowohl vom Vermieter als auch vom Mieter wohl durchdacht sein. Vier Jahre können eine lange Zeit sein, in der eine Kündigung und damit eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht in Betracht kommen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 23.08.2016 – VIII ZR 23/16
Thema: Mietrecht

Benennung ausdrücklich vorbehalten: Unter welchen Umständen die erblasserbestimmte Testamentsvollstreckung vollends entfällt

Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung kann gerade bei komplizierteren Nachlässen sinnvoll sein, jedoch gestaltet es sich unter Umständen schwierig, den richtigen Testamentsvollstrecker zu finden.

Dessen Bestimmung kann zwar dem Gericht überlassen werden, häufig ist gerade das aber nicht gewollt, da ein Testamentsvollstrecker ein besonderes Vertrauensverhältnis zu dem Erblasser haben sollte.

Im hiesigen Fall hinterließ eine Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie eine Testamentsvollstreckung angeordnet, sich jedoch die Benennung eines konkreten Testamentsvollstreckers vorbehalten hatte. Bis zu ihrem Tod hatte sie allerdings keinen Testamentsvollstrecker bestimmt. Der Sohn der Erblasserin, der durch das Testament enterbt worden war, beantragte nun, dass ein solcher Testamentsvollstrecker vom Gericht bestimmt wird.

Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es wies darauf hin, dass die Gründe, die die Erblasserin zu einem Verzicht der Benennung eventuell bewogen haben könnten, vielfältig sind und nicht weiter aufgeklärt werden können. Da sie sich die Bestimmung des Testamentsvollstreckers ausdrücklich vorbehalten hatte, war der Sachverhalt nicht solchen Fällen vergleichbar, in denen in einem Testament die Anordnung einer Testamentsvollstreckung bestimmt worden ist, Ausführungen zur Person des Testamentsvollstreckers aber vollständig fehlten. In derartigen Konstellationen müssen Gerichte entsprechend tätig werden. Hier aber kam das Gericht zum Schluss, dass die Erblasserin keine Ernennung des Testamentsvollstreckers durch das Gericht gewollt hatte.

Hinweis: Das Nachlassgericht kann die Ernennung eines Testamentsvollstreckers vornehmen, wenn der Erblasser in einem Testament das Nachlassgericht ersucht hat, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen. Dieses Ersuchen muss nicht ausdrücklich geschehen, sondern kann sich auch durch die Auslegung des Testaments ergeben. Auch wenn der im Testament bestimmte Testamentsvollstrecker die Aufgabe ablehnt, kann das Gericht tätig werden und einen Ersatz bestimmen. Wird in einem Testament eine Testamentsvollstreckung angeordnet, sollte ausdrücklich verfügt werden, ob allgemein oder nur unter bestimmten Umständen (z.B. beim Wegfall des vorgesehenen Testamentsvollstreckers) eine Bestimmung durch das Gericht erfolgen soll.

Quelle: OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 22.09.2016 – 20 W 158/16
Thema: Erbrecht

Unfall nach Reifenwechsel: Ohne hinreichend erteilten Wartungshinweis haftet die Werkstatt anteilig

Eine Werkstatt, die einen Reifenservice anbietet, muss ihre Kunden hinreichend auf die Notwendigkeit des Nachziehens der Radschrauben nach 50 bis 100 km Fahrstrecke aufmerksam machen.

Der Kunde eines Autohauses ließ an seinem Fahrzeug Winterreifen aufziehen. Nach einer Fahrstrecke von knapp 2.000 km löste sich eines der montierten Räder. Es kam zu einem Unfall, durch den ein Schaden in Höhe von etwa 4.400 EUR am Fahrzeug des Kunden entstand. Er verlangte daraufhin von der Werkstatt Schadensersatz.

Das Landgericht Heidelberg (LG) verurteilte die Werkstatt, dem Kunden 70 % des ihm entstandenen Schadens auszugleichen. Das Gericht nahm ein Mitverschulden in Höhe von 30 % an, da das Lösen des Rads nach Auffassung des vom Gericht beauftragten Sachverständigen sowohl akustisch als auch durch ein verändertes Fahrverhalten hätte bemerkt werden müssen. In diesem Fall hätte ein verständiger Fahrer das Fahrzeug unverzüglich zur Kontrolle in die Werkstatt gebracht.

Hinweis: Das LG macht in seiner Entscheidung deutlich, dass ein bloßer Hinweis auf der Rechnung zur Notwendigkeit des Nachziehens der Radmuttern nicht ausreicht. Die Hinweispflicht der Werkstatt ist nur dann erfüllt, wenn sie den Hinweis mündlich erteilt oder dem Kunden den schriftlichen Hinweis so zugänglich macht, dass unter normalen Verhältnissen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn sich ein solcher Hinweis erst unter einer etwaigen Unterschrift auf der Rechnung befindet. Der Kunde muss letztendlich nämlich nur das lesen, was oberhalb der Unterschrift steht. Ein Anlass, dennoch weiterzulesen, besteht nach Auffassung des Gerichts nicht. Der Hinweis der Werkstatt sollte daher optisch derart hervorgehoben sein, dass er für den Kunden unmittelbar erkennbar ist.

