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Nach Hassposting: Vor der fristlosen Kündigung steht die Interessenabwägung

Ein aus Polen stammender Arbeitnehmer, der seit 2001 bei seinem Arbeitgeber als Triebwagenführer beschäftigt war, hatte über seinen privaten Facebook-Account ein Bild geteilt, das ursprünglich auf einer polnischen Satireseite veröffentlicht war und das Eingangstor des Konzentrationslagers Auschwitz zeigte. Auf diesem Foto stand in polnischer Sprache der Text: „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“. Das Facebook-Nutzerkonto wurde zwar unter einem Pseudonym geführt, auf einem weiteren der veröffentlichten Fotos des entsprechenden Facebook-Profils war jedoch auch der Mitarbeiter zu erkennen – und das in Firmenkleidung, angelehnt an einen unternehmenseigenen Triebwagen. Der Arbeitnehmer gab dann auch zu, das Foto gepostet zu haben, bat aber darum, sein Handeln zu entschuldigen, und löschte das Foto daraufhin umgehend. Außerdem versprach er, nie wieder etwas Vergleichbares zu tun. Der Arbeitgeber kündigte ihm dennoch. Gegen die Kündigung wurde Kündigungsschutzklage eingereicht – mit Erfolg.

Rassistische oder menschenverachtende Äußerungen eines Arbeitnehmers können dann eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen, wenn sich aus ihnen schließen lässt, dass der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber beschäftigt ist und die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend sein kann. Dabei kann als wichtiger Grund neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Vorliegend reichte das Verhalten des Arbeitnehmers allerdings nicht für eine Kündigung. Der Arbeitgeber hätte zuvor eine Abmahnung aussprechen müssen. Im Rahmen der Interessenabwägung wog die 14-jährige Betriebszugehörigkeit schwerer als das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zudem hatte sich der Arbeitnehmer entschuldigt und eine Wiederholung ausgeschlossen.

Hinweis: Das Verhalten eines Arbeitnehmers nach der Kündigung – hier die Entschuldigung für sein Verhalten – kann also eine Kündigung unwirksam werden lassen.

Quelle: ArbG Mannheim, Urt. v. 19.02.2016 – 6 Ca 190/15
Thema: Arbeitsrecht

Elterliche Sorge: Das Recht des nichtehelichen Vaters am eigenen Kind

Kommt ein Kind unehelich zur Welt, haben nicht automatisch beide Elternteile das Sorgerecht. Geben sie keine entsprechenden Erklärungen ab, liegt das Sorgerecht vielmehr allein bei der Kindesmutter. Wie lässt sich das ändern?

Wichtig zu wissen ist: Kommt ein Kind zur Welt, dessen Mutter verheiratet ist, wird von Gesetzes wegen vermutet, dass ihr Ehegatte Vater des Kindes ist. Das Kind gilt deshalb als eheliches Kind der Ehegatten.

Ist das nicht der Fall, muss der Mann die Ehelichkeit anfechten. Dies kann er innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt tun, zu dem er von den die Zweifel an der Ehelichkeit des Kindes begründenden Umständen erfährt. Unternimmt er nichts, gilt das Kind weiterhin als ehelich und als sein Kind, selbst wenn offensichtlich und allen Beteiligten klar ist, dass er nicht der biologische Vater ist.

Will der nichteheliche Vater erreichen, dass er nicht nur als Vater des Kindes gilt, sondern auch Mitinhaber der elterlichen Sorge ist, muss er ebenfalls aktiv werden. Kooperiert die Kindesmutter dabei nicht, muss er ein gerichtliches Verfahren einleiten. Dabei gibt es die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens. Der Gesetzgeber will damit erreichen, dass der Kindesvater leichter Mitinhaber des Sorgerechts werden kann. In diesem vereinfachten Verfahren teilt der Vater dem Gericht seinen Wunsch mit, Mitinhaber der elterlichen Sorge zu werden, und erläutert, dass er der Vater des Kindes ist. Die Mutter wird aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Äußert sie sich nicht, wird ohne Gerichtstermin – daher „vereinfacht“ – der Vater zum Mitinhaber der elterlichen Sorge durch das Gericht ernannt.

