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Vater heimlich umgebettet: Der Tochter steht kein Schmerzensgeldanspruch gegen ihre Mutter zu

Nach dem Tod naher Angehöriger kommt es häufig nicht nur zum Streit über das Erbe, sondern auch vielfach über die Ausgestaltung der Beerdigung oder die Grabpflege.

Die Urne eines verstorbenen Mannes war zunächst im Familiengrab beigesetzt worden. Die Ehefrau entfernte diese dann jedoch ohne Wissen der gemeinsamen Tochter und veranlasste eine Flussbestattung in den Niederlanden. Dagegen wehrte sich die Tochter und verlangte Schmerzensgeld.

Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es führte aus, dass eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder auch des Totenfürsorgerechts der Tochter nur bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen gewährt wird. Dafür reichte es nicht aus, dass die Mutter der Tochter nicht mitgeteilt hatte, dass die Urne umgebettet wurde und an welchen Ort dies erfolgt ist. Ein solcher Anspruch auf Schmerzensgeld würde nach Auffassung des Gerichts nur in Frage kommen, wenn die Mutter aus sachwidrigen Gründen gehandelt, also ohne legitime eigene Interessen den Verlust der Trauerstätte zu Lasten der Tochter in Kauf genommen hätte. Die Mutter konnte zwar nicht beweisen, dass es der Wille des Verstorbenen war, auf diese Art bestattet zu werden. Auf der anderen Seite konnte die Tochter aber auch nicht beweisen, dass die Mutter aus böswilligen Motiven gehandelt hatte. Daher stand der Tochter auch kein Schmerzensgeld zu.

Hinweis: Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, in einem Testament oder Erbvertrag auch Regelungen zur Bestattung aufzunehmen. Wurde nichts geregelt, obliegt die Entscheidung den sogenannten „Totenfürsorgeberechtigten“. Dies sind die nahen Angehörigen – wie Ehegatten und Kinder – unabhängig davon, ob sie gleichzeitig auch Erben sind. Die Reihenfolge der Berechtigten ist in den Bestattungsgesetzen des jeweiligen Bundeslandes geregelt, wobei Ehegatten Kindern in der Regel vorgehen.

Quelle: LG Krefeld, Urt. v. 24.02.2017 – 1 S 68/16
Erbrecht

Unfall mit Einsatzfahrzeug: Selbst im Fall einer Haftungsverteilung ziehen die Unfallgegner meist den Kürzeren

Für die Haftungsabwägung bei einem bei Rotlicht in die Kreuzung einfahrenden Einsatzfahrzeug ist dessen Geschwindigkeit wesentlich. Bei dem anderen Verkehrsteilnehmer ist die Erkennbarkeit des Einsatzfahrzeugs, und ob hierauf sorgfältig reagiert wird, entscheidend.

Im innerstädtischen Kreuzungsbereich kam es in den Abendstunden zu einem Unfall, wobei ein Einsatzfahrzeug mit eingeschaltetem Martinshorn und Blaulicht bei Rot in die Kreuzung einfuhr und hier mit einem Pkw kollidierte, der bei bestehendem Grünlicht in die Kreuzung einfuhr.

Das Oberlandesgericht Hamm hat vorliegend eine Haftungsverteilung von 2/3 zu Lasten der Autofahrerin und zu 1/3 zu Lasten der Fahrerin des Einsatzfahrzeugs vorgenommen. In seiner Entscheidung weist das Gericht darauf hin, dass es bei der Haftungsquote bei Unfällen mit einem Einsatzfahrzeug keine üblichen Haftungsverteilungen gibt. Entscheidend kommt es auf die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge an.

Zu Lasten der Fahrerin des Einsatzfahrzeugs war zu berücksichtigen, dass diese nicht mit der nötigen Sorgfalt in die Kreuzung eingefahren war. Sie hatte das bei Grün einfahrende Fahrzeug sorgfaltswidrig nicht beachtet, obwohl dieses über eine weite Strecke hinweg sichtbar war. Andererseits berücksichtigte das Gericht das grob nachlässige Verhalten der Autofahrerin. Diese konnte aus mehreren 100 m Entfernung das Blaulicht wahrnehmen und das Martinshorn hören. Da zudem bereits andere Fahrzeuge am rechten Fahrbahnrand standen, hätte sie hieraus den zwingenden Schluss ziehen müssen, dass eine besondere Verkehrssituation besteht, und daher nicht mit unverminderter Geschwindigkeit in die Kreuzung einfahren dürfen.