Quelle: LG Heidelberg, Urt. v. 27.07.2011 – 1 S 9/10
Thema: Verkehrsrecht

Fristlose Kündigung: Bei Drogenkonsum endet für Berufskraftfahrer die Trennung von Berufs- und Privatleben

Nur in Ausnahmefällen darf den Arbeitgeber das Freizeitverhalten seiner Arbeitnehmer insoweit interessieren, dass er daraus eigene Rechte ableiten kann. Das folgende Urteil zeigt aber, dass bei Berufskraftfahrern eine strikte Trennung zwischen Berufs- und Privatleben nicht immer möglich und deren „freie“ Zeit in Sachen Drogenkonsum eine solche eben nicht mehr ist.

Ein Lkw-Fahrer nahm an einem Samstag Amphetamine und Crystal Meth ein. Am nächsten Montag fuhr er wieder Lkw, am darauffolgenden Dienstag wurde bei einer Polizeikontrolle sein wochenendlicher Drogenkonsum festgestellt. Als der Arbeitgeber das erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Dagegen klagte der Arbeitnehmer.

Das Bundesarbeitsgericht stellte sich jedoch auf die Seite des Arbeitgebers. Die fristlose Kündigung hatte das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet. Ein Berufskraftfahrer darf seine Fahrtüchtigkeit nicht durch Drogenkonsum gefährden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Droge vor oder während der Arbeitszeit genommen wurde.

Hinweis: Berufskraftfahrer riskieren also auch bei einem Drogenkonsum außerhalb der Arbeitszeit die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Es bleibt nun abzuwarten, auf welche weiteren Berufsgruppen sich dieses Urteil künftig übertragen lässt.

Quelle: BAG, Urt. v. 20.10.2016 – 6 AZR 471/15
Thema: Arbeitsrecht

Gewaltschutzgesetz: Ab wann persönlich Belästigendes auch rechtlich als Belästigung anzusehen ist

Bei einer Trennung kann es gerade in der ersten Phase zu unangenehmen Belästigungen kommen, vor allem durch den, der die neue Situation nicht versteht und mit ihr nicht zurechtkommt. Was ist dabei hinzunehmen, was nicht? Eine Frage, die die Gerichte immer wieder beschäftigt.

Dem Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) wurde folgender Fall vorgelegt: Zwei Expartner lebten nebeneinander in ihren jeweils eigenen Wohnungen, deren Balkone aneinandergrenzten. Durch Vorbeugen und Kopfdrehen war es möglich, vom einen Balkon auf den anderen zu schauen. Und genau dies tat der Expartner. Die somit immer wieder beobachtete Exfrau fühlte sich dadurch belästigt. Und so begehrte sie vom Gericht Hilfe, indem sie sich auf das Gewaltschutzgesetz berief. Danach darf nicht „in die Wohnung einer Person oder deren befriedetes Besitztum“ eingedrungen werden. Aber bedeutet das auch, dass nicht mehr auf den Balkon oder gar in die Wohnung geschaut werden darf, sofern das ohne große Anstrengungen möglich ist? Ist denn schon das bloße Hinschauen in diesem Sinne ein Eindringen? Nein, entschied das Gericht.

Einen Fuß in die Wohnungstür zu setzen, ins Fenster zu greifen, mit einem Teil des Körpers in den Wohnraum zu gelangen – das alles ist nicht erlaubt! Aber sich vorzulehnen, den Kopf zu drehen und herüberzublicken – all das sei nichts, das das Gewaltschutzgesetz untersagt.

Hinweis: Das Gewaltschutzgesetz ist nicht nur zwischen Ehegatten anwendbar. Es ist ein Gesetz, das geschaffen wurde, um gegen Gewalttaten und Nachstellungen vorgehen zu können. Damit sind insbesondere auch die Fälle gemeint, die unter dem Begriff „Stalking“ zusammengefasst werden. Aber das Gesetz kennt auch Grenzen. Eine davon hat das OLG hiermit vorerst gezogen.

Quelle: OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 21.03.2016 – 4 UF 26/16
Thema: Familienrecht

Kündigungs(un-)recht der Bausparkasse: Sparerfreundliches Urteil geht in Revision final an den Bundesgerichtshof

Es haben schon viele Gerichte Urteile zur Frage des Kündigungsrechts von Bausparkassen nach der Zuteilungsreife von Bausparverträgen gefällt. Hier kommt ein weiteres des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Ein Ehepaar hatte im Jahr 1991 einen Bausparvertrag abgeschlossen. Dieser war seit 2002 zuteilungsreif, das Darlehen wurde allerdings nicht in Anspruch genommen. Das Bausparguthaben wurde seitdem weiterhin nach den vertraglichen Vereinbarungen mit 2,5 % verzinst. In Zeiten der Niedrigzinsen passte das der Bausparkasse natürlich überhaupt nicht, weshalb sie den Vertrag 2015 kündigte. Das Ehepaar wollte den Vertrag jedoch fortsetzen und klagte deshalb – und zwar erfolgreich!

