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Schlagwort: OLG Celle

Abflammen bei Windstärke 5: Grobe Fahrlässigkeit bei der Unkrautbeseitigung kann im Schadensfall empfindliche Folgen haben

Zur Gartenarbeit gehört zum Unmut der meisten Gärtner auch das leidige Entfernen von Unkraut. Das Problem, dass diese ungewollten Pflanzen auch abseits von Wiesen und Beeten hartnäckig wuchern, wollte ein findiger Hauseigentümer auf ganz legere Weise lösen – und landete damit vor dem Oberlandesgericht Celle (OLG).

Der Mann wollte eine gepflasterte Fläche vor seinem Grundstück von Unkraut befreien und wies seinen Auszubildenen an, mit einem Gasbrenner das Unkraut zu vernichten. Er selbst folgte dem Azubi und bearbeitete das Pflaster anschließend mit einem Hochdruckreiniger. Da das Ganze allerdings an einem recht windigen Tag mit Windstärke 5 geschah, geriet nicht nur eine Hecke durch den Funkenflug in Brand – das Feuer griff sogar auf das Wohngebäude über, so dass ein Schaden von 150.000 EUR entstand. Dieses Geld wollte der Hauseigentümer nun von seiner Gebäudeversicherung erhalten. Diese kürzte jedoch die Versicherungsleistungen um 30 %, da ihrer Ansicht nach eine grob fahrlässige Herbeiführung des Feuers vorläge. Dagegen klagte der Hausbesitzer und verlangte die volle Schadenssumme.

Das OLG teilte allerdings die Auffassung des Versicherers und wies den Kläger darauf hin, dass er mit der Höhe der Kürzung noch zufrieden sein kann. Denn nach Ansicht des Gerichts wäre sogar ein Abzug von 40 % möglich gewesen, da der Mann seine erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hatte.

Hinweis: Das Abflammen von Unkraut mit einem Gasbrenner ist bei windigem Wetter grob fahrlässig. Im Schadensfall kann eine Versicherung die Leistungen daher empfindlich kürzen.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 09.11.2018 – 8 U 203/17

zum Thema: Sonstiges

Kollision mit Radrennfahrer: Fußgänger haben auch auf kombinierten Geh- und Radwegen ihre Sorgfaltspflichten zu beachten

Dass sich ein Fußgänger vor dem Überqueren einer Fahrbahn gewissenhaft davon zu überzeugen hat, diese gefahrlos betreten zu können, sollte allein aus Sicherheitsgründen selbstverständlich sein. Wie es sich mit dieser Sorgfaltspflicht verhält, wenn man einen kombinierten Geh- und Radweg betritt, klärt die folgende Entscheidung des Landgerichts Lüneburg (LG), die das Oberlandesgericht Celle (OLG) in zweiter Instanz bestätigte – zumindest vorerst.

Vor dem Grundstück des Geschädigten verläuft ein kombinierter Geh- und Radweg. Just in dem Moment, in dem der Mann aus seinem von Hecken umfassten Grundstück heraustrat, war gerade ein Rennradfahrer einer Joggerin nach rechts ausgewichen. Bei dem folgenden Zusammenstoß haben sich sowohl der Geschädigte als auch der Rennradfahrer verletzt. Über die genaueren Umstände des Unfallhergangs kam es zwischen den beiden Verletzten zum Streit. Der Geschädigte sah die Schuld folglich beim Rennradfahrer. Dieser habe seiner Ansicht nach die Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen, indem er mit einem Abstand von weniger als einem Meter zu der Hecke auf dem kombinierten Geh- und Radweg gefahren sei. Außerdem sei er schneller als 20 km/h gefahren und habe damit den Zusammenstoß verursacht.

