Wer weiß, wie empfindlich Gerichte reagieren, wenn Anbieter Verbrauchern eine Pistole auf die Brust setzen, wird über den Ausgang des folgenden Falls nicht überrascht sein. Hier war das Landgericht München I (LG) gefragt, wie es den Umstand einschätzt, dass Verbraucher noch während des Beratungstelefonats eine parallel eingegangene E-Mail bestätigen sollen.
Könnte eine „Mini Rostbratwurst“ versehentlich für eine „Nürnberger Rostbratwurst“ gehalten werden? Das Landgericht München (LG) musste auf Betreiben eines Vereins von Herstellern, die in Nürnberg Würste mit der entsprechenden „geschützten geografischen Angabe“ produzieren, prüfen, ob es verbraucherseitig zu derartigen Verwechslungen kommen könnte.
Eine EU-Verordnung sieht vor, dass geschützte geografische Angaben bei der Vermarktung von Produkten nur verwendet werden dürfen, wenn sie tatsächlich aus der entsprechenden Region stammen. Ein Verein von Würstchenherstellern, die in Nürnberg Würste mit einer solchen entsprechenden geographischen Angabe produzieren, klagte nun gegen einen anderen bayerischen Wursthersteller, der eben nicht in Nürnberg, sondern in Niederbayern ansässig ist. Und eben dieser Hersteller verkaufte seine Würste mit der Bezeichnung „Mini Rostbratwürstchen“. Zu viel für den Nürnberger Verein. Dieser sah auch ohne den Verweis auf Nürnberg eine Verwechslungsgefahr mit seinen Nürnberger Würstchen.
Das LG schaute daraufhin genauer hin und wies die Klage dann schließlich ab. Es sah schlichtweg keine Verwechslungsgefahr. Der Verbraucher werde nach seiner Ansicht auch nicht in die Irre geführt. Es sei auf dem Markt eine Vielzahl von Würsten vergleichbarer Größe und Form erhältlich – und das ohne unterscheidungskräftige Eigenschaften. Auch die Bezeichnung selbst führe nicht dazu, dass eine Verwechslungsgefahr vorlag.
Hinweis: Nur wo wirklich „Nürnberger Rostbratwurst“ draufsteht, darf man diese auch zu Recht erwarten. Das heißt für den Verbraucher aber noch lange nicht, dass andere kleine Rostbratwürstchen nicht trotzdem schmecken.
Quelle: LG München I, Urt. v. 13.06.2024 – 33 O 4023/23
Wer hoch hinaus will, muss damit rechnen, tief zu fallen. Im folgenden Fall waren die beiden Beteiligten, die an einer Bergbezwingung scheiterten, immerhin so klug, Hilfe zu holen, bevor sie gesundheitlich zu Schaden kamen. Da jedoch auch fast 8.500 EUR als Rechnungsbetrag für die Bergrettung durchaus schmerzten, trafen sich beide vor dem Landgericht München I (LG) wieder, das die Frage zu beantworten hatte, wer die dafür entstandenen Kosten zahlen muss.
Gerade die allgemeinen Geschäftsbedingungen, das sogenannte „Kleingedruckte“, sind juristisch häufig sorgfältig zu prüfen. So auch in diesem Fall einer Kindertagesstätte, den das Landgericht München I (LG) zu entscheiden hatte. Hier wollte ein Kindertagesstättenbetreiber Geld von einem Elternpaar, obwohl deren Kinder dort gar nicht betreut wurden. Das Gericht schaute genauer auf die betreffende Vertragsklausel und war schnell im Bilde.
Kein Unternehmen lässt seine Kunden gern ziehen. Ihnen deshalb aber das Verlassen so schwierig zu gestalten, wie es der Pay-TV-Dienstleister im folgenden Fall tat, ist nicht anzuraten. Denn bei einer erneuten Zuwiderhandlung drohen Gerichte wie das Landgericht München I (LG) mit empfindlichen Ordnungsgeldern und ersatzweiser Ordnungshaft.
Maßnahmen müssen sich immer als verhältnismäßig erweisen, wenn man sich durch sie unliebsamer Umstände entledigen möchte. Das Landgericht München I (LG) musste sich im Folgenden mit der Frage beschäftigen, ob es einer Parkplatzmieterin erlaubt sei, ein unberechtigt auf ihrem Stellplatz abgestelltes Kraftfahrzeug entfernen zu lassen, obwohl sie den angemieteten Platz selbst aktuell gar nicht nutze.
Pfandleiher können bei vorübergehender Geldknappheit Linderung verschaffen. Ob jedoch Verträge über den Kauf eines Fahrzeugs und die anschließende Vermietung an den Verkäufer – „Cash & Drive“ genannt – mit den verbraucherschützenden Vorschriften der Pfandleihverordnung vereinbar sind, musste im folgenden Fall das Landgericht München I (LG) überprüfen.
Als mit der Coronapandemie das kulturelle Leben per Vollbremsung zum Stillstand kam, standen mit der Masse an Veranstaltungsabsagen die Ticketbesitzer vor den Konzertkassen und verlangten ihr Geld zurück. Dabei rückte die Frage in den Fokus, warum eigentlich Vorverkaufsgebühren einer führenden Anbieterin einbehalten werden dürften. Das Landgericht München I (LG) musste auf Betreiben eines Verbraucherschutzverbandes hierzu eine Antwort finden.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Tickethändlerin war die Erstattung der Vorverkaufsgebühren bei Absage oder Verlegung von Veranstaltungen ausgeschlossen. Das sollte unabhängig von der Vertragsbeziehung gelten – also sowohl bei einer reinen Vermittlungsleistung als auch beim Verkauf in Kommission.
