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Eigensorgfalt für Fußgänger: Erkennbare Unebenheiten und Höhendifferenzen auf Gehwegen sind hinzunehmen

Bei der Frage, in welchem Umfang Fußgänger Unebenheiten und Niveauunterschiede auf Straßen, Plätzen und Gehwegen hinnehmen müssen, ist immer der individuelle Einzelfall entscheidend.

Ein Fußgänger ging nach seinen Angaben in Begleitung zweier Zeugen innerorts bei völliger Dunkelheit auf einem Gehweg. Der Gruppe von Fußgängern kam ein Radfahrer entgegen. Um ihn passieren zu lassen, ging der Fußgänger zur Seite an den Bordstein und knickte aufgrund eines fehlenden Bordsteinstücks mit dem Fuß um. Von der verkehrssicherungspflichtigen Gemeinde verlangte er daher Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken konnte allerdings keinen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten feststellen und hat die Ansprüche des Fußgängers daher zurückgewiesen. Das Gericht ging davon aus, dass der Fußgänger die konkrete Schadensstelle zu der behaupteten Uhr- und Jahreszeit mit Blick auf Ausmaß und Lage im Bereich des Bordsteins bei der gebotenen Aufmerksamkeit ohne weiteres hätte erkennen können. Die Benutzung der Bordsteinkante ist mit Blick auf die zum Fahrbahnrand hin gegebene Höhendifferenz per se nicht völlig gefahrenfrei, so dass ein umso höheres Maß an Eigensorgfalt geboten ist, um Übertritte oder ein Abrutschen von der Bordsteinkante zu vermeiden.

Hinweis: Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht hängt maßgeblich von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrswegs und dessen Bedeutung ab. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustands, wobei jedoch eine absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert werden kann. Eine solche ist auch unter Einsatz zumutbarer Mittel nicht zu erreichen. Vielmehr sind die öffentlichen Verkehrswege grundsätzlich in dem Zustand hinzunehmen, in dem sie sich dem Benutzer erkennbar darbieten, wobei sich der Benutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen muss.

Quelle: OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.11.2015 – 4 U 110/14 
Thema: Verkehrsrecht

Identische Stellenausschreibungen: Vorwurf der Benachteiligung Schwerbehinderter bei Bewerbung greift nicht immer

Wann eine offensichtliche Benachteiligung wider Erwarten doch nicht zu einem Entschädigungsanspruch führt, zeigt dieser Fall.

Öffentliche Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. In einem vom Arbeitsgericht Karlsruhe entschiedenen Fall gab es allerdings eine Besonderheit. Hier bewarb sich ein Schwerbehinderter im April 2015 auf eine vom Landkreis ausgeschriebene Stelle als Unterkunftsleiter in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Er wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt daraufhin eine Absage. Drei Monate später bewarb er sich erneut beim selben Landkreis um eine Stelle als Leiter einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Die Stellenausschreibung war identisch mit der vorherigen, zuständig war derselbe Sachbearbeiter. Auch dieses Mal erhielt der schwerbehinderte Bewerber eine Absage – allerdings ohne zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Er verlangte deshalb die Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), da die unterbliebene Einladung seines Erachtens nach eine Diskriminierung indiziere.

Das Gericht machte da allerdings nicht mit. Da es sich um identische Auswahlverfahren gehandelt hatte, wirkte die sogenannte Chanceneröffnung durch das bereits durchgeführte Bewerbungsgespräch auch für das neue Bewerbungsverfahren fort. Der Arbeitnehmer erhielt also keine Entschädigung.

Hinweis: Nach § 22 AGG ist grundsätzlich eine Benachteiligung wegen der Behinderung zu vermuten, wenn ein öffentlicher Arbeitgeber einen nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch einlädt. Diese Verpflichtung hat ein privater Arbeitgeber allerdings nicht.

