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Autor: Knofy68

Keine Kurzarbeit „auf null“: Arbeitgeber dürfen den Urlaubsanspruch ihrer Arbeitnehmer nicht anteilig kürzen

Wie mit Urlaub von Arbeitnehmern während der Kurzarbeit umzugehen ist, wird wohl noch viele Gerichte beschäftigen. Im Folgenden war es am Arbeitsgericht Osnabrück (ArbG) zu entscheiden, was mit dem Urlaubsanspruch jener Arbeitnehmer geschieht, die während der Kurzarbeit ihre Arbeitsleistung nicht vollends einstellen mussten.

Der Arbeitnehmer verlangte die Gutschrift von Urlaubstagen, die ihm für Zeiten von Kurzarbeit im Verhältnis zu seinen Jahresarbeitstagen durch den Arbeitgeber anteilig gekürzt worden waren. Die an einzelnen Tagen durchgeführte Kurzarbeit war nicht auf „null“ reduziert worden, was bedeutet hätte, dass die Arbeitspflicht komplett entfallen wäre. Und da dies in diesem Fall nicht vorlag, klagte der Arbeitnehmer sein Recht ein – mit Erfolg.

Denn Arbeitgeber sind in Augen des ArbG bei der Kurzarbeit nicht berechtigt, den Erholungsurlaub der hiervon betroffenen Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „null“ vorliegt. Es besteht keine vergleichbare Gesetzeslage zum Teilzeitrecht oder sonstigen andauernden Unterbrechungen der gegenseitigen Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis, wie bei einem „Sabbatical“.

Hinweis: Das Gericht hat die Möglichkeit der Berufung zugelassen. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Entscheidung richtig sein könnte. Im Zweifel sollten Arbeitnehmer Ansprüche geltend machen.

Quelle: ArbG Osnabrück, Urt. v. 08.06.2021 – 3 Ca 108/21

Bestehende Hygienekonzepte: Gerichtstermine mit Beschleunigungsgebot können nicht mehr wegen COVID-19 verschoben werden

Seit März 2020 hat die Covid-19-Pandemie auch die Gerichte fest im Griff. Termine wurden abgesagt, was in Familiensachen besonders dramatisch ist, wenn es um das Sorge- oder Umgangsrecht geht und ein Elternteil in der Zwischenzeit vielleicht gar keinen Kontakt zum Kind hat. Dass die Pandemie daher nicht (mehr) pauschal als Absagegrund gelten darf, verdeutlicht das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) in seiner folgenden Entscheidung.

Zwar gibt es im Familienverfahrensrecht ein „Beschleunigungsgebot“, das vorsieht, dass die Gerichte Kindschaftsverfahren binnen eines Monats terminieren müssen. Allerdings meinte ein Amtsgericht (AG) im April 2020, dass die Maßnahmen zur Verhinderung der raschen Verbreitung des Coronavirus bei der Abwägung Vorrang vor dem Beschleunigungsgebot haben, und ließ die Termine trotzdem ausfallen. Ein Jahr später besteht aber allseits eine gewisse Gewöhnung an das Virus und die Umstände, die es macht – es gibt Hygienemaßnahmen, Tests und Masken. Gerade Schulkinder sind all dies gewöhnt.

Deshalb gab das OLG im April 2021 einem Antragsteller Recht: Die Durchführung einer Gerichtsverhandlung sei auch ohne Gesundheitsgefahren möglich. Gerade in eiligen Familiensachen dürfe das AG die Termine nicht mehr mit der Begründung „Corona“ ausfallen lassen oder weit verschieben.

Hinweis: An den meisten Gerichten haben Trennwände in den Verhandlungssälen Einzug gehalten und das Verhandeln mit Maske ist Normalität geworden. Vereinzelt heben Amtsrichter allerdings immer noch Termine auf bzw. vertagen sie um mehrere Monate. Hiergegen ist Beschwerde beim OLG möglich.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 08.04.2021 – 13 WF 38/21

Quarantäneanordnung rechtens: Diskobesuch bleibt trotz Kontaktnachverfolgungsapp riskant

Vieles ist gelockert, aber noch lange ist nicht alles wie zuvor. Wer derzeit in eine Diskothek gehen will, muss sich vorher gut überlegen, welche Folgen diese Unbeschwertheit immer noch haben kann. Einen weiteren Corona-„Fall“ musste nun das Verwaltungsgericht Hannover (VG) behandeln, bei dem es um die angeordnete Quarantäne ging.

