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Autor: Knofy68

Streik der Fluglotsen: Außergewöhnliche Umstände befreien Airlines von der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung

Die Stärkung der Fluggastrechte lässt oftmals den Glauben zu, es käme nach Flugverspätungen stets zu entsprechenden Entschädigungszahlungen. Doch weit gefehlt – nicht immer kann einer Airline die Verspätung zugerechnet werden. Ein genau solcher Fall landete kürzlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

Drei Urlauber wollten von Kos zurück nach Frankfurt am Main. Der Flug sollte planmäßig um 08:25 Uhr starten und um 11:50 Uhr in Frankfurt ankommen. Der tatsächliche Start erfolgte um 18:50 Uhr, die Ankunft um 21:55 Uhr. Deshalb verlangten die Urlauber 1.200 EUR als Ausgleichszahlung.

Für die Urteilsfindung wichtig waren dem BGH hierbei die Hintergründe für die Verspätungen. Die Airline wollte ein Flugzeug einsetzen, das am Tag zuvor von Frankfurt nach Teneriffa und zurückgeflogen war. Aufgrund eines Generalstreiks in Frankreich verzögerte sich dieser Flug jedoch. Deshalb stand die Maschine nicht für den Flug nach Kos bereit. Die Airline verwendete deshalb ein anderes Flugzeug, das jedoch aufgrund eines vorherigen Flugs erst um 18 Uhr auf Kos landete. Als die Airline sich weigerte, die 1.200 EUR zu bezahlen, klagten die Urlauber – vergeblich.

Der BGH urteilte, dass ein Streik einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, der ein Luftverkehrsunternehmen von der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung befreit. Zudem bestand ein sogenannter Ursachenzusammenhang: Auch wenn durch den Streik nicht direkt der Flug von Kos nach Frankfurt betroffen war, ist dies für die Ausgleichszahlung unerheblich.

Hinweis: Gibt es mit dem Flugzeug eine Verspätung, lohnt stets die Prüfung, ob es Geld zurückgibt. Natürlich können nicht alle Fälle gewonnen werden, und nicht alle Gründe für Verspätungen sind gleich offensichtlich. Wer keine Forderung stellt, bekommt aber erst recht kein Geld.

Quelle: BGH, Urt. v. 06.04.2021 – X ZR 11/20

Thema: Sonstiges

DSGVO im Mietrecht: Mieter haben einen Datenauskunftsanspruch gegen ihre Vermieter

Sie startete bereits im Mai 2018 und ist dennoch so vielen ein Buch mit sieben Siegeln: Die Datenschutzgrundverordnung – kurz DSGVO. Auch im folgenden Mietrechtsfall ging es um die unzähligen kleinen Stolpersteine bei der Verwertung von Daten. Und eben jenen Fall hatte nun das Amtsgericht Wiesbaden (AG) nicht nur in seine Einzelteilen aufzulösen, sondern vor allem zu beurteilen.

Eigentlich handelt es sich um einen ganz typischen Fall. Eine Vermieterin hatte mehrere Wohnungen und Gewerbeflächen eines Hauses vermietet. Mit der Erstellung der Betriebskostenabrechnungen hatte sie eine GmbH beauftragt. Eben jene GmbH erstellte eine Betriebskostenabrechnung in Dateiform, die für einen Mieter mit einer Nachzahlung von 720 EUR endete. Dieser Mieter und der Ehemann der Vermieterin schrieben sich gelegentlich per WhatsApp, unter anderem zur Frage der Installation eines Rauchmelders. Als es dann trotz der privat anmutenden Beziehung dennoch zu einem Räumungsrechtsstreit kam, verlangte der Mieter von seiner Vermieterin eine umfassende Auskunft über seine personenbezogenen Daten nach Art. 15 DSGVO. Außerdem wollte er eine eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Datenauskunft.