Hinweis: Die Mutter, die nicht möchte, dass der Kindesvater an der elterlichen Sorge teilhat, muss ihrerseits aktiv werden, wenn der Vater einen entsprechenden Antrag stellt. Sie kann nicht einfach darauf vertrauen, dass es zu einer Verhandlung kommen wird, in der sie ihre Bedenken äußern kann.

Quelle: OLG Bremen, Beschl. v. 01.04.2015 – 4 UF 33/15
Thema: Familienrecht

Kassenpatienten aufgepasst!: Übernahmeanträge, die nicht binnen drei Wochen abgelehnt werden, gelten als genehmigt

Diese Entscheidung ist für jeden Patienten einer gesetzlichen Krankenkasse wichtig.

Ein gesetzlich versicherter Patient hatte bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Übernahme der Kosten für 25 psychotherapeutische Sitzungen als Langzeittherapie gestellt. Die Krankenkasse lehnte den Antrag erst nach knapp sechs Wochen ab, ohne den Antragsteller über die Einholung eines Gutachtens zu informieren. Der Mann zahlte die für die Sitzungen erforderlichen 2.200 EUR selbst und verlangte später deren Erstattung.

Das Bundessozialgericht gab dem Mann nun Recht, da sein Leistungsantrag als genehmigt galt. Die Krankenkasse hatte über den Antrag nicht binnen drei Wochen entschieden und für diesen Umstand keinerlei Gründe mitgeteilt. Die Leistung war auch noch erforderlich und der Mann hatte Art und Umfang der fingierten Genehmigung beachtet.

Hinweis: Erhalten Sie also von Ihrer Krankenkasse binnen drei Wochen keine Nachricht, gilt die Behandlung in aller Regel als genehmigt.

Quelle: BSG, Urt. v. 08.03.2016 – B 1 KR 25/15 R
Thema: Sonstiges

Finanzielle Notlage: Vorsicht vor dem Aussetzen von Mietzahlungen

Gerät der Mieter in eine finanzielle Notlage, muss der Vermieter darauf keine Rücksicht nehmen.

Ab Sommer 2014 zahlte ein Wohnungsmieter seine Miete nicht mehr. Er hatte bewusst über einen längeren Zeitraum von der Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht aus dem Mietvertrag – der Zahlung der vereinbarten Miete an die Vermieterin – abgesehen. Die Vermieterin kündigte dem Mieter daher fristlos. Dieser wehrte sich gegen die Kündigung mit der Begründung, dass er sich in einer besonderen persönlichen Belastungssituation befunden habe. Das reichte dem Landgericht Berlin allerdings nicht aus. Die außergewöhnliche persönliche Belastungssituation des Mieters war unerheblich.

Hinweis: Aus dem Mietverhältnis ergibt sich keine Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter Hilfestellung bei der Bewältigung seiner persönlichen Probleme zu leisten. Kommt die Miete nicht rechtzeitig, kann ein Kündigungsgrund vorliegen.

Quelle: LG Berlin, Beschl. v. 22.01.2016 – 65 S 442/15
Thema: Mietrecht

Ausschlagung der Erbschaft: Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung entscheidet über den Fristablauf

Ist eine Erbschaft überschuldet, kann es für die Erben finanziell vorteilhaft sein, sie auszuschlagen, um nicht für die Schulden haften zu müssen. Für eine solche Ausschlagung müssen jedoch grundsätzlich Fristen beachtet werden.

Ein Mann erfuhr erst durch den Bescheid des Finanzamts, dass er vor ungefähr 40 Jahren seine Tante beerbt hatte. Da der Nachlass überschuldet war, wollte er die Erbschaft nun ausschlagen.