Ein weder geimpfter noch genesener 18-Jähriger besuchte ausweislich der Check-in-Daten der Luca-App in der Nacht vom 09. auf den 10.07.2021 eine Diskothek in Hannover. Dort hielt sich jedoch auch eine mit dem Coronavirus infizierte Person auf. Es kam zu sehr engem Kontakt zwischen vielen unterschiedlichen Menschen in der Disko. Die mit dem Coronavirus infizierte Person hatte sich in verschiedenen Bereichen bewegt, so dass keine genaue Eingrenzung des potentiellen Infektionsgeschehens vorgenommen werden konnte. Wo genau sich der 18-Jährige aufgehalten hatte, war nicht bekannt. Deshalb wurde der junge Mann wie weitere 1.115 Besucher durch die Gesundheitsbehörde in häusliche Quarantäne geschickt. Dagegen klagte er und bat das Gericht um vorläufigen Rechtsschutz – vergeblich.

Nach Aktenlage musste davon ausgegangen werden, dass der 18-Jährige sich zeitgleich mit der infizierten Person in den Räumlichkeiten der Diskothek aufgehalten hatte. Der gleichzeitige Aufenthalt im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole für mehr als zehn Minuten begründet nach den Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts und damit auch nach Ansicht des VG unabhängig vom Abstand und Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ein erhöhtes Infektionsrisiko.

Hinweis: Gegen die Entscheidung ist noch ein Rechtsmittel möglich. Wer derzeit eine Diskothek besucht, sollte möglichst stets mit den gleichen Personen zusammenstehen und sich nicht völlig sorglos in dem Gebäude aufhalten. So bestehen bessere Chancen, die unerwünschte Quarantäne zu umgehen.

Quelle: VG Hannover, Beschl. v. 23.07.2021 – 15 B 4604/21

Ob pflicht- oder privatversichert: BGH erklärt Reservierungsgebühr für Pflegeheimplatz für unzulässig

Pflegeplätze sind nach wie vor rar. Das wissen vor allem die Heimbetreiber, die daher immer häufiger zum Mittel einer langfristigen Reservierung greifen. Dass dies allerdings nicht ganz so einfach ist, wie es sich der eine oder andere vorstellt, zeigt dieser Fall des Bundesgerichtshofs (BGH).

Eine pflegebedürftige und inzwischen verstorbene Frau sollte in ein Pflegeheim. Ein Vertrag wurde mit Wirkung zum 15.02.2016 abgeschlossen, doch tatsächlich eingezogen ist die Frau erst am 29.02.2016. Der Pflegevertrag sah vor, dass die Bewohnerin vom Vertragsbeginn bis zum Einzugstermin eine Platzgebühr in Höhe von 75 % der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie des Umlagebetrags nach der Altenpflegeausbildungsausgleichsverordnung zu entrichten habe. Dementsprechend wurde der privat pflegeversicherten Frau für den Zeitraum vom 15. bis zum 28.02.2016 eine entsprechende Gebühr von 1.130 EUR in Rechnung gestellt und bezahlt. Der Sohn verlangte nun nach dem Tod seiner Mutter diesen Betrag zurück. Seiner Meinung nach sei die Vereinbarung unwirksam.

Das sah der BGH genauso. Die Vereinbarung einer Platz-/Reservierungsgebühr für die Zeit vor dem tatsächlichen Einzug des Pflegebedürftigen in ein Pflegeheim ist auch gegenüber Privatversicherten unzulässig.

Hinweis: Es lohnt sich, das Kleingedruckte in Verträgen von einem Fachmann begutachten zu lassen. Ein solcher Fachmann ist in der Regel ein Rechtsanwalt.

Quelle: BGH, Urt. v. 15.07.2021 – III ZR 225/20

Der mittellose Nachlass: Der Bundesgerichtshof spricht ein Machtwort zur Vergütung des Nachlasspflegers

Wer erbt, sollte beachten, dass auch die Vergütung eines eventuell eingeschalteten Nachlasspflegers von Bedeutung ist. Denn dessen Vergütungsanspruch ist grundsätzlich aus dem Nachlass zu bezahlen. Da unter den Oberlandesgerichten bislang aber umstritten war, wie die Vergütung des Nachlasspflegers zu berechnen ist, wenn der Nachlass selbst dafür nicht vollständig ausreicht, musste der Bundesgerichtshof (BGH) ran.

