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Schlagwort: Schmerzensgeld

Anscheinsbeweis: Kollision zweier Motorradfahrer im Gegenverkehr

Vollzieht ein Motorradfahrer beim Durchfahren einer Kurve deutlich jenseits der gedachten Fahrbahnmitte eine Vollbremsung, so dass es auf der Gegenfahrbahn mit einem seinerseits in Fahrbahnmitte fahrenden Motorrad zu einer Kollision kommt, spricht gegen ihn der Beweis des ersten Anscheins.

Auf einer Landstraße ist es zu einer Kollision zweier Motorradfahrer gekommen. Wie sich der Unfall im Einzelnen ereignet hat, war zwischen den Motorradfahrern streitig. Der geschädigte Motorradfahrer, der von dem Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherung Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangte, konnte sich seinerseits an das Unfallgeschehen nicht mehr erinnern.

Das Oberlandesgericht Hamm hat dem geschädigten Motorradfahrer lediglich Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 25 % zugesprochen. Das Gericht ist aufgrund eines Sachverständigengutachtens davon überzeugt, dass der Unfall überwiegend durch den anspruchstellenden Motorradfahrer verursacht wurde. Danach ist davon auszugehen, dass sich die Kollision der beiden Motorräder aus Sicht des anspruchstellenden Motorradfahrers auf der Gegenfahrbahn ereignet hat. Wenn wie hier ein Kradfahrer in einer Rechtskurve zu weit nach links getragen wird, dabei bereits deutlich jenseits der gedachten Fahrbahnmitte eine Vollbremsung vollzieht und letztlich auf der Gegenfahrbahn mit einem seinerseits im Bereich der Fahrspurmitte fahrenden Motorrad kollidiert, lässt dies typischerweise nur auf einen Fahrfehler des seine Fahrspur verlassenden Motorradfahrers schließen. Aufgrund der Betriebsgefahr – also der generellen Gefahr, die der Betrieb eines Motorrads mit sich bringt – war jedoch auch eine Mithaftung des entgegenkommenden Motorradfahrers nicht zu verneinen.

Hinweis: Mit dem Beweis des ersten Anscheins (klassisches Beispiel: Auffahrunfall) kann ein Prozess entschieden werden, wenn unfallneutrale Zeugen oder andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen. Von einem Anscheinsbeweis ist immer dann auszugehen, wenn eine typische Eigenart des zu beweisenden Geschehensablaufs vorliegt.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2015 – I-9 U 131/14

Thema: Verkehrsrecht

Einvernehmlichkeit: Keine Haftung bei Unfällen nach Motorradfahrten in Kolonne

Fahren Motorradfahrer in Kolonne ohne Sicherheitsabstand und in wechselnder Reihenfolge, führt dies bei einem Unfall zu einem Haftungsausschluss.

Eine aus vier Personen bestehende Motorradgruppe befuhr eine Landstraße. Der an erster Stelle der Kolonne fahrende Motorradfahrer kollidierte in einer Kurve mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Der an zweiter Stelle Fahrende stürzte, der Motorradfahrer hinter ihm kam ebenfalls zu Fall und verletzte hierbei den Vorausfahrenden.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt besteht keine Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld, da die Haftung wegen eines Haftungsverzichts ausgeschlossen ist. Die Motorradfahrer waren in einer Gruppe ohne feste Reihenfolge gefahren und hatten den erforderlichen Sicherheitsabstand einvernehmlich nicht eingehalten. Die Motorradfahrer sind deshalb gemeinsam ein besonderes Risiko eingegangen, um das entsprechende Gruppenfahrgefühl zu erreichen. Alle nahmen somit billigend in Kauf, dass entweder sie selbst oder die hinter ihnen Fahrenden bei einer Unfallsituation nicht ausreichend bremsen können und es zu Schädigungen anderer Teilnehmer kommen kann. Ein Anspruch auf Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn jeder Teilnehmer bei getauschten Positionen ebenso wie der geschädigte Anspruchsteller in die Lage hätte kommen können.

Hinweis: Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential, bei denen typischerweise auch bei regelkonformem Verhalten die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, die Inanspruchnahme des Schädigers für Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen sind, die er ohne gewichtige Regelverletzung verursacht.

Quelle: OLG Frankfurt, Urt. v. 18.08.2015 – 22 U 39/14
Thema: Verkehrsrecht