Die Richter des AG urteilten, dass eine Sammlung mehrerer Mietverträge eines Vermieters ein Dateisystem darstellt. Der Mieter hat in diesem Fall also auch grundsätzlich einen Anspruch auf Datenauskunft gegen den Vermieter. Die Speicherung von Namen und Telefonnummer eines Mieters im Mobiltelefon des Vermieters stellt zudem eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten dar. Gleiches gilt für die Speicherung der Daten durch Serviceunternehmen, die im Rahmen der Betriebskostenabrechnung als Auftragsverarbeiter tätig werden. Der hier beschiedene Anspruch auf Datenauskunft richtete sich aber lediglich gegen den Vermieter – daher hatte der Mieter auch keinen Anspruch auf eine eidesstattliche Versicherung zur Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Datenauskunft.

Hinweis: Nun können also viele Mieter von ihrem Vermieter einen Anspruch auf Datenauskunft haben. Wie ein solcher Anspruch am besten durchgesetzt oder am besten abgewehrt wird, weiß der Rechtsanwalt.

Quelle: AG Wiesbaden, Urt. v. 26.04.2021 – 93 C 2338/20

Thema: Mietrecht

Keine zeitliche Komponente: Oberlandesgericht unterscheidet „gemeinsames Ableben“ von „gleichzeitigem Ableben“

Einmal mehr hatte sich ein Gericht – hier das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) – mit einer testamentarischen Formulierung auseinanderzusetzen und diese rechtskonform auszulegen. Und einmal mehr ist hiernach klar: Je deutlicher ein Testament formuliert ist, desto sicherer ist es, dass der eigene letzte Wille auch so umgesetzt wird, wie man ihn gemeint hat.

Die Eheleute dieses Falls hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten. Darüber hinaus enthielt das Testament eine Regelung, dass im Fall eines „gemeinsamen Ablebens“ die Nichten der Eheleute zu Erben berufen werden. Im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens war streitig, ob es sich bei der Formulierung „im Fall eines gemeinsamen Ablebens“ um eine wirksame Schlusserbeneinsetzung handelt. Wäre dies nicht der Fall, wäre nach dem Tod des überlebenden Ehemannes die gesetzliche Erbfolge zu berücksichtigen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einer jüngeren Entscheidung geurteilt, dass aus der Formulierung „für den Fall des gleichzeitigen Ablebens“ durchaus keinerlei Hinweise auf eine Schlusserbeneinsetzung hergeleitet werden können. Anders sei es aber laut OLG bei der hier gewählten Formulierung. Eine Auslegung des Testaments ergebe, dass der Begriff „gemeinsam“ keine zeitliche Komponente enthalte, wie es im Fall des BGH angenommen wurde, sondern vielmehr in dem Sinne „wenn beide verstorben sind“ zu verstehen sei. Bei dieser Auslegung handelt es sich dann um eine wirksame Schlusserbeneinsetzung.

Hinweis: Zur Vermeidung einer Auslegung des Testaments hinsichtlich der Absicht einer Schlusserbeneinsetzung, die auch zu ungewünschten Ergebnissen führen kann, empfiehlt es sich, den Willen klar und unmissverständlich zu formulieren (z.B. „für den Fall, dass der Überlebende von uns verstirbt …“).

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.04.2021 – 3 Wx 193/20

Thema: Erbrecht

Gearbeitet statt gefahren: Betriebsgefahr nach StVG entfällt, wenn ein Traktor vornehmlich als Arbeitsmaschine im Einsatz ist

Weil ein Traktor einfach fast alles zu können scheint, gehört er zu den Fahrzeugen, hinter dessen Steuer sich nach wie vor viele Erwachsene träumen. Rein sachlich gesehen, kann der Traktor aber zuerst einmal vor allem zwei Dinge: eine Arbeitsmaschine oder aber ein Kraftfahrzeug sein. Warum diese kleinlich scheinende Unterscheidung wichtig sein kann, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG).