Bislang wurde unter anderem vertreten, dass der Nachlasspfleger insgesamt nur eine geringere Vergütung nach den Regelungen für die Vergütung von Vormündern und Betreuern verlangen könne. Andere Gerichte waren der Ansicht, dass durch den Nachlasspfleger jedenfalls bis zur Höhe des vorhandenen Vermögens eine nach dem Aufwand höhere Vergütung verlangt werden könne, und nur bezüglich des übersteigenden Aufwands eine reduzierte Vergütung nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz.

In dieser rechtlichen Diskussion hat der BGH nunmehr eine abschließende Entscheidung dahingehend getroffen, dass eine aufgeteilte Abrechnung zulässig ist. Soweit der Nachlass zur Deckung des Vergütungsanspruchs ausreicht, darf der Nachlasspfleger eine höhere Vergütung abrechnen. Nur für den darüber hinausgehenden Aufwand muss er sich auf die geringere Vergütung nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz beschränken.

Hinweis: Die Höhe der Vergütung, soweit die Vermögensmasse ausreichend ist, ist abhängig vom Umfang und der Schwierigkeit der Angelegenheit.

Quelle: BGH, Beschl. v. 29.06.2021 – IV ZB 16/20

Einfädeln von der Beschleunigungsspur: Wer den fließenden Verkehr gefährdet oder behindert, trägt im Schadensfall die Hauptlast

Die Angst des Autofahrers vor dem Einfädeln in eine Autobahnspur kommt jener des Torwarts vor dem Elfmeter oftmals gleich. Nicht ganz zu unrecht, wie der folgende Fall des Oberlandesgerichts Celle (OLG) zeigt, bei dem es bei einem solchen Vorgang zu einer Kollision mit einem bereits rechts fahrenden Lkw kam.

Der Kläger wollte sich mit seinem Fahrzeug via Beschleunigungsspur auf eine zweispurige Bundesautobahn einfädeln. Doch dem Plan „stand“ ein auf der rechten Fahrspur fahrender Lkw entgegen, mit dem der Mann mit seinem Pkw in der Folge kollidierte. Daraufhin begehrte der Mann Schadensersatz und landete mit seinem Wunsch vor dem OLG.

Doch nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger lediglich Anspruch auf Erstattung seines Schadens von 25 %. Die überwiegende Haftung trifft den Kläger nämlich selbst, weil der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn Vorfahrt hat – und genau dazu gehören Beschleunigungsstreifen eben nicht. Auf die Beachtung dieser Regelung darf der Benutzer der durchgehenden Fahrbahn auch vertrauen. Der einfahrende Verkehr ist daher wartepflichtig und darf nur so einfahren, dass er den durchgehenden Verkehr nicht gefährdet oder behindert. Der Kläger hatte den Unfall dadurch verursacht, dass er trotz des erkennbaren Risikos, von dem Beklagten übersehen zu werden, auf dessen rechte Fahrspur eingefahren ist, ohne Blickkontakt zum Lkw-Fahrer aufzunehmen bzw. sich ansonsten sicher gewesen zu sein, wahrgenommen worden zu sein. Der Lkw hat seinerseits allerdings wegen Bauart und Größe eine erhöhte Betriebsgefahr inne, die sich aufgrund der dadurch resultierenden Sichtbeschränkung auch konkret ausgewirkt hat und hier mit 25 % bewertet wurde.

Hinweis: Alle Einfahrenden müssen sich mit größter Sorgfalt eingliedern. Wenn es in dieser Situation zu einem Zusammenstoß zwischen einem die durchgehende Fahrbahn benutzenden Kraftfahrzeug und einem einfädelnden Verkehrsteilnehmer kommt, spricht für das Verschulden des Einfädelnden grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 23.06.2021 – 14 U 186/20

Unternehmerisches Risiko: Wer Mitarbeiter in ein Coronarisikogebiet schickt, erhält keine quarantänebedingte Entschädigung

Das Infektionsschutzgesetz regelt, dass der Staat Menschen in der Pandemie unter Quarantäne nehmen kann.  Aufgrund des Ausfalls von Arbeitslohn und fehlendem Umsatz bei Selbständigen zahlt er Entschädigungen. Doch wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer in ein Risikogebiet schickt, sieht das Ganze laut folgendem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (VG) anders aus.