Das Gericht musste entscheiden, ob eine Ausschlagung noch möglich war. Grundsätzlich muss die Ausschlagung innerhalb einer Frist von sechs Wochen erfolgen. Die Ausschlussfrist beginnt jedoch erst, wenn der Erbe vom Erbfall Kenntnis erlangt hat. In diesem Fall sprach nichts dafür, dass der Neffe bereits vorher Kenntnis über die Erbschaft erhalten hatte. Da der Mann in diesem Fall nicht im Haushalt des Erblassers gelebt hatte und als juristischer Laie nicht wissen musste, dass er auch als Neffe als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt, musste das Gericht davon ausgehen, dass er erst durch den Bescheid des Finanzamts von dem Erbfall erfahren hatte. Somit war seine Ausschlagung auch nach 40 Jahren durchaus noch rechtzeitig.

Hinweis: Durch eine Ausschlagung der Erbschaft werden alle Rechte an dem Erbe, aber auch alle damit verbundenen Pflichten aufgegeben. Die Ausschlagung kann zur Niederschrift gegenüber dem Nachlassgericht oder in öffentlich beglaubigter Form vor einem Notar fristgerecht erklärt werden. Die Frist beträgt grundsätzlich sechs Wochen und erweitert sich auf sechs Monate, sofern der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland gehabt hatte oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhält. Die Ausschlagungsfrist beginnt jedoch erst, wenn der Erbe Kenntnis von dem Erbfall erlangt hat, und nicht vor Eröffnung des Testaments. Wird die Erbschaft nicht fristgerecht ausgeschlagen, gilt sie als angenommen. Bestehen Unklarheiten darüber, ob der Nachlass überschuldet ist, sollte vor einer übereilten Ausschlagung über eine Nachlassverwaltung nachgedacht werden, mit der eine Haftungsbeschränkung des Erben erreicht werden kann.

Quelle: OLG Naumburg, Beschl. v. 11.04.2006 – 10 Wx 1/06
Thema: Erbrecht

Obliegenheitspflichten: Wann ist eine Schadensfallmeldung unverzüglich?

Ein Versicherungsnehmer begeht keine sogenannte Obliegenheitsverletzung, wenn er seiner Kaskoversicherung einen Wildunfall erst einen Tag nach dem Schadensereignis meldet.

Eine Pkw-Fahrerin kollidierte am 11.11.2012 mit einem die Straße überquerenden Wildschwein. Am 12.11.2012 meldete sie ihrer Kaskoversicherung den Schadensfall. Die Versicherung erklärte, dass ein Sachverständiger das Fahrzeug in Augenschein nehmen würde, um die Höhe des Schadens festzustellen. Die Besichtigung erfolgte am 15.11.2012. Auf Verlangen der Versicherung meldete die Geschädigte den Wildunfall am 20.11.2012 bei der Polizei. Die Versicherung lehnte eine Regulierung des Schadens letztendlich unter anderem mit der Begründung ab, dass ihr der Schadenfall erst verspätet gemeldet worden sei.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Kaiserslautern hat die Versicherungsnehmerin und Geschädigte nicht gegen Obliegenheitspflichten aus dem Versicherungsvertrag verstoßen, da sie den Versicherungsfall unverzüglich angezeigt hatte – denn „unverzüglich“ bedeutet im Versicherungsrecht nicht, dass der Versicherungsfall noch am selben Tag mitgeteilt werden muss. Einerseits gebietet schon das allgemeine Rechtsschutzinteresse, den Erklärungsgegner – also die Versicherung – nicht länger als unvermeidlich im Ungewissen zu lassen. Andererseits ist dem Versicherungsnehmer aber auch ein je nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessender Zeitraum zuzubilligen. Dass die Besichtigung des Fahrzeugs durch den Sachverständigen erst am 15.11.2012 erfolgte, kann nicht der Versicherungsnehmerin angelastet werden, da sie den Sachverständigen nicht beauftragt hat. Für die Frage einer rechtzeitigen Schadensmeldung ist im Übrigen ohne Bedeutung, dass der Vorfall der Polizei erst am 20.11.2012 gemeldet wurde.

Hinweis: Das Urteil zeigt, dass es nach Eintritt eines Versicherungsfalls extrem wichtig ist, sich die Versicherungsbedingungen anzusehen. Hieraus ergibt sich, welche Obliegenheiten den Versicherungsnehmer nach Eintritt eines Versicherungsfalls treffen. Werden diese Obliegenheiten nicht eingehalten, kann der Versicherungsschutz ganz oder zumindest teilweise entfallen.