Dagegen ist das LG aber zu der Auffassung gekommen, dass die Vertragsklausel unwirksam sei. Denn zumindest in jenen Fällen, in denen die Tickethändlerin die Tickets auf Kommissionsbasis vertreibt, benachteiligte die Klausel den Kunden entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise. Da sie unterschiedslos für alle ausgeübten Geschäftsarten gelten sollte, war die Klausel insgesamt und damit auch bei ihrer Verwendung im Rahmen der Eigenveranstaltungen und des Vermittlungsgeschäfts unwirksam.
Hinweis: Das LG rügte zudem, dass die Klausel außerdem intransparent sei. Weil die Höhe der Vorverkaufsgebühr beim Abschluss des Ticketkaufvertrags oftmals nicht separat ausgewiesen werde, könne der Kunde sein wirtschaftliches Risiko gar nicht einschätzen, das sich aus dem angeordneten Ausschluss einer Rückzahlung ergebe.
Quelle: LG München I, Urt. v. 09.06.2021 – 37 O 5667/20
In den letzten Jahren mussten in Wohnungen Rauchmelder (bis zum Stichtag 31.12.2020) installiert werden. Doch was mit der Umlage der anfallenden Wartungskosten ist, schien bislang immer noch nicht wirklich klar zu sein. Das Landgericht München I (LG) hat sich des Themas nach einer Klage nun angenommen und Klarheit geschaffen, wie diese Aufwendungen korrekt in die Betriebskosten zu integrieren sind.
Im Mietvertrag dieses Falls stand die häufig genutzte Formulierung: „Werden öffentliche Grundstückabgaben neu eingeführt oder entstehen umlagefähige Betriebskosten nach der Berechnungsverordnung neu, so können diese Kosten vom Vermieter im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften umgelegt und angemessene Vorauszahlungen festgesetzt werden.“ Nun rechnete der Vermieter über die Betriebskosten ab und verlangte eine Nachzahlung. Darin waren auch etwas mehr als 16 EUR für die Wartung der Rauchmelder enthalten. Das wollte die Mieterin jedoch nichts zahlen, denn sie war der Auffassung, dass die Kosten für die Wartung der Rauchwarnmelder mangels vertraglicher Vereinbarung nicht umgelegt werden können. Schließlich klagte der Vermieter unter anderem die 16 EUR ein – vergeblich.
Die Umlage von „sonstigen Betriebskosten“, die nach Mietvertragsabschluss neu entstanden und im Mietvertrag nicht im Einzelnen benannt sind, erfordert laut LG in jedem Fall eine entsprechende Erklärung des Vermieters gegenüber dem Mieter. In der Erklärung muss der Grund für die Umlage bezeichnend erläutert werden. Und genau das war hier für die Wartungskosten der Rauchwarnmelder nicht erfolgt.
Hinweis: Wenn der Vermieter also alles richtig macht und eine entsprechende Erklärung abgibt, können Kosten für die Wartung von Rauchmeldern auf die Mieter umgelegt werden.
Quelle: LG München I, Urt. v. 15.04.2021 – 31 S 6492/20
Der Kampf um Gleichbehandlung ist für Menschen mit Behinderungen oftmals eine Schlacht an allen Fronten. Denn diese Welt ist nunmal von Menschen gemacht, die auf die Lebensumstände von Betroffenen zumeist nur von außen schauen. Dass jedoch nicht gleich jede gefühlte Ungleichbehandlung einer Diskriminierung im rechtlichen Sinne gleichkommt, zeigt der folgende Fall des Landgerichts München I (LG).
Ein fast zu 100 % erblindeter Mann, der Inhaber eines Schwerbehindertenausweises der Kategorie B war, buchte zwei Tickets für sich und seine Begleitperson für ein Fußballspiel über das Onlineportal einer Stiftung. Bei der Onlinebuchung musste er für das Ticket seiner Begleitperson 16,50 EUR entrichten, die er zunächst auch beglich, dann jedoch von dem Fußballverein zurückforderte. Schließlich verlangte er wegen einer Diskriminierung zudem Schmerzensgeld. Er meinte, dass der Verein Rollstuhlfahrer und Sehbeeinträchtigte nicht gleichbehandele. Während Rollstuhlfahrer für ihre Begleitperson ein Ticket für den Besuch eines Fußballspiels gratis erhalten könnten, habe er als Sehbehinderter für seine Begleitperson 16,50 EUR bezahlen müssen. Nun verlangte er knapp 2.000 EUR Schmerzensgeld, der Verein erstattete dem Mann jedoch lediglich die 16,50 EUR für das Ticket.
Das LG wies die Klage ab. Denn der Verein behandelte tatsächlich alle Begleitpersonen von Inhabern eines Behindertenausweises der Kategorie B gleich ohne Unterschied in der Art der Beeinträchtigung. Freikarten für Begleiter gäbe der Verein generell aber nur aus, wenn sie direkt bei der Geschäftsstelle des Vereins online oder analog bestellt werden und ein dort hinterlegtes Maximalkontingent noch nicht erschöpft sei. Diese Regelung für Freikarten gelte unterschiedslos für jede Person, die Inhaber eines Schwerbehindertenausweises der Kategorie B sei. Die bestehenden Einschränkungen – nach Buchungsart und Kontingent – seien nicht diskriminierend.
Hinweis: In diesem Fall hat der Fußballfan Pech gehabt. Eine Diskriminierung schied aus. Trotzdem sind eine ganze Reihe von Diskriminierungsklagen erfolgreich. Bei Fragen steht die Rechtskraft Ihres Vertrauens sicherlich zur Verfügung.
Quelle: LG München I, Urt. v. 05.11.2020 – 11 O 10306/20