 

Der hier in Anspruch genommene Landwirt bat den in der Nachbarschaft wohnenden Geschädigten, mehrere Tannen auf seinem Grundstück zu fällen. Dabei legte der Landwirt eine Kette um einen Baum und befestigte ihn damit an einer Stange seines Traktors, um den gefällten Baum im Anschluss daran abzutransportieren. Der Landwirt wies den Geschädigten an, den Baum möglichst weit unten am Boden abzusägen. Er tat dies sodann, doch schließlich landete der Baum unmittelbar neben dem Führerhaus des Traktors, so dass der Landwirt nicht aussteigen konnte. Versuche des Landwirts, den Baum mit dem Traktor wegzuziehen oder wegzudrücken, blieben erfolglos. Er bat den Geschädigten, die Tannespitze abzusägen, um den Stamm aus der Verkeilung zu lösen. Als der Geschädigte zu sägen begann, brach der trockene Stamm, dessen Spannung durch die vorangegangenen Rangierversuche des Landwirts erhöht war, und stieß den Mann zu Boden, wodurch er sich erheblich verletzte.

Das OLG hat Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche jedoch zurückgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch aus dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) scheiterte hier schlicht und ergreifend daran, dass beim konkreten Einsatz des Traktors in Gestalt des Wegziehens bzw. Wegdrückens des Baums die Funktion als Arbeitsmaschine im Vordergrund gestanden hat. Somit war der Schadensablauf auch nicht durch den Betrieb des Traktors als Kraftfahrzeug geprägt. Zu berücksichtigen war zudem, dass die Straße während des Unfallgeschehens für den allgemeinen Verkehr abgesperrt war und ein – ursprünglich vorgesehener – Abtransport des Baums mit dem Traktor aufgrund der Stammlänge nicht möglich gewesen wäre.

Hinweis: Zentrale Frage in diesem Rechtsstreit war, ob die Verletzung „beim Betrieb“ des Traktors entstanden war. Hier ergab die Gesamtbetrachtung, dass bei dem konkreten Einsatz des Traktors in Gestalt des Wegziehens bzw. Wegdrückens des Baums die Funktion als Arbeitsmaschine im Vordergrund stand und der Schadensablauf nicht durch den Betrieb des Traktors als Kraftfahrzeug geprägt wurde.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2021 – 9 W 14/21

zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2021)

Suspendierung einer Coronaleugnerin: Grundschulleiterin ignoriert Coronaschutzmaßnahmen entgegen ausdrücklicher Weisungen

Zwar geht es im folgenden Fall erneut um die Auswirkungen der Coronapandemie, doch lässt er sich durchaus auf andere ähnlich geartete Fälle auch in Zukunft übertragen. Denn das Verwaltungsgericht Düsseldorf (VG) zeigt auf, was passieren kann, wenn man den Anordnungen des Arbeitgebers nicht Folge leistet.

Die Leiterin einer Grundschule hatte wiederholt gegen ihre Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske in der Schule verstoßen. Darüber hinaus hatte sie sich über die Anweisung hinweggesetzt, wöchentlich Coronaselbsttests bei allen an ihrer Schule tätigen Personen durchzuführen. Auch hatte sie im April 2021 die Eltern ihrer Schüler benachrichtigt, dass sie die Testung der Schüler erst einmal ausgesetzt habe, und die Eltern gebeten, ihre Kinder in einem Testzentrum testen zu lassen. Ferner lagen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Lehrerin weitere Schutzvorkehrungen – wie das Lüften der Klassenzimmer sowie das Maskentragen und die Einhaltung von Abständen bei Dienstbesprechungen – nicht beachtet hatte. Der Dienstherr hatte daraufhin ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.

Den dagegen gerichteten Antrag der Schulleiterin auf einstweiligen Rechtsschutz hat das VG abgewiesen. Durch das gegen ausdrückliche Weisungen verstoßende Verhalten hat die Lehrerin das Vertrauen des Dienstherrn, der Schüler und ihrer Eltern schwer erschüttert. Diese müssen darauf vertrauen können, dass sie in der von ihr geleiteten Schule die vorgeschriebenen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus ordnungsgemäß umsetzt und damit ihren Aufgaben als Schulleiterin gerecht wird.