Hinweis: Fahrer von Rettungsfahrzeugen sind bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten (Martinshorn und Blaulicht) von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit. Dies bedeutet allerdings nicht, dass bei einem Verkehrsunfall eine Haftung ihrerseits vollständig ausgeschlossen ist. Gerade beim Einfahren in Kreuzungen bei Rotlicht muss besonders darauf geachtet werden, dass die Kreuzung frei ist. Es darf nur mit angepasster Geschwindigkeit – ggf. mit Schrittgeschwindigkeit – in die Kreuzung eingefahren werden.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 18.07.2017 – I-9 U 34/17
Verkehrsrecht

Belästigung am Arbeitsplatz: Eine sexuelle Motivation des Täter ist nicht entscheidend – die Würde des Opfers schon

Bei jeder Form der sexuellen Belästigung steht für einen Arbeitnehmer der Bestand des Arbeitsverhältnisses auf dem Spiel.

In einem Stahlwerk waren neben der Stammbelegschaft unter anderem zwei Leiharbeiter eingesetzt. Dann geschah etwas Unfassbares: Einer der Arbeitnehmer aus der Stammbelegschaft, bereits seit 1991 beschäftigt, griff einem der Leiharbeiter schmerzhaft von hinten in den Genitalbereich. Dann sagte er zu ihm, dass er dicke Eier habe. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Täter. Gegen die Kündigung legte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage ein und meinte, er habe lediglich unabsichtlich das Hinterteil des Leiharbeiters berührt.

Das Bundesarbeitsgericht sagte deutlich, dass ein solches Verhalten grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Denn es lag eine zweifache sexuelle Belästigung vor – einmal durch den Griff und einmal durch den anschließenden Spruch des Arbeitnehmers. Dabei muss ausdrücklich keine sexuelle Motivation des Täters vorliegen, es kommt nur darauf an, ob das Verhalten die Würde des Betroffenen verletzt. Letztendlich muss das Landesarbeitsgericht nochmals über die Angelegenheit entscheiden und auch eine ordnungsgemäße Interessenabwägung vornehmen.

Hinweis: Bei der absichtlichen Berührung von Geschlechtsteilen kommt es also nicht auf eine sexuelle Motivation des Täters an.

Quelle: BAG, Urt. v. 29.06.2017 – 2 AZR 302/16
Arbeitsrecht

Elterliche Sorge: Das Vorleben streng islamischer Werte widerspricht nicht dem Alleinsorgeanspruch

Die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder soll nach Möglichkeit von den Eltern auch gemeinsam ausgeübt werden. Miteinander verheiratete Eltern besitzen diese gemeinsame elterliche Sorge von Gesetzes wegen automatisch. Bei nicht miteinander verheirateten Eltern soll der Vater heutzutage die elterliche Sorge erleichtert miteingeräumt bekommen. Was aber gilt, wenn die Wertevorstellungen der Eltern völlig verschieden (geworden) sind?

Dieser Frage wendete sich das Oberlandesgericht Hamm zu: Die Kindeseltern kannten sich nur kurz, als die Frau schwanger wurde. Der Vater, ein Nigerianer, lebte erst kurze Zeit in Deutschland. Die Mutter ist Deutsche. Verheiratet waren die Eltern nicht, hatten aber eine Erklärung abgegeben, wonach es zur gemeinsamen elterlichen Sorge kam. Alsbald trennten sich die Eltern jedoch wieder. Die Frau beantragte die Übertragung der elterlichen Sorge allein auf sich. Im Laufe des Verfahrens wendete sie sich dem Islam zu. Sie konvertierte, heiratete nach islamischem Recht und trägt seitdem eine Vollverschleierung.

Die elterliche Sorge wurde auf die Frau allein übertragen.

Maßgeblich stellte das Gericht darauf ab, dass das Kind unterdessen seit acht Jahren von der Mutter betreut und erzogen wurde. Kontakt mit dem Vater lehnte das Kind ab. Eine kommunikative Basis zwischen den Eltern fehlte aufgrund der unterschiedlichen Wert- und Erziehungsvorstellungen. Die Freizeitgestaltung des Kindes ist als den kindlichen Bedürfnissen entsprechend festgestellt worden, ebenso liegt die volle soziale Integration vor. Da sich der Kindesvater dagegen nicht einmal beim Verfahrenspfleger für ein Gespräch gemeldet hatte, war die elterliche Sorge auf die Mutter allein zu übertragen.

Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass sich die Rechtsprechung aus der religiösen Orientierung der Eltern nach Möglichkeit heraushält. Der Vater hatte sich schlicht und ergreifend nicht um das Verfahren gekümmert. Die Mutter konnte für sich in Anspruch nehmen, dem Kind Kontinuität zu bieten und es kindgerecht zu erziehen. Die konträre religiöse Ausrichtung der Eltern verhinderte hierbei die gemeinsame elterliche Sorge.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 12.05.2017 – II-4 UF 94/16

Thema: Familienrecht

„Wir schließen!“ Kammergericht genehmigt im Eilverfahren Räumungsverkauf trotz unklarer Kündigungslage

Nachdem Bauverzögerungen in einer Einkaufspassage bekannt wurden, zog sich eine Gewerbemieterin aus dem Mietverhältnis zurück und eröffnete ihren Räumungsverkauf. Ob sie einen solchen Verkauf starten darf, wenn die Vermieterin der Meinung ist, dass das Mietverhältnis nicht ordentlich gekündigt wurde, mussten die Berliner Gerichte klären.

Laut Mietvertrag war das Ende der Mietzeit mit Mai 2017 erreicht. Doch die Parteien schlossen einen Nachtrag ab, wonach das Einkaufszentrum innerhalb von max. zwölf Monaten renoviert werde, die Mietfläche reduziert werden und die Mietzeit weitere zehn Jahre nach Abschluss des Umbaus betragen sollte. Als der Mieterin jedoch bekannt wurde, dass der Umbau erst ein Jahr später beginnen und gut 14 Monate dauern sollte, kündigte sie das Mietverhältnis fristlos und führte im Juli 2017 einen Räumungsverkauf durch, den sie mit dem Hinweis „Wir schließen!“ bewarb. Die Vermieterin war jedoch der Meinung, dass das Mietverhältnis durchaus noch bestünde, und zog im Eilverfahren vor das Landgericht Berlin. Dieses gab dem Antrag statt.

Das Kammergericht (KG) war nun jedoch der Meinung, dass der Räumungsverkauf der Mieterin nicht untersagt werden darf. Seiner Ansicht nach bestand für die Vermieterin keinerlei Anlass, dass die Mieterin den unstreitig bereits mit Mai beendeten schriftlichen Hauptmietvertrag stillschweigend auf unbestimmte Zeit fortsetzen wolle. Die Mieterin hatte ihre Vermieterin sogar mehrfach aufgefordert, die Umbauarbeiten bis Ende Juni fertigzustellen.

Die Mieterin durfte ihren Räumungsverkauf also durchführen. Ob ihre außerordentliche Kündigung des Anschlussmietvertrags wirksam war, ließ das KG in dem Eilverfahren offen.

Hinweis: Langfristige Mietverträge können schnell dazu führen, dass die wirtschaftliche Existenz bedroht ist. Deswegen muss vor dem Abschluss solcher Verträge intensiv geprüft werden, ob sich das Vorhaben auch finanziell wirklich rechnet. Und bei der Prüfung der Verträge kann ein Rechtsanwalt behilflich sein.

Quelle: KG Berlin, Urt. v. 16.10.2017 – 8 U 135/17

Thema: Mietrecht

Fluggastrechteverordnung: Airlines sind zur Ausgleichszahlung bei Verspätung des Ersatzflugs verpflichtet

Wer zahlt eigentlich in welcher Höhe, wenn nicht nur der ursprünglich gebuchte Flug ausfällt, sondern der Ersatzflug auch noch Verspätung hat?

Flugreisende buchten bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug von Frankfurt nach Singapur mit Anschlussflug nach Sydney. Die Airline annullierte jedoch den ersten Flug von Frankfurt nach Singapur und bot den Flugreisenden als Ersatz einen Flug eines anderen Luftverkehrsunternehmens an, der am selben Tag starten und am Folgetag um etwa die gleiche Uhrzeit in Singapur landen sollte. Tatsächlich jedoch verzögerte sich der Start dieses Flugzeugs um ganze 16 Stunden, so dass es insgesamt zu einer Verspätung von mehr als 23 Stunden kam. Daher wollten die Flugreisenden nun 600 EUR aus der Fluggastrechteverordnung als Ausgleich erhalten. Und das Geld haben sie auch bekommen. Die Airline bleibt wegen der Annullierung des ursprünglichen, von ihr geplanten Flugs ausgleichspflichtig, da die Flugreisenden mit dem ihnen angebotenen Ersatzflug ihr Endziel tatsächlich nicht höchstens zwei Stunden später als ursprünglich vorgesehen erreicht hatten.