Das erstinstanzlich zuständige LG sah die alleinige Schuld beim Geschädigten und nahm auch kein Mitverschulden des Rennradfahrers an. Die Berufung des Geschädigten vor dem OLG blieb ohne Erfolg. Dem Geschädigten ist es nach Auffassung der Richter nicht gelungen, den ihm obliegenden Beweis für ein Verschulden des Rennradfahrers zu führen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Rennradfahrer wesentlich schneller als 20 km/h und damit unangemessen schnell gefahren ist. Feststellbar war auch nicht, dass der Rennradfahrer in einem so geringen Abstand zu der das Grundstück einfassenden Hecke gefahren war, mit dem der Geschädigte beim Betreten des Geh-/Radwegs nicht habe rechnen müssen. Dagegen ist dieser seinen eigenen Angaben zufolge auf den Geh-/Radweg getreten und dem Rennradfahrer unmittelbar vor dessen Rad gelaufen – und das, ohne zuvor vorsichtig geschaut zu haben, ob sich Radfahrer seiner durch die Hecke sehr schlecht einsehbaren Grundstückseinfahrt näherten. Er hätte sich vergewissern müssen, ob der Weg gefahrlos für sich und andere betreten werden kann. Da er dies unterlassen hatte, trug der Mann an dem Zusammenstoß die alleinige Schuld.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG Celle ist nicht rechtskräftig. Der Senat hatte die Revision nicht zugelassen, aber der Kläger hat eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt, über die dort zu entscheiden ist.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 20.11.2018 – 14 U 102/18

Thema: Verkehrsrecht

Psychisch kranke Mutter: Auch bei Fremdunterbringung des Kindes gelten Regeln bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts

Das Gesetz regelt nicht, was genau einem Elternteil an Umgang mit seinem Kind zusteht, das nicht bei ihm lebt. Bei getrenntlebenden und/oder geschiedenen Eltern gibt es übliche Regelungen, die sich durch die Gerichtspraxis ergeben haben. Was aber passiert, wenn ein Kind fremd untergebracht ist – etwa in einer Pflegefamilie -, das war Thema des folgendes Falls des Oberlandesgerichts Celle (OLG).

Eine Kindesmutter war chronisch psychisch erkrankt. Sie litt an einer gemischt schizoaffektiven Störung und hatte keine genügende Einsicht in ihre Erkrankung; ihre Gedanken drehten sich um ihre eigene Situation. Ein Betreuer war bestellt, und die elterliche Sorge über ihre einjährige Tochter war ihr entzogen. Das Kind, dessen Vater unbekannt war, lebte bei einer Pflegefamilie, der Aufenthaltsort des Kindes war der Mutter nicht bekannt, doch einmal im Monat hatte sie begleiteten Umgang mit ihrem Kind. Nun verlangte die Frau mehr Umgang.

Das OLG erklärte es für völlig unangemessen, und dass es sogar verfassungsrechtlich bedenklich sei, der Mutter nur einmal im Monat Umgang mit dem Kind zu gewähren. Es sei individuell zu prüfen, wie es gerade um die Mutter gesundheitlich stehe. Solange sie stabil sei und sich nicht in einem das Kindeswohl gefährdenden Zustand befindet, muss ihr mehr Umgang eingeräumt werden. Zwar kommt in der konkreten Situation nur begleiteter Umgang in Betracht und auch keiner mit Übernachtung, aber selbst bei einer Fremdunterbringung des Kindes muss sich der Umgang im Ansatz dem Umfang nach daran messen, was sonst an Umgang zu gewähren sei – und das ist in aller Regel ein Umgang alle 14 Tage an den Wochenenden und in der Hälfte der Ferien.

Hinweis: Die elterliche Sorge und der Umgang werden von den Gerichten sehr ernst genommen. Werden sie eingeschränkt, lohnt sich oft der Gang zum Anwalt.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 08.10.2018 – 10 UF 91/18

Thema: Familienrecht

Grenzen des Ehevertrags: Betreuungsunterhalt kann ehevertraglich zumeist nicht auf das Existenzminimum beschränkt werden

Eheverträge wirksam abzuschließen, ist eine heikle Aufgabe – vor allem, wenn es um Unterhaltsvereinbarungen geht. Immer wieder sind solche Verträge von der Rechtsprechung zu überprüfen. Ebenso regelmäßig werden sie „gekippt“ – wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Celle (OLG).

Der bei Eheschließung 31 Jahre alte Mann und die zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alte Frau schlossen kurz vor der Heirat einen Ehevertrag. Dabei vereinbarten sie unter anderem, dass im Fall von Trennung und Scheidung nur dann ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt bestünde, wenn ein Fall der Not vorliege. Ein solcher Fall sei dann gegeben, wenn einem Ehegatten nicht einmal das Existenzminimum laut Düsseldorfer Tabelle (Selbstbehalt) zur Verfügung stünde. Geschuldet sei dann als Unterhalt dieser Selbstbehalt abzüglich des eigenen Einkommens. Nach der Eheschließung im Juli 2001 kamen 2004 und 2006 zwei Kinder zur Welt, 2016 erfolgte dann die Trennung und 2017 stellte der Mann den Scheidungsantrag. Die Frage war nun: Kann die Frau wegen der Betreuung der Kinder Unterhalt verlangen?