Hinweis: Die Grundschulleiterin, die Coronaschutzmaßnahmen in ihrer Schule nicht umgesetzt hat, dürfte also vom Dienstherrn suspendiert werden. Die persönliche Auffassung, ob die Schutzmaßnahmen sinnvoll waren oder nicht, spielt am Arbeitsplatz keine Rolle. Hat der Arbeitgeber entsprechende Anordnungen getroffen, muss denen auch Folge geleistet werden.

Quelle: VG Düsseldorf, Urt. v. 14.06.2021 – 2 L 1053/21

Thema: Arbeitsrecht

COVID-19-Impfung : Für Familiengerichte sind die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission maßgebend

Dass Jugendliche gegen COVID-19 geimpft werden können, führt vor den Gerichten zu neuen Streitigkeiten. Denn klar ist, dass sich viele Elternteile bei diesem umstrittenen Thema alles andere als einig sind – völlig unabhängig davon, ob diese zusammen oder getrennt leben. Im Folgenden war es daher am Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) zu befinden, wer beim gemeinsam ausgeübten Sorgerecht hier das Sagen hat – und vor allem auch warum.

Im konkreten Fall wollte sich ein Kindesvater nicht damit abfinden, dass der – die Impfung befürwortenden – Kindesmutter durch das erstinstanzliche Amtsgericht die Entscheidungsbefugnis über die altersentsprechende Durchführung der Standardimpfung gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) für den gemeinsamen Sohn übertragen wurde.

Hierzu nahm das OLG Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser hatte bereits 2017 seine Entscheidungsfindung an den Empfehlungen der STIKO orientiert. Dem ist das OLG folglich auch für die Impfung gegen das Coronavirus gefolgt. Demnach ist die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen, „dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird“. Geht es um eine Angelegenheit der Gesundheitssorge, sei die Entscheidung zugunsten des Elternteils zu treffen, der insoweit das für das Kindeswohl bessere Konzept verfolge. Da laut STIKO-Empfehlung die Impffähigkeit in der konkreten Situation unter Berücksichtigung etwaiger Kontraindikationen ärztlich zu prüfen sei, bedarf es auch keiner allgemeinen, unabhängig von einer konkreten Impfung vorzunehmenden gerichtlichen Aufklärung der Impffähigkeit des Kindes. Der Sorge des Vaters um die körperliche Unversehrtheit seines Kindes selbst tragen die Empfehlungen ebenfalls Rechnung. Für den Impfvorgang werde von der STIKO eine am Kindeswohl orientierte Vorgehensweise mit im Einzelnen dargestellten Handlungsvorschlägen empfohlen. Dass diese Empfehlungen vorliegend unzureichend seien, wurde hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

Hinweis: Bei Entscheidungen im Bereich der Gesundheitsfürsorge orientieren die Gerichte sich regelmäßig an der Schulmedizin.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 08.03.2021 – 6 UF 3/21

Thema: Familienrecht

Verbrauchsgüterkauf trotz Gewerbebetrieb: Im Privaten genießen auch Gewerbetreibende Verbraucherschutz

Verbraucher haben bei Käufen andere Rechte als Gewerbetreibende, da sie schützenswerter sind. Aber auch ein Gewerbetreibender lebt bekanntlich nicht von Luft und Liebe allein, ist im Privaten also auch Privatmann und entsprechend oft genug ein Verbraucher. Und was innerhalb dieser Logik geschieht, wenn ein Gewerbetreibender etwas für den privaten Gebrauch kauft, und welches Recht dann gilt, beantwortete hier der Bundesgerichtshof (BGH).

Ein Mann betrieb eine Tischlerei und machte ständig Geschäfte mit einem Holzhändler. Dann bestellte er bei einem Außendienstmitarbeiter des Holzhändlers Hölzer zur Sanierung seiner Terrasse und der Außentreppe seines Privathauses, das neben der Tischlerei stand. Vier Jahre später beanstandete er dann, dass im Holz Risse aufgetreten seien und die Verleimung nicht der erforderlichen Nutzungsklasse entsprechen würde. Es ging insgesamt um einen Schaden von über 10.000 EUR.