Quelle: ArbG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2016 – 2 Ca 425/15
Thema: Arbeitsrecht

Entscheidungsbefugnisse: Beim gemeinsamen Sorgerecht müssen beide Elternteile über Impfungen entscheiden

Leben die Eltern des Kindes bzw. der Kinder zusammen, entscheiden sie relativ unproblematisch gemeinsam in allen Belangen des Kindes – seien es die Dinge des täglichen Lebens oder Entscheidungen in Angelegenheiten, die für das Kind von erheblicher Bedeutung sind. Trennen sich die Eltern und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, entscheidet über die Dinge des täglichen Lebens der Elternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhält. Hinsichtlich der Dinge von erheblicher Bedeutung müssen die Eltern dagegen einen Konsens erzielen. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, was noch zum täglichen Leben gehört und was von erheblicher Bedeutung ist.

So entfachte sich ein Streit über die Frage, wie es um Impfungen bestellt ist. Die Mutter wollte eine weitere Impfung, der Vater hielt sie für unnötig. Ist eine Impfung rechtlich als eine Angelegenheit des täglichen Lebens anzusehen mit der Folge, dass die Mutter die Kinder einfach impfen lassen kann, ohne den Vater um sein Einverständnis bitten zu müssen? Oder ist eine Impfung von erheblicher Bedeutung, so dass der Vater seine Einwilligung geben muss?

Das Gericht hat eine Impfung als Angelegenheit von erheblicher rechtlicher Bedeutung eingestuft. Sowohl die negativen Folgen im Fall der Impfung als auch die Gefahr einer Erkrankung, vor der die Impfung schützen soll, sind beachtlich. Es ist deshalb unerheblich, ob ein Elternteil eine Impfung verlangt oder sich gegen eine vorgesehene Impfung der Kinder wehrt: In jedem Fall geht es um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind, über die die Eltern gemeinsam zu entscheiden haben, sofern sie die elterliche Sorge gemeinsam ausüben.

Hinweis: Nicht nur die Frage einer Impfung ist vor diesem Hintergrund als Frage von erheblicher Bedeutung anzusehen. Auch alle ärztlichen Behandlungen, die über den Bereich der Routineuntersuchung hinausgehen, fallen darunter.

Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 04.09.2015 – 6 UF 150/14
Thema: Familienrecht

Bebilderte Schulwebsite: Bei Urheberrechtsverletzung durch verbeamtete Lehrer haftet das Land als Dienstherr

Auch ein Lehrer darf keine fremden Bilder auf die Website einer Schule einstellen, wenn er dafür nicht die Erlaubnis des Fotografen besitzt.

Ein Gymnasium warb im Internet für sein Fremdsprachenangebot. Ein Lehrer hatte die Internetseiten erstellt und dafür ein Foto genutzt, das er nicht selber gefertigt hatte. Der Fotograf verlangte nun Schadensersatz vom Arbeitgeber des Lehrers – vom Land Niedersachsen. Schließlich musste das Oberlandesgericht Celle entscheiden. Das stellte fest: Der Lehrer hat in Ausübung eines öffentlichen Amts gehandelt und mit der Verwendung des Bilds das Urheberrecht des Fotografen verletzt. Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Verantwortlichkeit dafür trifft den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.

Hinweis: Niemand sollte fremde Bilder auf seiner Website einstellen. Das gilt natürlich insbesondere auch für Angehörige des öffentlichen Diensts.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 09.11.2015 – 13 U 95/15
Thema: Sonstiges

Formularmäßige Vereinbarung: Nebenkosten müssen nicht explizit im Mietvertrag aufgeschlüsselt werden

Nach dem Gesetz ist der Vermieter zur Zahlung der Betriebskosten verpflichtet. In aller Regel überträgt er diese Pflicht allerdings im Mietvertrag auf seinen Mieter.