Quelle: AG Kaiserslautern, Urt. v. 11.12.2015 – 4 C 575/13
Thema: Verkehrsrecht

Unzumutbares Arbeitsverhältnis: Ein Auflösungsantrag kann nach einer unwirksamen Kündigung die Lösung sein

Ist die Fortführung eines Arbeitsverhältnisses unzumutbar, kann ein Auflösungsantrag gestellt werden.

Im April 2015 hatte eine Arbeitgeberin schriftlich das Arbeitsverhältnis mit einem ihrer Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise fristgerecht zum Ende Juli gekündigt. Gegen die Kündigung klagte der Arbeitnehmer. Nachdem zuvor der Kündigungsschutzantrag schriftlich anerkannt worden war, erschien seitens der Arbeitgeberin niemand zum ersten Gerichtstermin. Das Arbeitsgericht erließ sodann ein Anerkenntnisurteil, mit dem feststand, dass das Arbeitsverhältnis durch das Kündigungsschreiben nicht aufgelöst worden war. Zugleich stellte der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag. Als die Arbeitgeberin dem Mitarbeiter Mitte November erneut fristlos kündigte, wehrte sich der Mann dann nicht mehr.

Das Arbeitsgericht urteilte nun im März 2016, dass dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei. Der hierzu gestellte Auflösungsantrag hatte sich nämlich nicht einfach dadurch erledigt, weil das Arbeitsverhältnis nach Antragstellung durch die erneute Kündigung sowieso geendet hätte. Entscheidend war vielmehr, dass das Arbeitsverhältnis zu dem bei einem Auflösungsantrag gesetzlich vorgeschriebenen Beendigungszeitpunkt – hier April – gemäß Anerkenntnisurteil noch bestanden hatte.

Wegen der Vorwürfe der Arbeitgeberin in einem vorangegangenen Verfahren – unter anderem wegen des Vorwurfs, dem Arbeitnehmer ginge es um die berufliche und gesellschaftliche Vernichtung seines Vorgesetzten – sowie mangels Begründung der unwirksamen fristlosen Kündigung konnte der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, dass das Arbeitsverhältnis unbelastet und fair fortgesetzt werden könne. Wegen dieser Unzumutbarkeit hat das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 17.04.2015 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 26.694 EUR aufgelöst.

Hinweis: Einen Auflösungsantrag kann sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber stellen.

Quelle: ArbG Solingen, Urt. v. 07.03.2016 – 3 Ca 530/15
Thema: Arbeitsrecht

Verweigerter Enkel: Großeltern kann nur nach ausführlicher Prüfung ein Umgangsrecht erteilt werden

Großeltern haben einen durchaus nachvollziehbaren Wunsch, ihre Enkel zu sehen. Was können sie tun, wenn ihnen dieser Kontakt verweigert wird?

Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass Großeltern ein Recht auf Umgang mit ihrem Enkel haben. Einzige Voraussetzung: Der Umgang muss dem Wohl des Kindes dienen. Natürlich werden diese behaupten, es diene dem Wohl des Kindes, wenn es Kontakt zu ihnen habe: Es lerne so seine eigene Abstammung kennen, und zudem können Opa und Oma ihm die Welt erklären. Diese allgemeinen Thesen sind allerdings laut Rechtsprechung nicht maßgeblich. Über die eigene Herkunft erfährt das Kind alles Erforderliche von den Eltern, und die Welt kann ihm auch jemand anders erklären.

Beim elterlichen Umgang wird gesetzlich vermutet, dass es dem Wohl des Kindes dient. Diese Vermutung gilt aber nicht für die Großeltern. Im Umgang mit ihnen muss vielmehr ausdrücklich geprüft und nachgewiesen werden, ob es tatsächlich dem Wohl des Kindes dient. Dabei geht es ausschließlich um den Blickwinkel des Kindes – nicht um den der Großeltern.