Das OLG bejahte die Frage. Zwar können Ehegatten die Folgen von Trennung und Scheidung vertraglich regeln, das aber nur beschränkt. Gerade beim Unterhalt hat die Rechtsprechung hier nämlich Grenzen gesetzt. Und eine dieser Grenzen betrifft die Vereinbarung zum Unterhalt, die den betreuenden Elternteil nicht ohne weiteres auf ein Sozialhilfeniveau zurückwerfen darf. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ehegatten bei Vertragsabschluss einen Kinderwunsch hatten, jedenfalls dann nicht, wenn sie zu dieser Zeit in einem Alter sind, in dem sie Kinder bekommen können. Nur in Ausnahmefällen kann eine solche Unterhaltsvereinbarung wirksam sein, und zwar wenn der Unterhaltsverzicht anderweitig hinreichend kompensiert wird (z.B. durch eine großzügigere Regelung zum Zugewinnausgleich). Das war hier aber nicht der Fall.

Hinweis: Unterhaltsvereinbarungen wirksam abzuschließen ist eine komplexe Aufgabe. Dazu sollte in jedem Fall fachmännischer Rat eingeholt werden.
 
 

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 13.09.2018 – 17 UF 28/18

Thema: Familienrecht

Eigenverantwortung von Fahrgästen: Kein Schadensersatz nach einem Sturz bei typischen und zu erwartenden Bewegungen eines Busses

Immer wieder passiert es: Ein Fahrgast stürzt beim Anfahren eines Linienbusses und klagt daraufhin auf Schadensersatz, da er der Meinung ist, dass der Busfahrer hier seine Sorgfaltspflicht verletzt hat. So auch in diesem Fall, den das Oberlandesgericht Celle (OLG) zu bewerten hatte.

Doch auch hier hat das OLG die Schadensersatzansprüche des Fahrgasts abgelehnt. Denn der Gestürzte konnte nicht nachweisen, dass sich der Busfahrer nicht verkehrsgerecht verhalten hatte. Es ist in solchen Fällen anerkannt, dass der Fahrer eines Linienbusses nicht verpflichtet ist, seine Fahrgäste dahingehend zu beobachten, ob diese einen Sitzplatz eingenommen oder festen Halt erlangt haben. Vielmehr ist sich der Fahrgast einer Straßenbahn oder eines Linienbusses grundsätzlich selbst überlassen – er ist verpflichtet, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen. Weiterhin gilt, dass der Fahrer eines fahrplangebundenen Linienbusses darauf vertrauen darf, dass die Fahrgäste dieser Verpflichtung nachkommen. Dies gilt insbesondere auch vor bzw. bei dem Anfahren von einer Haltestelle, bei der der Busfahrer seine Aufmerksamkeit insbesondere auf den vor ihm liegenden Verkehrsraum und die übrigen Verkehrsteilnehmer richten muss. Auch hier liegt es allein in der Verantwortung des Fahrgasts, für einen sicheren Halt zu sorgen, um nicht bei typischen oder zu erwartenden Bewegungen des Busses zu Fall zu kommen.

Hinweis: Die Entscheidung entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung. Eine Ausnahme von den dargelegten Grundsätzen besteht nur dann, wenn der zusteigende Fahrgast eine erkennbare schwere Behinderung (z.B. Beinamputation, Erblindung) hat, so dass sich dem Busfahrer geradezu aufdrängen muss, dass dieser ohne besondere Rücksichtnahme gefährdet sein kann.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 26.06.2018 – 14 U 70/18

Thema: Verkehrsrecht

Paritätisches Wechselmodell: Auch bei der Kindergeldzahlung zählen in erster Hinsicht Kindeswohlgesichtspunkte

Kindergeld wird gesetzlich geregelt immer nur an einen Elternteil ausbezahlt. Den Anspruch darauf hat der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt. Wie sich diese Regel beim paritätischen Wechselmodell verhält, in dem die Kinder hälftig beim einen und hälftig beim anderen Elternteil leben, zeigt die folgende Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle.