In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall waren Mieterinnen der Auffassung, nicht zur Zahlung von Betriebskosten verpflichtet zu sein. Der Formularmietvertrag aus dem Jahr 2007 enthielt dazu folgende Regelungen:

Vorauszahlungen auf die übrigen Betriebskosten gemäß Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 Zweite Berechnungsverordnung (Abwasser, Gebühren, Steuern, Versicherung etc.) 100 EUR. Für Art und Umfang der Betriebskosten ist die Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 Zweite Berechnungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung maßgebend.

Die Vermieterinnen verlangten nun ausstehende Mietzahlungen. Dagegen wehrten sich die Mieterinnen mit einer Aufrechnung, da sie angeblich in der Vergangenheit Betriebskosten gezahlt hätten, obwohl sie zu diesen Zahlungen gar nicht verpflichtet gewesen wären. Daher stünde ihnen noch Geld zu. Der BGH gab allerdings den Vermieterinnen Recht. Die vertraglichen Regelungen in den vereinbarten Mietverträgen waren ausreichend bestimmt und inhaltlich in Ordnung. Es müssen nicht sämtliche einzelne Betriebskosten aufgeführt werden. Vielmehr reicht der Verweis auf die Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung aus.

Hinweis: Auch im Wohnraummietrecht reicht zur Übertragung der Betriebskosten auf den Mieter die formularmäßige Vereinbarung, dass dieser „die Betriebskosten“ zu tragen hat, in aller Regel aus. Besser ist es natürlich, auch auf die Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung zu verweisen.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.02.2016 – VIII ZR 137/15
Thema: Mietrecht

Patchworkfamilien: Besonderheiten in der Erbfolge bei Familien mit Stiefkindern

Gerade bei sogenannten Patchworkfamilien stellen sich bei der Regelung der Erbfolge zahlreiche Probleme, da als Erben der aktuelle sowie der vormalige Partner und einseitige, gemeinsame sowie Stiefkinder in Frage kommen.

Zum einen stellt sich die Frage, ob das Vermögen der aktuellen Partner getrennt bleiben oder zusammenfallen soll. Dabei ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen – je nachdem, ob die Partner verheiratet sind oder nicht. Stiefkinder haben grundsätzlich keinen gesetzlichen Erbanspruch. Will man diese nach dem Tod bedenken, sollte darüber nachgedacht werden, ob sie durch ein Testament als Erben eingesetzt werden oder ob ihnen ein Vermächtnis zuteilwerden soll. Sollen hingegen jeweils nur die eigenen Kinder erben, ist darauf zu achten, dass der überlebende Ehegatte am Erbe seines Ehepartners pflichtteilsberechtigt ist und dieser Pflichtteilsanspruch – soweit er nicht verjährt ist – nach seinem Tod auf dessen leibliche Kinder übergeht. Über diesen Umweg können Stiefkinder also Erben der Stiefeltern werden, wenn die Ehegatten nicht einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren oder eine Vor- und Nacherbfolgeregelung treffen.

Hinweis: In solchen Fällen ist es zunächst sehr wichtig, rechtzeitig zu überlegen, welche Folgen genau gewollt sind. Die verschiedenen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wie ein Pflichtteilsverzicht, ein Herausgabevermächtnis oder die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft bieten jeweils unterschiedliche Vorteile, aber auch Probleme, die man im Rahmen einer fachkundigen Beratung abwägen sollte.

zum Thema: Erbrecht

Motorradsturz ungeklärt: Ohne Fremdberührung und klare Zeugenaussagen bleibt die Schuldfrage offen

Ein Schaden ist erst dann während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn die Fahrweise oder eine vom Betrieb des Fahrzeugs ausgehende Gefahr ursächlich zur Entstehung des Unfalls beigetragen hat. Was kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach – wie der folgende Fall zeigt.