Ein Maschinenbauunternehmen hatte einen angestellten Servicemonteur zu einem Kunden nach Österreich geschickt. Zu diesem Zeitpunkt war Österreich jedoch bereits als Coronarisikogebiet eingestuft. Deshalb musste sich der Monteur nach seiner Rückkehr nach Deutschland 14 Tagen in die häusliche Quarantäne begeben. Während der Zeit zahlte der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weiter, wollte es sich jedoch später vom Staat zurückholen. Das ist grundsätzlich nach dem Infektionsschutzgesetz möglich. Als das Land Baden-Württemberg den Betrag nicht überwies, klagte das Unternehmen – vergeblich.

Das VG konnte keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz erkennen. Denn nach Meinung der Richter sei die Dienstreise nach Österreich vermeidbar gewesen, da es sich nicht um ein außergewöhnliches Ereignis gehandelt habe. Das Unternehmen hatte daher jene Entgeltfortzahlung geleistet, zu der es arbeitsvertraglich verpflichtet war. Der Arbeitsausfall fiel zudem in dessen Risikosphäre und war nicht von dem Servicemonteur verschuldet worden. Denn dieser hatte ja lediglich eine Weisung seines Arbeitgebers zur Vornahme einer Dienstreise in das Risikogebiet Österreich befolgt.

Hinweis: Vielen Arbeitgebern droht es also, in entsprechenden Fällen auf den Kosten sitzen zu bleiben. Behörden werden nach diesem Urteil nicht so leicht Entschädigungszahlungen freigeben.

Quelle: VG Karlsruhe, Urt. v. 30.06.2021 – 9 K 67/21

Getrenntleben unter einem Dach: Es gilt nicht als Trennung, wenn sich der Kinder wegen nach außen hin nichts ändert

Schon vor einer Scheidung können Zugewinnansprüche geltend gemacht werden, allerdings muss man dafür mehr als drei Jahre getrennt leben. Im Rahmen eines solchen Verfahrens musste das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) sich mit einer „Trennung unter einem Dach“ befassen.

Am 06.05.2017 führten die Eheleute ein Streitgespräch über ihre Vermögensverhältnisse. Ein paar Tage später schrieb die Frau dem Mann, dass sie wegen seiner Haltung in diesem Streitgespräch ihre Liebesbeziehung für beendet erkläre. Sie sei aber zur Aufrechterhaltung einer Partnerschaft im Interesse der gemeinsamen Kinder bereit. Außerdem äußerte sie den Wunsch nach einer Familientherapie. So lebten die Eheleute weiterhin zusammen, fuhren mit den Kindern in Sommerurlaub, besuchten ein Konzert gemeinsam. Sie feierten Weihnachten und Silvester 2017 wie immer, die Kinder wussten von nichts. Getrennte Schlafzimmer hatten die beiden Eheleute sowieso bereits seit Jahren. Am 06.01.2018 teilte der Mann den gemeinsamen Kindern in Anwesenheit der Frau seinen Trennungs- und Scheidungswunsch mit. Die Frage war klar: Erfolgte die Trennung im Mai 2017 oder erst im Januar 2018? Dazu verwies der Mann darauf, dass er seit Mai 2017 seine Wäsche selbst gewaschen habe.

Weder Amtsgericht noch OLG genügte das – beide erkannten den Beginn der Trennung erst im Januar 2018, weil die Trennung durch das Gespräch mit den Kindern dann auch nach außen getreten sei. Allein die Mitteilung der Frau, die Liebesbeziehung zu beenden, könne nicht als Trennung im Rechtssinne gewertet werden, zumal sie zugleich einen gemeinsamen Therapiewunsch äußerte – das klang nach einem Interesse an der Aufrechterhaltung der Ehe. Das OLG erklärte die hohen Anforderungen an ein Getrenntleben unter einem Dach. Es müsse hierfür ein Höchstmaß an räumlicher Trennung nachgewiesen werden. Nur Räume, die zwangsläufig beiderseits zu nutzen sind (wie die einzige Küche), dürfen noch gemeinsam genutzt werden. Gewisse familiäre Gemeinsamkeiten dürfen im Interesse der gemeinsamen Kinder aufrechterhalten werden, also gelegentliche gemeinsame Mahlzeiten. Wenn sich aber – um gegenüber den Kindern den Schein der intakten Ehe aufrechtzuerhalten – äußerlich gar nichts ändert, gilt das nicht als Getrenntleben.