In dem Fall lebten die Kinder seit der Trennung ihrer Eltern je hälftig bei der Mutter und beim Vater. Kein Elternteil zahlte dem anderen Kindesunterhalt, sondern jeder versorgte die Kinder und übernahm auch alle Zahlungen während der Zeit, in der die Kinder bei ihm waren. In Sachen Kindergeld konnten sich die Eltern jedoch nicht so einfach einigen: Der Mann machte geltend, das Kindergeld sei ihm auszubezahlen, weil die beiden Eltern zwar in etwa gleich hohe Einkünfte hätten, er aber wirtschaftlich mehr für die Kinder leiste, das heißt, per saldo mehr zahle.

Dennoch entschied das Gericht, dass das Kindergeld an die Kindesmutter auszuzahlen ist – es bestimmte sie also zur Kindergeldbezugsberechtigten. Nach der maßgeblichen Regelung aus dem Einkommensteuergesetz ist die Entscheidung eine Ermessensentscheidung. Bei der Ermessensentscheidung stellte das Gericht nicht darauf ab, welcher Elternteil die höhere wirtschaftliche Belastung für die Kinder trage. Vielmehr ist hier entscheidend, welcher Elternteil die größere Gewähr dafür bietet, dass das Kindergeld auch tatsächlich zum Wohl des Kindes eingesetzt werde. Beim Vater unterstellte das Gericht aufgrund seines Verhaltens, dass er sich mehr unter Bezug auf seine formale Position als unter Kindeswohlgesichtspunkten um den Kindergeldbezug streite. Entscheidend bezog sich das Gericht dann aber vor allem darauf, dass bereits in der Zeit des ehelichen Zusammenlebens die Frau das Kindergeld erhalten hatte, der Mann danach nur wenige Monate. Aus Gründen der Kontinuität steht das Kindergeld deshalb der Frau zu.

Hinweis: Seit dem 01.01.2018 kann Kindergeld rückwirkend nur für maximal sechs Monate verlangt werden. Wenn wegen des Streits um den Kindergeldbezug kein Kindergeld bis zu dessen Beilegung ausbezahlt wird, sollte der Streit also rasch beendet werden. 
  
  

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 25.05.2018 – 19 UF 24/18

Thema: Familienrecht

Wechselbezügliche Verfügungen: Witwe darf nach dem Tod des Mannes trotz gemeinschaftlichen Testaments ein eigenes errichten

Ein gemeinschaftliches Testament bindet die (Ehe-)Partner grundsätzlich auch nach dem Tod einer der Partner, so dass der Längerlebende nicht mehr frei über das Vermögen verfügen kann. Dies gilt jedoch nur für wechselbezügliche Verfügungen – also solche, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre und nach dem Willen beider Erblasser miteinander stehen und eben fallen sollen.

Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem es sich gegenseitig zu Erben einsetzte und regelte, dass „der Längerlebende berechtigt (ist), die Schlusserbfolge zu bestimmen“. Nach dem Tod ihres Mannes errichtete die Frau dann ein eigenes, entsprechend einseitiges Testament. Dessen Wirksamkeit zweifelten die Erben jedoch an.

Das Gericht entschied, dass die Bindungswirkung wechselbezüglicher Verfügungen nicht zur Aufhebung oder Minderung der Testierfähigkeit, sondern bloß zur Beschränkung der Testierfreiheit führt und nicht die formelle Nichtigkeit späterer einseitiger Verfügungen zur Folge hat. Eine spätere einseitige Verfügung ist nur insoweit unwirksam, als sie in Widerspruch zu einer wechselbezüglichen Verfügung steht. Hier war die wechselbezügliche Verfügung jedoch durch den Tod des Ehemannes gegenstandslos geworden, da er sie nicht mehr beerben konnte. Nach dem Tod ihres Ehemannes war die Frau somit nicht mehr an ihre zu seinen Gunsten getroffene Erbeinsetzung aus dem gemeinschaftlichen Testament gebunden und konnte ein eigenes Testament errichten.

