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Schlagwort: Kündigung

Kündigungsfrist: Eine Verlängerung zum Vorteil des Arbeitnehmers auf Probe ist rechtens

Häufig wird einem neuen Arbeitsverhältnis eine Probezeit vorangestellt. Aber wie genau sieht es dabei mit den exakten Kündigungsmodalitäten aus?

Das Kündigungsschutzgesetz greift nur,

  • wenn der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt und
  • wenn ein Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate besteht.

Bis zum Ablauf der sechs Monate gilt die sogenannte Wartezeit. Nach Ablauf dieser Wartezeit benötigt der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund – vorher nicht. Der Arbeitnehmer ist währenddessen nur vor einer sitten- oder treuwidrigen Kündigung gesetzlich geschützt. Nun wurde einem Arbeitnehmer innerhalb dieser Wartezeit gekündigt, allerdings nicht mit der gesetzlich kurzen Frist von zwei Wochen, sondern mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende. Dagegen klagte der Mitarbeiter. Er meinte, dass es sich bei der verlängerten Kündigungsfrist von drei Monaten um eine clever gedachte Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes handeln würde.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg war da jedoch anderer Ansicht und wies die Klage ab. Aber: Es lag nur deshalb keine Umgehung des Kündigungsschutzes vor, da in diesem Fall die Verlängerung der Kündigungsfrist im Interesse des Arbeitnehmers gelegen hatte. Denn dieser sollte die Chance erhalten, sich nochmals zu bewähren und für eine Weiterbeschäftigung zu empfehlen. Anders würde das wahrscheinlich aussehen, wenn nur eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitgeberinteresse vorliegt. Will sich ein Arbeitgeber eigentlich gar nicht vom Arbeitnehmer trennen, liegt ein treuwidriges Verhalten vor – und in der Tat eine rechtswidrige Umgehung des Kündigungsschutzes.

Hinweis: Der Arbeitgeber hat hier gewonnen, da er nachweisen konnte, dass er dem Arbeitnehmer noch eine Chance geben wollte, sich zu bewähren – und das lag eindeutig im Arbeitnehmerinteresse. Grundsätzlich sind Kündigungen innerhalb der Wartezeit mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist sehr problematisch und können dazu führen, dass eine Kündigung rechtswidrig ist.

Quelle: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 06.05.2015 – 4 Sa 94/14

Thema: Arbeitsrecht

Altersdiskriminierende Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.


Die am 20. Januar 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit dem 16. Dezember 1991 als Arzthelferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt überwiegend im Labor eingesetzt. Die Gesellschafter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. Mai 2013 zum 31. Dezember 2013 wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. 

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Beklagten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 % der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam. Die Beklagte hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, kann noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Zu: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 37/15

Rainer Tschersich – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Schlechter Plan: Kündigung nach Sitzstreik und Rundmail

Waghalsige Pläne gehen oft nicht auf und können zudem schneller zu einer Kündigung führen, als es Arbeitnehmern lieb ist. Das gilt auch dann, wenn sich ein Arbeitnehmer ungerecht behandelt fühlt und zur Durchsetzung seiner Vorstellungen zu ungewöhnlichen Mitteln greift – wie im folgenden Fall des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (LAG).

Eine seit 1992 beschäftigte Arbeitnehmerin wollte eine Vergütung als außertarifliche Angestellte erreichen. Dieses Ziel hatte sie in zahlreichen Gesprächen immer wieder angesprochen. Nachdem ihr Niederlassungsleiter die Forderung in einem weiteren Gespräch erneut zurückgewiesen und sie zum Verlassen des Raums aufgefordert hatte, erklärte sie, dass sie erst gehen werde, wenn ihre Forderung erfüllt sei. Vermittlungsversuche durch ihren Ehemann und den Betriebsrat waren erfolglos. Drei Stunden nach Beginn des Sitzstreiks verließ die Arbeitnehmerin dann unter Polizeibegleitung den Betrieb.

Zudem schrieb sie eine E-Mail an zahlreiche Empfänger mit dem Kommentar: „Wer solche Vorgesetzte hat, benötigt keine Feinde mehr.“ Für dieses Verhalten erhielt sie die fristlose sowie hilfsweise die ordentliche Kündigung unter Beachtung der Kündigungsfrist. Gegen die Kündigung klagte sie. Das LAG stellte zwar fest, dass die fristlose Kündigung nicht rechtens war – wohl aber die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung, da eine besonders schwere Pflichtverletzung vorlag.