Der BGH urteilte, dass der Mann die Hölzer eindeutig als Verbraucher gekauft hatte. Zweifelsfrei waren die Hölzer nicht für die gewerbliche Tätigkeit gekauft worden, sondern für einen privaten Zweck. Auch eine Verjährung war nicht eingetreten, da die Hölzer für den Bau der Terrasse und damit für ein Bauwerk verwendet worden waren. Hierbei beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Bürgerliches Gesetzbuch).

Hinweis: Die Grenze, wann ein Gewerbetreibender nicht für sein Gewerbe, sondern privat handelt, ist im Einzelfall in der Praxis sicherlich schwer zu ziehen. Verkäufer sollten sich darauf einstellen, in entsprechenden Fällen etwas genauer hinzuschauen.

Quelle: BGH, Urt. v. 07.04.2021 – VIII ZR 191/19

Thema: Sonstiges

Trotz vorliegenden Mietspiegels: Einholung von Gutachten zur Bestimmung ortsüblicher Vergleichsmieten ist richterliche Ermessenssache

Mietspiegel, gekappte Mietpreisbremse – die Voraussetzungen für eine rechtskonforme Mieterhöhung sind in den letzten Jahren weder für Mieter noch für Vermieter klarer geworden. So musste erneut der Bundesgerichtshof (BGH) ran – dieses Mal mit der Beantwortung der Frage, wie eine Mieterhöhung zu begründen ist und welche weiteren Maßnahmen gerichtlich angeordnet werden dürfen.

Dieser Fall handelte von einer Mieterhöhung, die der Vermieter mit dem Mietspiegel begründet hatte. Zusätzlich hatte das hinzugezogene Gericht schließlich noch ein Sachverständigengutachten zur Miethöhe eingeholt. Ob das trotz Vorliegens eines gültigen Mietspiegels rechtmäßig war, musste der BGH entscheiden.

Der BGH urteilte, dass die Gerichte grundsätzlich dazu berechtigt sind, zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dies gilt auch dann, wenn ein Mietspiegel vorliegt, der tabellarisch Mietspannen ausweist und zusätzlich eine Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung enthält. Auch bei Streit über die Voraussetzungen für das Eingreifen bzw. die Reichweite einer dem Mietspiegel zukommenden Vermutungs- oder Indizwirkung dürfen Richter ein Gutachten einholen. Und selbst, wenn lediglich die Einordnung der konkreten Einzelvergleichsmiete in dieser Spanne einer Klärung bedarf, weil die ortsübliche Vergleichsmiete klar innerhalb der für das einschlägige Mietspiegelfeld ausgewiesenen Spanne liegt, ist ein solches Gutachten hilfreich – und demnach auch zulässig.

Hinweis: Bei einer Mieterhöhung müssen sämtliche gesetzliche Voraussetzungen vom Vermieter eingehalten werden. Das ist nicht immer ganz einfach. Helfen kann dabei ein Mietrechtsexperte, zum Beispiel ein Rechtsanwalt.

Quelle: BGH, Urt. v. 28.04.2021 – VIII ZR 22/20

Thema: Mietrecht

Veränderung der Sach- und Rechtslage : Laufende Verfahren zur Erbsache gelten mit Tod des Vorerben in der Hauptsache als erledigt

Die Regelungen zu Vor- und Nacherbschaften sind komplex. Was passiert, wenn ein Vorerbe verstirbt, der sich noch inmitten eines Beschwerdeverfahrens zur ursprünglichen Erbsache befindet, musste im Folgenden das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) klarstellen.