Der Bausparkasse stand nach Ansicht des OLG kein Kündigungsrecht zu. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang stets die entsprechende Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in dem das ordentliche Kündigungsrecht eines Darlehensnehmers geregelt ist. Danach hat ein Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht, wenn er das Darlehen „vollständig empfangen hat“. Vollständig empfangen ist das Darlehen aber nur, wenn die Bausparsumme erreicht ist, und nicht bereits dann, wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif ist. Die Bausparkasse kann sich deshalb nicht auf ein entsprechendes Kündigungsrecht berufen.

Hinweis: Das Urteil wird nicht das letzte Wort sein. Es wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dieser wird sicherlich in den nächsten Monaten eine grundsätzliche Entscheidung zu diesen Fällen treffen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 08.11.2016 – 17 U 185/15
Thema: Sonstiges

Mieterhöhung abgewiesen: Ein fehlerhafter „qualifizierter Mietspiegel“ kann als „einfacher Mietspiegel“ dienen

Die Festlegung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist in der Praxis alles andere als einfach, es sei denn, es kann auf einen Mietspiegel zurückgegriffen werden.

Eine Eigentümerin klagte gegen ihre Mieter auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Die Mieter waren allerdings der Auffassung, dass sie bereits die ortsübliche Vergleichsmiete zahlen würden und deshalb keine Erhöhung in Betracht käme. Die Mieter hatten den Berliner Mietspiegel aus dem Jahr 2015 als Schätzgrundlage herangezogen. Das Problem des Falls bestand darin, dass es sich bei diesem Mietspiegel ursprünglich um einen qualifizierten Mietspiegel gehandelt hatte.

Im Gegensatz zum einfachen Mietspiegel ist ein qualifizierter Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen zu erstellen. Zwar wurde im Berliner Fall der qualifizierte Mietspiegel von mehreren Gerichten als fehlerhaft eingestuft – aber wie es in der Rechtsprechung dem Laien oftmals merkwürdig anmutet: Zweifel an der Richtigkeit selbst dieses fehlerhaften Mietspiegels konnte das Gericht prinzipiell nicht erkennen. Daher erfuhr der Mietspiegel in diesem Fall keine generelle Ungültigkeit, jedoch eine Degradierung von „qualifiziert“ auf „einfach“. Für die Beklagten in diesem Fall unerheblich, da ihnen selbst dieser einfache Mietspiegel Recht gab: Ihm entsprechend würde die ortsübliche Vergleichsmiete durch die verlangte Mieterhöhung überschritten. Daher konnte die Vermieterin diese auch nicht durchsetzen.

Hinweis: Ein unwirksamer qualifizierter Mietspiegel kann also als einfacher Mietspiegel berücksichtigt werden.

Quelle: LG Berlin, Urt. v. 31.08.2016 – 65 S 197/16
Thema: Mietrecht

Minderjähriger Erbe: Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung umfasst auch das Recht zur Ausschlagung

Werden Kinder als Erben eingesetzt, stellt sich immer auch die Frage, ob die Sorgeberechtigten des Kindes – also in der Regel die Mutter und/oder der Vater – als Verwalter des ererbten Vermögens ausgeschlossen werden können.

Der Erblasser hatte einen unehelichen Sohn, für den er die Vaterschaft anerkannt hat. In seinem Testament setzte er seinen Sohn und seine Schwester als Erben ein – Letztere auch als Testamentsvollstreckerin. Er bestimmte zudem, dass die Mutter des Kindes von der Verwaltung des ererbten Vermögens für den Fall auszuschließen sei, sollte der Sohn im Erbfall die Volljährigkeit noch nicht erreicht haben. Nach dem Tod des Erblassers erklärte die Mutter im Namen ihres Sohns die Ausschlagung der Erbschaft und verlangte den Pflichtteil. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich nun mit der umstrittenen Frage beschäftigen, ob dies rechtmäßig war.

Das Gericht entschied, dass der Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung für vom Kind ererbtes Vermögen auch die Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft umfasst, da das Ausschlagungsrecht zur Vermögens- und nicht zur Personensorge gehört. Die im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung der Erbschaft durch die Mutter war somit mangels Vertretungsmacht unwirksam.

Hinweis: Bei einer Erbeinsetzung durch Großeltern oder Paten kann es vorkommen, dass diese befürchten, dass die Sorgeberechtigten das Erbe nicht im Interesse des Kindes verwalten. Insbesondere im Fall einer Trennung oder Scheidung der Eltern möchten Erblasser häufig verhindern, dass der andere Elternteil über den Nachlass verfügen darf, der dem gemeinsamen Kind vererbt wird. Der BGH hat nun klargestellt, dass ein Erblasser den Sorgeberechtigten von jeder Art von Entscheidung bezüglich des Erbes durch entsprechende Bestimmungen in einem Testament ausschließen kann und diese Entscheidungen und die Vermögensverwaltung stattdessen ein vom Familiengericht bestellter Ergänzungspfleger übernimmt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 29.06.2016 – XII ZB 300/15
zum Thema: Erbrecht