Hinweis: Wenn ein Flugzeug Verspätung hat, sollte das stets ein Grund für den Passagier sein, prüfen zu lassen, ob ihm Geld zusteht. Die Rechte für Passagiere sind grundsätzlich sehr weitgehend.

Quelle: BGH, Urt. v. 10.10.2017 – X ZR 73/16

Thema: Sonstiges

Rauchmelder im Wohnungseigentum: WEV darf über öffentlich-rechtliche Einbaupflicht hinausgehende Maßnahmen beschließen

Die Rauchwarnmelder haben in Wohnungseigentumsanlagen schon häufig zu rechtlichen Streitigkeiten geführt, so auch in diesem Fall des Landgerichts Hamburg.

Es ging um eine Wohnungseigentumsanlage. Die Wohnungseigentümerversammlung (WEV) hatte beschlossen, sämtliche Wohnräume der Wohnungen mit Rauchwarnmeldern auszustatten und diese von einem Dienstleister warten zu lassen. Das sollte auch die Wohnungen betreffen, in denen Eigentümer bereits Rauchwarnmelder installiert hatten. Dagegen klagte ein Wohnungseigentümer. Er meinte, der Beschluss entspreche keiner ordnungsgemäßen Verwaltung und für eine solche Regelung fehle der WEV die Regelungskompetenz. Das sah das Gericht allerdings anders. Zwar ging der Beschluss der WEV über die öffentlich-rechtliche Einbaupflicht hinaus, da ein Einbau in sämtlichen Wohnräumen vorgesehen war. Das entsprach aber trotzdem einer ordnungsgemäßen Verwaltung und dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer.

Hinweis: Wohnungseigentümer haben also die Möglichkeit, eine einheitliche, über die Anforderungen der Landesbauordnung hinausgehende Vollausstattung mit Rauchwarnmeldern mit Wartung durch einen externen Dienstleister zu beschließen.

Quelle: LG Hamburg, Urt. v. 29.03.2017 – 318 S 36/16

Thema: Mietrecht

Wechselbezügliche Verfügungen: Die nachträgliche Anfechtung der Schlusserbeneinsetzung gefährdet die Alleinerbenstellung

Ehe- bzw. Lebenspartner errichten häufig gemeinschaftliche Testamente. Dies kann jedoch problematisch werden, wenn sich nach dem Tod eines Partners die Umstände ändern, der überlebende Partner jedoch weiterhin an den gemeinsam getroffenen Vereinbarungen gebunden ist.

Ein Ehepaar errichtete ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Söhne zu Erben des Letztversterbenden einsetzten. Nach dem Tod der Ehefrau ging der Mann eine eingetragene Partnerschaft ein. Daraufhin focht er die Schlusserbeneinsetzung der Söhne aus dem Testament wegen Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten – nämlich seines neuen Lebenspartners – an. Nun stellte sich die Frage, wer Erbe der verstorbenen Ehefrau geworden war.

Das Gericht führte aus, dass der überlebende Ehegatte nach dem Eingehen einer neuen Ehe bzw. Lebenspartnerschaft seine eigenen, in einem gemeinschaftlichen Testament getroffenen wechselbezüglichen Verfügungen wegen Übergehens eines Pflichtteilsberechtigten anfechten kann. Tut er dies, fällt jedoch auch seine eigene Einsetzung als Alleinerbe der Ehefrau weg, da diese mit der Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder wechselbezüglich war. Damit ist sowohl die Alleinerben- als auch die Schlusserbeneinsetzung im Testament unwirksam – die gesetzliche Erbfolge tritt ein. Der Ehemann wird folglich zur Hälfte neben seinen Söhnen zum Erbe der Ehefrau, kann aber über sein Vermögen wieder frei verfügen.