Hinweis: In diesem Fall enthielt das gemeinschaftliche Testament nur Regelungen für den ersten Erbfall, so dass der überlebende Ehegatte die Erbfolge nach dem Tod des Partners frei in einem neuen Testament bestimmen konnte. Häufig enthalten solche Testamente jedoch auch Regelungen für die Zeit nach dem Tod des zweiten Partners. Dann muss genau geprüft werden, inwieweit die Regelungen wechselbezüglich sind und welchen Entscheidungsspielraum der Längerlebende dann noch hat.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 26.02.2018 – 6 W 4/18

Thema: Erbrecht

Zeitaufwand der Nachlasspflege: Die Pauschalvergütung nach Prozentualwert des Nachlasses ist kein alleiniges Abrechnungsprinzip

Eine Nachlasspflegschaft wird vom Gericht zur Sicherung des Nachlasses angeordnet, sobald Erben etwa unbekannt sind oder einem Nachlassgläubiger wirtschaftlicher Schaden droht, weil er seine Forderung gegen den Nachlass aufgrund der ungeklärten Erbenstellung nicht durchsetzen kann. Inwieweit und in welcher Höhe Nachlasspfleger dafür eine Vergütung erhalten, ist dabei immer wieder Streitpunkt in Gerichtsverfahren.


Das Oberlandesgericht Celle (OLG) entschied hierzu nun, dass die Vergütung eines berufsmäßigen Nachlasspflegers selbst bei werthaltigen Nachlässen grundsätzlich nach Zeitaufwand und angemessenem Stundensatz und nicht (nur) pauschal nach einem bestimmten Prozentsatz des Aktivnachlasses abzurechnen ist. Das OLG stellte hierbei zudem klar, dass ein Stundensatz von 120 EUR zu hoch angesetzt ist, da selbst einem als Sachverständigen tätigen Arzt, der ein langjähriges Hochschulstudium absolviert hat, maximal 100 EUR als Stundenhonorar zugebilligt werden können. Sofern der Nachlasspfleger nicht Rechtsanwalt ist und keine außergewöhnlich schwierige Sache vorliegt, ist nach Auffassung des Gerichts ein Stundensatz in Höhe des doppelten Betrags der gesetzlichen Vergütung eines Vormunds – also 67 EUR – angemessen.

Hinweis: Nach den gesetzlichen Regelungen bekommen ehrenamtliche Pfleger grundsätzlich nur Aufwendungsersatz und Aufwandsentschädigung, wohingegen ein berufsmäßiger Nachlasspfleger eine Vergütung erhält. Dazu muss zunächst festgestellt werden, ob der Nachlass mittellos oder vermögend ist. Vermögend ist ein Nachlass, sobald er über hinreichende Mittel zur Bezahlung einer Vergütung für den Nachlasspfleger verfügt – selbst wenn die Vergütung den Nachlass (fast) aufbraucht. Bei mittellosen Nachlässen erhält der Nachlasspfleger hingegen eine festgelegte Vergütung aus der Staatskasse. Der Stundensatz richtet sich dann nach den Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach Umfang und Schwierigkeit der Sache. Die genaue Höhe ist in der Rechtsprechung umstritten und kann, je nach Gericht, zwischen 30 EUR und 130 EUR schwanken.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 18.01.2018 – 6 W 211/17

Thema: Erbrecht

Teures Kuckuckskind: Scheinväter können rechtliche Väter zum Unterhaltsaufwand in Regress nehmen

Wird ein Kind ehelich geboren, gilt der Ehemann der Mutter von Gesetzes wegen als Vater des Kindes. Und natürlich sagt die Lebenserfahrung, dass diese rechtliche Annahme der Wirklichkeit nicht immer entspricht. Stellt sich für einen Mann irgendwann heraus, dass er nur scheinbar der Vater ist – ein sogenannter Scheinvater -, fragt er sich vielleicht, ob und wie er beim wirklichen, rechtlichen Vater Ersatz für seine Aufwendungen verlangen kann.

Das Oberlandesgericht Celle (OLG) hatte sich mit dieser Frage in einem Fall zu beschäftigen, in dem 1972 die Eheschließung erfolgte und 1975 der vermeintlich gemeinsame Sohn zur Welt kam. Die Ehe wurde 1988 geschieden und Ende 2014 tauchten schließlich Zweifel an der Vaterschaft auf. 2015 wurde dann auch gerichtlich festgestellt, dass der seinerzeit mit der Mutter verheiratete Mann nicht der Vater des Kindes ist, in einem weiteren Verfahren 2016 dann der wahre Kindesvater ermittelt. Nun wollte der Scheinvater vom rechtlichen Vater seinen Unterhaltsaufwand der vergangenen Jahrzehnte ersetzt haben.