Bei einer angeordneten Vor- und Nacherbschaft kann der Vorerbe einen sogenannten Vorerbenerbschein beantragen, um die aktuelle Rechtslage feststellen zu lassen. Hier hatte die Vorerbin einen solchen Vorerbenerbschein beantragt und nach dem Erlass gegen diesen aus ihrer Sicht fehlerhaften Erbschein Beschwerde eingelegt. Doch noch während des laufenden Beschwerdeverfahrens verstarb die Frau. Deren Erbe war nun der Ansicht, das Beschwerdeverfahren mit dem gleichen Antrag fortsetzen zu können.

Dieser Ansicht erteilte das OLG jedoch eine Absage. Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen auch das Erbscheinsverfahren zählt, sind in der Hauptsache anerkanntermaßen erledigt, sobald nach dessen Einleitung der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis weggefallen ist, das eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt. Im Erbscheinserteilungsverfahren bildet der Erbscheinsantrag den Verfahrensgegenstand, an den das Nachlassgericht grundsätzlich strikt gebunden ist. Dem Erben war es daher nicht möglich, das Verfahren mit dem ursprünglichen Antrag der Vorerbin zur Feststellung der „aktuellen“ Rechtslage fortzuführen.

Hinweis: Möglich wäre gewesen, die Beschwerde auf die Frage der Kostentragungspflicht zu begrenzen oder aber auf einen sogenannten Fortsetzungsfeststellungsantrag mit dem Ziel der Feststellung der beendeten Rechtslage umzustellen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.05.2021 – 3 Wx 110/20

Thema: Erbrecht

Schwerwiegende Täuschungshandlung: Anordnung einer Einzelprüfung zur Erteilung der Fahrerlaubnis nach Schummelversuch rechtens

Was früher Spickzettel in ihren vielfältigsten Formen taten, übernehmen heutzutage oft Kamera- und Funksysteme. Beiden Beispielen ist gemein: Sie werden nach und nach nicht nur immer kleiner – sie sind schlicht und ergreifend verboten. Wenn man als erwischter Führerscheinprüfling dennoch glimpflich davonkommt, sollte man die Konsequenzen tragen können – der Meinung hat sich auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf (VG) angeschlossen.

Im Juli 2019 wurde dem Fahrschüler gegenüber angeordnet, dass er die theoretische Fahrerlaubnisprüfung einzeln zu absolvieren habe. Hintergrund dessen war, dass er bei einer vorherigen Prüfung eine Minikamera in der Knopfleiste seines Hemdes mitgeführt hatte, um mittels einer Funkverbindung die gestellten Prüfungsfragen an Dritte außerhalb des Prüfungsraums zu übersenden. Da sich der erwischte Schummler jedoch weigerte, die Einzelprüfung wahrzunehmen, lehnte die zuständige Behörde die Erteilung der Fahrerlaubnis logischerweise ab.

Das VG war dabei ganz auf der Seite der Behörde. Die Versagung der Erteilung der Fahrerlaubnis sei aufgrund der Weigerung zur Vornahme der Einzelprüfung rechtmäßig. Die Behörde sei aufgrund der schwerwiegenden Täuschungshandlung des Klägers berechtigt gewesen, eine Einzelprüfung anzuordnen. Dadurch könne sichergestellt werden, dass der Prüfling ausreichende theoretische Kenntnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen nachweist und nicht erneut einen Täuschungsversuch begeht. Insoweit werden durch die alleinige Aufsicht des Prüflings bei der Einzelprüfung etwaige (erneute) Täuschungshandlungen jedenfalls erschwert.

Hinweis: Das Mitführen einer Minikamera stellt einen besonders schweren Fall des Erschleichens einer Prüfungsleistung und somit eine schwerwiegende Täuschungshandlung dar. Denn dadurch werden in besonders hohem Maße die Spielregeln des fairen Wettbewerbs und die Chancengleichheit der anderen, sich korrekt verhaltenden Prüflinge verletzt. Außer Frage steht zudem, dass sich nur diejenigen entsprechend motorisiert im Straßenverkehr bewegen sollten, die auch die diesbezüglichen Regeln sicher beherrschen.

Quelle: VG Düsseldorf, Urt. v. 26.04.2021 – 6 K 957/20

Thema: Verkehrsrecht