Hinweis: Das genaue Datum der Trennung ist nicht nur für den vorzeitigen Zugewinnausgleich interessant, sondern auch für die Auskunftspflicht zum Trennungsvermögen – und natürlich für die Einreichung des Scheidungsantrags. Die Eheleute können auch kein beliebiges Datum „vereinbaren“ oder die Trennungszeit einvernehmlich verkürzen. Es ist am Familiengericht, die Fakten objektiv auszuwerten.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.05.2021  – 13 UF 16/21

Coronabedingte Reiseabsage: Gutscheinregelung gilt nur mit Zustimmung des Reisenden

Die Pandemie hat so einige Planungen über Bord geworfen – s o natürlich auch des Deutschen liebstes Kind, die Reisepläne. Wurde nun also eine Reise coronabedingt abgesagt, stellt sich die Frage, ob und wie bezahlte Reisepreise zurückerstattet werden müssen. Das Landgericht Freiburg (LG) weiß Antwort.

Eine vor dem 08.03.2020 gebuchte dreiwöchige Pauschalreise nach Namibia im Frühjahr 2020 wurde pandemiebedingt abgesagt. Die Kunden hatten hierfür bereits eine Anzahlung von knapp 5.000 EUR geleistet. Der Reiseveranstalter teilte mit der Absage mit, dass eine Rückzahlung der Anzahlung nicht erfolge, jedoch eine kostenlose Umbuchung oder ein Gutschein angeboten würde. Das wollte sich die Kunden nicht gefallen lassen und klagten die Rückzahlung der Anzahlung ein.

Das Angebot des Reiseveranstalters auf Erteilung eines Reisegutscheins statt einer Erstattung der Anzahlung hatte die Kundin nicht angenommen. Dies führe laut LG aber gerade nicht zum Wegfall des Erstattungsanspruchs aus § 651h Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch, da der Reisende (gemäß Art. 240 § 6 Abs. 1 Satz 3 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) die Wahl hat, ob er das Angebot des Reiseveranstalters annimmt oder sein Recht auf Rückerstattung des Reisepreises ausübt. Somit stand den Kunden ein solcher Anspruch zu. Sie mussten sich nicht auf den angebotenen Gutschein einlassen, sondern hatten Anspruch auf Erstattung der Anzahlung.

Hinweis: Durch die Pandemielage wurden viele Gesetze geändert und angepasst. Wie die aktuelle Rechtslage genau ausschaut, erfahren Sie bei Ihrem Rechtsanwalt.

Quelle: LG Freiburg, Urt. v. 25.03.2021 – 3 S 138/20

Vertragsabschluss durch Dritte: Ist eine Maklertätigkeit kausal für den Vertragsabschluss, muss sie auch bezahlt werden

In Maklerverträgen geht es naturgemäß um viel Geld, was wird insbesondere bei Verträgen über einen Immobilienkauf deutlich wird. Wer aber meint, dass die Immobilienbranche prinzipell mit unlauteren Mitteln arbeitet, sei gewarnt. Denn ein unterschriebener Vertrag ist ein Fakt, den auch ein Gericht wie das Landgericht Frankfurt am Main nicht ohne weiteres über den Haufen werfen kann.

Im hier behandelten Maklervertrag stand folgende Klausel: „Kommt es zum Vertragsabschluss, schuldet der Interessent/Käufer/Mieter die o.g. Provision auch dann, wenn ein Dritter den Vertragsabschluss erwirkt.“ Ein notarieller Termin wurde gemacht und ein Grundstück verkauft, und naturgemäß verlangte der Makler dafür seinen Lohn von über 30.000 EUR. Der Käufer zahlte jedoch nicht, und letztendlich wurde das Grundstück versteigert. Trotzdem klagte der Makler seinen Lohn ein.

Und der Bundesgerichtshof gab ihm Recht. Denn die Maklerklausel war nach Ansicht der Richter schlicht und ergreifend rechtmäßig und beinhaltete keine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Selbst wenn die Klausel nicht rechtmäßig gewesen wäre, würde das bedeuten, dass (gemäß § 306 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) die sogenannte Rechtsfolge eintreten würde und der Inhalt des Vertrags sich alleine nach den gesetzlichen Vorschriften richten würde. Somit hätte der Makler selbst dann einen Anspruch auf sein Geld gehabt, wenn der seitens des Beklagten bemängelte Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ungültig gewesen wäre.

Hinweis: Es kann immer wieder vorkommen, dass der Vertrag mit einem Makler unwirksam ist. Das hat natürlich erhebliche Konsequenzen für die Bezahlung. Im Zweifel kann ein Rechtsanwalt eine Prüfung der allgemeinen Vertragsbedingungen vornehmen.

Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.04.2021 – 2-07 O 214/20