Ein Motorradfahrer fuhr innerorts auf eine Kreuzung zu. Zunächst kam ihm ein Fahrschulwagen entgegen, der vor ihm nach links abbog. Um die Kollision mit einem danach folgenden Auto zu vermeiden, das ebenfalls links abbog, musste der Motorradfahrer so stark abbremsen, dass er dabei zu Fall kam. Zu einer Fremdberührung kam es dabei nicht. Jedoch verletzte er sich beim Sturz und verlangte deshalb Schmerzensgeld von der Haftpflichtversicherung des dem Fahrschulwagen folgenden Fahrzeugs. Die Versicherung behauptete allerdings, der Fahrer des bei ihr versicherten Fahrzeugs sei nach links abgebogen, ohne den Motorradfahrer zu gefährden. Der Sturz sei durch ein nachfolgendes, unbekannt gebliebenes Fahrzeug verursacht worden.

Für das Landgericht Bremen konnte nicht geklärt werden, weshalb der Motorradfahrer stürzte. Weder die Aussage der Zeugin noch die der Polizeibeamten konnte eine genaue Klärung herbeiführen. Nach Auffassung des Gerichts hätte außerdem die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens keine weitere Klärung herbeigeführt, da es hierfür an entsprechenden Anknüpfungspunkten fehlte, aus denen ein Sachverständiger Schlüsse über den Verursachungsbeitrag des Pkw hätte ziehen können – vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich Motorrad und Pkw nicht berührt hatten.

Hinweis: Für die Zurechnung eines Unfallgeschehens zum Betrieb eines Fahrzeugs und für eine sich daraus ergebende Haftung muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und dem Fahrzeugbetrieb in der Weise vorliegen, dass die Fahrweise oder eine vom Betrieb des Fahrzeugs typischerweise ausgehende Gefahr zu der Unfallentstehung beigetragen hat.

Quelle: LG Bremen, Urt. v. 09.07.2015 – 6 U 966/14
Thema: Verkehrsrecht

Überwachungsbeschwerde: Vorsicht bei Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem Naziregime

Arbeitnehmer müssen stets vorsichtig sein, wenn sie betriebliche Verhältnisse mit jenen aus der Nazidiktatur vergleichen.

Einen solchen Vorwurf seiner Arbeitgeberin gegenüber geäußert zu haben, wurde einem Altenpfleger, der seit 20 Jahren im Betriebsrat tätig war, nun von ihr vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf zur Last gelegt: Er erfuhr, dass der Arbeitgeber beabsichtigte, durch eine technische Überwachungsmöglichkeit festzustellen, wie lange ein Mitarbeiter benötigt, bis er dem Klingelruf eines Patienten nachkommt. Der Altenpfleger beschwerte sich bei seinem Einrichtungsleiter und den Aufsichtsratsmitgliedern in einer E-Mail: „… Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70 Jahren hinter uns gebracht, auch wenn hier im Kleineren gehandelt wird, so ist dies der Anfang von dem, was dann irgendwann aus dem Ruder laufen kann …“

Als die Arbeitgeberin von der E-Mail erfuhr, beantragte sie beim Betriebsrat die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Altenpfleger. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung, woraufhin die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht beantragte – allerdings ohne Erfolg. Der Betriebsrat hatte zu Recht die Zustimmung zur fristlosen Kündigung verweigert, denn es lag kein Grund für eine Kündigung vor. Die E-Mail enthielt keine Gleichsetzung mit dem nationalsozialistischen Terrorregime. Der Altenpfleger hatte lediglich vor der möglichen künftigen Entwicklung gewarnt und damit an die Verhältnisse der Weimarer Republik angeknüpft. Seine Äußerung war von dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt.

Hinweis: Trotzdem sollten Arbeitnehmer mit solchen Äußerungen vorsichtig sein, denn eindeutigere Vergleiche der betrieblichen Verhältnisse mit dem Naziregime können zu einer fristlosen Kündigung führen.