Dass der rechtliche Vater bisher nichts davon wusste, dieses Kind zu haben, spielte für das Gericht keine Rolle. Auch ohne dieses Wissen könne die Zahlungspflicht bestehen. Verjährt war der Anspruch auch nicht. Denn eine Verjährungsfrist laufe erst ab dem Moment, da rechtskräftig über die Anfechtung der Vaterschaft entschieden sei. Zwei Punkte waren außerdem bedeutsam: Der Scheinvater muss zum einen im Einzelnen dartun und beweisen, in welcher Höhe er im maßgeblichen Zeitraum Unterhalt zu zahlen hatte. Zum anderen muss er darlegen, was er tatsächlich bezahlt hat. Auf der anderen Seite muss dann der rechtliche Vater seine Leistungsfähigkeit für den maßgeblichen Zeitraum darlegen und nachweisen – im Zweifelsfall auch, dass er nicht jedenfalls den Mindestunterhalt hätte zahlen können. Dieses Prozedere scheiterte schon an der Bereitschaft des Scheinvaters, dem all das wegen des langen Zeitraums eine zu immense Arbeit gewesen wäre. Seinen Wunsch, einfacherweise zu pauschalisieren, verweigerte das OLG. Und so verlor der Mann den Prozess.

Hinweis: Wenn sich der Scheinvater die Mühe macht und ermittelt, welcher Mindestunterhalt nach den einschlägigen Tabellen im maßgeblichen Zeitraum zu zahlen war, ist sein Verfahren im Zweifel erfolgreich.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 07.07.2017 – 21 UF 53/17

zum Thema: Familienrecht

Mithaftung trotz Vorfahrt: Wer draufhält, statt angemessen zu reagieren, trägt nach einer Kollision die Schuld zur Hälfte

Konnte der Vorfahrtberechtigte die Kollisionsgefahr frühzeitig erkennen und hatte er hinreichend Zeit, sein Fahrzeug vor der Kollision zum Stehen zu bringen oder auszuweichen, ist von einer hälftigen Haftungsquote auszugehen.

Eine Autofahrerin fuhr in eine Hauptstraße, obwohl sich von links ein vorfahrtberechtigtes Fahrzeug näherte. Dann stand sie mit ihrem Heck quer auf der Fahrbahn, wobei das Heck ihres Fahrzeugs erheblich in die Fahrbahn des Vorfahrtberechtigten hineinragte. Hierbei kam es zwischen beiden zur Kollision.

Obwohl eindeutig eine Vorfahrtsverletzung vorlag, hat das Oberlandesgericht Celle hier eine Schadensverteilung von 50 : 50 vorgenommen. Die Wartepflichtige hat natürlich gegen ihre Pflicht verstoßen, beim Einfahren in die Fahrbahn die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Indem sie quer auf der Fahrbahn stand, nachdem sie in die Straße hineingefahren war und damit ein Hindernis darstellte, obwohl sich aus ihrer Sicht von links der Vorfahrtberechtigte näherte, stand das schon einmal fest. Doch eben dieser Vorfahrtsberechtigte hätte die Kollisionsgefahr frühzeitig erkennen können und ausreichend Gelegenheit dazu gehabt, auf die teilweise Blockierung der von ihm befahrenen Fahrspur zu reagieren. Er hätte sein Fahrzeug abbremsen oder leichte Ausweichbewegung nach rechts ausführen und somit die Kollision seinerseits verhindern können. Das Gericht bewertet daher beide Verschuldensanteile gleichwertig.

Hinweis: Grundsätzlich spricht der Beweis des ersten Anscheins für das alleinige Verschulden des Wartepflichtigen bei der Kollision mit dem Vorfahrtberechtigten. Im vorliegenden Fall hat das Gericht allerdings darauf abgestellt, dass den Vorfahrtberechtigten ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls trifft, da er schlicht nicht reagiert hat, obwohl es ihm möglich gewesen wäre.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 19.12.2017 – 14 U 50/17

Thema: Verkehrsrecht