Hinweis: Irrationales Verhalten ist kein guter Ratgeber. Die Durchsetzung von Ansprüchen sollte daher besser auf anderem Wege geschehen.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 06.05.2015 – 3 Sa 354/14

Thema: Arbeitsrecht

Nachbarschaftsdisput: Fristlose Kündigung nach brutalem Angriff gerechtfertigt

Leider gibt es auch in Mietshäusern immer häufiger Gewalt unter den Nachbarn. Wie der Vermieter in solchen Fällen reagieren kann, zeigt dieses Urteil des Amtsgerichts München (AG).

Ein Mieter schrie nachts im Mietshaus: „Ich will sterben, Hilfe, Hilfe!“ Ein herbeieilender Nachbar wurde von dem Lebensmüden jedoch am Hemd gepackt, gewürgt und geschlagen. Der Angegriffene erlitt Verletzungen im Gesicht sowie Kratzer am Oberkörper und konnte sich nur mit äußerster Not befreien. Einen weiteren Beteiligten packte der Wütende am Fuß und versuchte, diesen zu beißen. Nachdem der Angegriffene sich befreien konnte, ging der Mieter im Freien erneut auf die beiden Helfer los und schlug auf sie ein. Wegen dieses Vorfalls kündigte der Vermieter dem Mieter fristlos. Und das zu Recht, wie das AG urteilte. Obwohl es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt und der Mieter sich danach in stationäre Behandlung begeben hatte, war für den Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar.

Hinweis: Ein gewalttätiger Angriff auf einen Nachbarn rechtfertigt in aller Regel die außerordentliche Kündigung durch den Vermieter.

Quelle: AG München, Urt. v. 18.11.2014 – 425 C 16113/14

Thema: Mietrecht

Nach Kündigung: Urlaubskürzung wegen Elternzeit rückwirkend nicht möglich

Ist eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in Elternzeit, wird der Erholungsurlaub gekürzt. Anders sieht es allerdings aus, wenn das Arbeitsverhältnis endet.

Eine Arbeitnehmerin ging im Jahr 2010 in Elternzeit, bis das Arbeitsverhältnis am 15.05.2012 endete. Daraufhin verlangte sie die Abgeltung der gesamten Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Der Arbeitgeber lehnte das ab, da nach der gesetzlichen Regelung eine Kürzung des Erholungsurlaubs um jeden vollen Monat der Elternzeit grundsätzlich möglich ist. Allerdings hat der Arbeitgeber einen Fehler gemacht: Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte er die Kürzung des Erholungsurlaubs wegen der Elternzeit erklärt. Diese nachträgliche Kürzung war unwirksam. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist als reiner Geldanspruch genauso zu behandeln wie andere Zahlungsansprüche eines Arbeitnehmers auch.

Hinweis: Arbeitgeber müssen also während der Elternzeit und vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Kürzung der Urlaubsansprüche erklären. Sonst können sich Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Urlaub auszahlen lassen.

Quelle: BAG, Urt. v. 19.05.2015 – 9 AZR 725/13

Beratung und Vertretung im Vorfeld von Kündigungen

Beratung und Vertretung im Vorfeld von Kündigungen

Wir beraten und vertreten Unternehmen und Angestellte sowohl im Vorfeld einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrages bzw. Abwicklungsvertrages als auch im Anschluss, zum Beispiel bei Kündigungsschutzklagen.

Gemeinsam mit Ihnen ermitteln und besprechen wir die Chancen und Risiken einer Kündigungserklärung. Wir klären das rechtliche Umfeld und beraten Sie zu den Erfolgsaussichten möglicher Kündigungsgründe sowie zu den Einzelfragen der zu beachtenden sozialen Auswahl. Darüber hinaus überprüfen wir mit Ihnen etwa in Betracht kommende Tatbestände des Sonderkündigungsschutzes (zum Beispiel bei Schwerbehinderung, Mutterschutz, Elternzeit, Mitgliedschaft im Betriebsrat oder einer sonstigen Mitarbeitervertretung, tarifliche Unkündbarkeit usw.) sowie die Einhaltung der weiteren Formalien (zum Beispiel ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung) und bereiten diese sowie entsprechende Erklärungen hierzu vor.

Viele Kündigungen scheitern schon deshalb, weil vermeidbare formale oder inhaltliche Fehler im Vorfeld des Ausspruchs der Kündigung begangen worden sind. Unsere spezialisierten Rechtsanwälte und Fachanwälte überprüfen das gesamte rechtliche Umfeld vor Ausspruch einer Kündigung und entwickeln gemeinsam mit Ihnen optimale Strategien, um Ihnen in einem etwa anschließenden Kündigungsschutzprozess eine komfortable Rechtsposition zu verschaffen.

Rainer Tschersich

Rainer Tschersich

T. 0202-38902-12

Arbeitsrecht
  • Rechtsanwalt Peter Kania

    Peter Kania

  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

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