Hinweis: Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten sind in dem Fall wechselbezüglich und damit für den überlebenden Ehegatten bindend, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre – wenn also jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die andere getroffen worden ist und nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine mit der anderen stehen oder fallen soll. Die Wechselbezüglichkeit kann (und sollte) im Testament entweder ausdrücklich angeordnet werden oder wird durch Auslegung ermittelt.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 24.07.2017 – 31 Wx 335/16

Thema: Erbrecht

Sorgfaltspflichten Minderjähriger: 15-jähriger Mofafahrer haftet in vollem Umfang für folgenreiches Fehlverhalten

Minderjährige Mofafahrer genießen im Straßenverkehr keinen Welpenschutz – für sie gelten keine geringeren Sorgfaltsanforderungen als für andere Verkehrsteilnehmer. Dem Alter und der Erfahrung entsprechend liegt bei Minderjährigen der Beweis des ersten Anscheins für ein alleiniges Verschulden oftmals nahe.

Ein zum Unfallzeitpunkt 15 Jahre und acht Monate alter Mofafahrer fuhr aus dem Zuweg eines Hauseingangs auf eine Anliegerstraße mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h. Hier kam es zu einem Zusammenstoß mit einem Pkw, der sich aus Sicht des Mofafahrers auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit von rechts kommendem Verkehr ereignete.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG) hat dem Mofafahrer kein Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeld zugesprochen. Es sieht die Alleinhaftung bei dem Heranwachsenden, der aus einem Grundstück auf die Straße einfahren wollte und sich hierbei nicht so verhalten hat, dass die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen war. Eine Mithaftung des Autofahrers war auch deshalb nicht gegeben, weil sich dessen Vorfahrtsrecht auf die gesamte Fahrbahnbreite erstreckte, auf das er auch vertrauen dürfen muss. Zudem sprach hier auch der Beweis des ersten Anscheins für ein alleiniges Verschulden des Mofafahrers. Dabei berücksichtigte das OLG, dass dieser eine theoretische Fahrprüfung abgelegt hatte und somit mit den Vorschriften des Straßenverkehrs hätte vertraut sein müssen.

Hinweis: Zu beachten ist, dass bei Minderjährigen ab dem vollendeten zehnten Lebensjahr bei Unfällen im motorisierten Straßenverkehr grundsätzlich eine Haftung gegeben ist. Dem Minderjährigen wird jedoch die Möglichkeit eingeräumt, sich zu entlasten, wenn er die erforderliche Einsicht noch nicht hat, die Gefährlichkeit seines Handelns und seine Verantwortlichkeit dafür zu erkennen. Dieses Unvermögen muss allerdings der Minderjährige beweisen, was regelmäßig durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geschehen kann.

Quelle: OLG Saarbrücken, Urt. v. 03.08.2017 – 4 U 156/16

Thema: Verkehrsrecht

Gericht zieht Reißleine: Nach mehreren 100 Prozessen innerhalb von zehn Jahren ist für Querulantin Schluss

Der Weg zu den Gerichten steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen, es sei denn, sie versuchen, die Justiz zu missbrauchen.

Eine Frau hatte sich auf eine Stelle als Softwareentwicklerin beworben und wurde abgelehnt. Daraufhin fühlte sie sich aus mehreren Gründen diskriminiert und machte Ansprüche auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend. Sie fühlte sich diskriminiert wegen ihres Alters, ihres Geschlechts und ihrer Herkunft und verlangte 14.000 EUR. Das Problem des Falls: Zuvor hatte sie in den vergangenen zehn Jahren allein am Landesarbeitsgericht Hamburg einige 100 Verfahren geführt. Diese waren überwiegend aussichtslos. Sie hatte enorme Gerichts- und Anwaltskosten verursacht.

Nun hat das Landesarbeitsgericht die Reißleine gezogen. Abgesehen davon, dass die Frau für die Stelle objektiv gar nicht geeignet war, unterstellten die Richter eine Prozessunfähigkeit: Die Frau wurde als reine Querulantin eingestuft. Die Richter gingen von einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit aus. Die Frau war absolut uneinsichtig und übertrug den Kampf gegen den ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und andere Instanzen. Sie war auch nicht mehr in der Lage, die Behandlung der Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen. Das hatte auch in einem vorherigen Verfahren bereits ein Gutachter bestätigt.

Hinweis: Ein Querulant ist also prozessunfähig, wenn er unzählige aussichtslose Verfahren wegen vermeintlicher Diskriminierung führt und dabei absolut uneinsichtig ist.

Quelle: LAG Hamburg, Urt. v. 09.08.2017 – 3 Sa 50/16

Thema: Arbeitsrecht