Quelle: LAG Düsseldorf, Beschl. v. 04.03.2016 – 10 Ta BV 102/15 
Thema: Arbeitsrecht

Riskante Unterhaltseinigung: Fixe und unabänderbare Betragsvereinbarungen sollten unbedingt vermieden werden

Ist Unterhalt geschuldet, wird auf Basis der aktuellen wirtschaftlichen Situation festgelegt, in welcher Höhe er zu zahlen ist. Doch wirtschaftliche Verhältnisse sind flüchtig – das heißt, sie können sich ändern. Das kann dazu führen, dass eine Anpassung erfolgen muss, sei es nach oben oder nach unten. Ist das aber auch immer möglich?

Unterhalt kann auf zweierlei Arten geregelt werden. Zum einen kann gerichtlich über die Höhe des zu zahlenden Unterhalts gestritten und der Rechtsstreit durch eine entsprechende, gerichtliche Entscheidung beendet werden. In dem Fall ergibt sich aus der Begründung der gerichtlichen Entscheidung, welche Beträge das Gericht für maßgeblich erachtet. Ändern sich diese wesentlich, kann auch eine Änderung des zu zahlenden Betrags verlangt werden.

Kommt es dagegen – mit oder ohne gerichtliches Verfahren – zu einer Einigung zwischen Unterhaltsverpflichteten und -berechtigten, ist auf den genauen Inhalt der Vereinbarung zu achten. Mitunter sind die Beteiligten am Ende ihrer Auseinandersetzungen einfach nur des Streitens müde und vereinbaren daher einen nicht abänderbaren zu zahlenden Betrag – und das kommt bei weitem nicht selten vor.

In diesem Fall ist es zu einer Risikovereinbarung gekommen. Denn wenn der zum Unterhalt Verpflichtete aus (un-)vorhersehbaren Gründen mehr Einkünfte erzielt, kann der Unterhaltsberechtigte keine Erhöhung des Unterhalts verlangen. Ebenso wenig kann der Unterhaltsverpflichtete geltend machen, er sei nach Abschluss der Vereinbarung wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, den vereinbarten Betrag zu bezahlen, und eine Herabsetzung begehren.

Das alles gilt zumindest dann, wenn die Umstände, die zu einer Herabsetzung oder Erhöhung des Unterhalts führen können, bei Abschluss der Vereinbarung bekannt bzw. latent vorhanden waren.

Hinweis: Unterhaltsvereinbarungen auszuhandeln, zu formulieren und abzuschließen sollte Rechtsanwälten vorbehalten bleiben. Sonst können ungeschickte Klauseln zu ungewollten und irreparablen Schäden führen.

Quelle: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.06.2015 – 6 UF 164/14
Thema: Familienrecht

Flugverspätung: Auch Arbeitgeber können Schadensersatzforderungen geltend machen

Kommt es zu einer Flugverspätung, ist häufig nicht nur der Fliegende geschädigt, sondern auch dessen Arbeitgeber.

In einem Fall ging es um einen öffentlichen Arbeitgeber aus Litauen. Zwei seiner Mitarbeiter hatten bei der Air Baltic einen Flug gebucht, der dann allerdings 14 Stunden Verspätung hatte. Dementsprechend verlängerte sich die Geschäftsreise – der Arbeitgeber musste seinen Mitarbeitern folglich zusätzliche Reisekosten und Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Es ging dabei um insgesamt 338 EUR, die der Arbeitgeber von der Air Baltic zurückverlangte. Schließlich musste der Europäische Gerichtshof über die Frage entscheiden. Und dieser war der Auffassung, dass vom Schutz der Verbraucherinteressen auch der Arbeitgeber eingeschlossen ist.

Hinweis: Auch ein Arbeitgeber kann also Schadensersatz verlangen. Allerdings gilt die Haftung nicht unbegrenzt. Die Fluggesellschaften müssen maximal jenen Betrag erstatten, den der reisende Arbeitnehmer verlangen könnte, würde er selbst die Forderung erheben.

Quelle: EuGH, Urt. v. 17.02.2016 – C-429/14
Thema: Sonstiges