Es verwirrt auf den ersten Blick, dass ein Umgang mit den eigenen Großeltern dem Wohl des Kindes nicht entsprechen kann. Das kann aber durchaus der Fall sein. Befinden sich Kinder beispielsweise in der Obhut einer Pflegefamilie, da die Verhältnisse in der eigenen Familie zu kompliziert und verworren sind, kann der Kontakt zu den Großeltern das Kind durcheinanderbringen. In solchen Fällen ist entscheidend, in welchem Maß ein bisheriger Kontakt bestand. War dieser bislang regelmäßig, ist er auch in Zukunft regelmäßig aufrechtzuerhalten.

Hinweis: Das Umgangsrecht steht nur den leiblichen Großeltern zu. Angeheiratete Großeltern können es nicht für sich in Anspruch nehmen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 17.08.2015 – 7 WF 770/15
Thema: Familienrecht

Rücktritt von Onlinegeschäften: Für die Wirksamkeit eines Widerrufs ist nur die Frist entscheidend

Der Verbraucher darf einen im Internet geschlossenen Vertrag widerrufen.

Ein Kunde hatte im Internet zwei Matratzen gekauft, die mit einer „Tiefpreisgarantie“ angepriesen und nach dem Kauf geliefert und bezahlt wurden. Dann bat er unter Hinweis auf das günstigere Angebot eines anderen Matratzenhändlers um Erstattung des entsprechenden Differenzbetrags von 32,98 EUR. Im Fall der Erstattung würde er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehen. Als sich die Kaufvertragsparteien nicht einigen konnten, widerrief der Kunde den Kaufvertrag fristgerecht und schickte die Matratzen zurück. Nun war der Verkäufer der Ansicht, der Kunde habe sich rechtsmissbräuchlich verhalten – der Widerruf sei deshalb unwirksam. Falsch, denn der Käufer hat den Kaufvertrag wirksam widerrufen. Dem stand überhaupt nicht entgegen, dass es ihm zunächst nur darum ging, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit eines Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags reicht es aus, dass dieser fristgerecht erklärt wird.

Hinweis: Vorsicht! Viele Verbraucher vergessen, dass es ein gesetzliches Widerrufsrecht ausschließlich bei Fernabsatzverträgen – etwa bei Geschäftsabschlüssen via Internet – gibt. Wird im Laden gekauft, sieht das Gesetz kein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht vor.

Quelle: BGH, Urt. v. 16.03.2016 – VIII ZR 146/15
Thema: Sonstiges

Lebensrisiko statt Gefahrenlage: Der Sturz auf einer versandeten Garagenzufahrt ist nicht dem Vermieter anzulasten

Eine Frau hatte in einem Mehrfamilienhaus eine Wohnung gemietet. Zu der Wohnung gehörte auch eine Garage, die über eine etwa 30 m lange gepflasterte Zufahrt von der Straße aus erreichbar war. Laut Hausordnung erfolgte die Reinigung dieser Zufahrt wechselseitig durch alle Mieter nach Maßgabe einer vom Vermieter aufzustellenden Reinigungsordnung. Sodann geriet die Mieterin im Hofbereich unmittelbar vor ihrer Garage mit einem Fuß in eine versandete Vertiefung zwischen den Pflastersteinen der Zufahrt. Sie stürzte und zog sich Schürfwunden und Prellungen an beiden Händen zu. Sie erklärte, dass sich durch die Prellungen beide Daumensattelgelenke entzündet hätten, wodurch sie in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei.

Sie meinte nun, die Vermieterin habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Zustand der Garageneinfahrt sei mangelhaft gewesen und ein Reinigungsplan nicht aufgestellt worden. Deshalb verlangte sie Schmerzensgeld – allerdings ohne Erfolg. Zwar ist grundsätzlich der Eigentümer und Vermieter eines Grundstücks verkehrssicherungspflichtig. Dies bedeutet aber nicht, dass alle denkbaren, auch entfernteren Möglichkeiten eines Schadenseintritts bedacht werden müssen. Vorliegend lag keine Gefahrenlage vor; es hatte sich vielmehr ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht.

Hinweis: Eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, kann es nicht geben und ist praktisch nicht möglich.

Quelle: AG Coesfeld, Urt. v. 13.01.2016 – 11 C 169/15
Thema: Mietrecht