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Fahrzeuggegenüberstellung: Geschädigte dürfen ihre eigenen Schadensgutachter hinzuziehen

Wenn ein Haftpflichtversicherer eine Gegenüberstellung der Unfallfahrzeuge verlangt, weil er vermutet, dass das bei ihm haftpflichtversicherte Fahrzeug nicht an dem Unfall beteiligt war, ist der Geschädigte berechtigt, seinen Schadensgutachter zu der Gegenüberstellung hinzuzuziehen und die Kosten hierfür ersetzt zu bekommen.

Nach einem unverschuldeten Unfall ließ die Geschädigte durch einen vereidigten Sachverständigen ein Gutachten zur Schadenshöhe erstellen. Auf Veranlassung der gegnerischen Versicherung sollte an der Unfallstelle eine Gegenüberstellung der Fahrzeuge erfolgen. Die Geschädigte bat den von ihr zuvor beauftragten Sachverständigen, aus Gründen der Waffengleichheit bei der Gegenüberstellung dabei zu sein. Die hierfür vom Sachverständigen berechneten Kosten verlangte sie von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet, die dies jedoch ablehnte.

Das Landgericht Hamburg hat die Versicherung jedoch zur Erstattung der Kosten verurteilt. Denn es war aus Sicht der Geschädigten sinnvoll, den von ihr mit der Schadensermittlung betrauten Sachverständigen zu dem Ortstermin hinzuzuziehen. Die gegnerische Haftpflichtversicherung hatte nämlich den Unfallhergang in Zweifel gezogen und einen eigenen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt. Genau hierfür war die Gegenüberstellung der Fahrzeuge an der Unfallstelle geplant. In diesem Fall war die Geschädigte berechtigt, ihren Schadensgutachter zu der Gegenüberstellung hinzuzuziehen, da eine unabhängige Expertise des von der Versicherung beauftragten Sachverständigen nicht zwingend erwartet werden kann. Es steht zu befürchten, dass durch den Versicherungsgutachter einseitige und später nicht rekonstruierbare Feststellungen getroffen werden.

Hinweis: Grundsätzlich ist der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall nicht verpflichtet, sich auf eine von der gegnerischen Haftpflichtversicherung veranlasste Gegenüberstellung der Fahrzeuge an der Unfallstelle einzulassen. Willigt der Geschädigte aber ein, ist er auch berechtigt, sich der Unterstützung seines eigenen Sachverständigen zu bedienen.

Quelle: LG Hamburg, Urt. v. 09.07.2015 – 323 S 13/15

Thema: Verkehrsrecht

Frauen gesucht: In Ausnahmefällen sind Ungleichbehandlungen keine Ungerechtigkeit

In einigen wenigen Fällen sind Diskriminierungen sachlich gerechtfertigt.

Ein Autohaus hatte per Anzeige eine Verkäuferin gesucht. Im Anzeigentext stand: „Frauen an die Macht!“ Wegen dieser Werbung sah sich ein Mann diskriminiert und machte eine Entschädigung geltend. Allerdings verlor er seine Klage vor dem Arbeitsgericht. Denn laut Gericht verstieß die Anzeige zwar gegen das Benachteiligungsverbot – das war hier jedoch ausnahmsweise zulässig. Der Arbeitgeber verfolgte nämlich das Ziel, seinen Kunden auch weibliche Verkaufsberater zur Verfügung zu stellen. Das Autohaus hatte bis zu 30 % weibliche Kunden, von denen einige ausdrücklich von einer Verkäuferin beraten werden wollten. Allerdings gab es bislang nur männliche Verkäufer, was das Autohaus mit dieser eindeutigen Stellenausschreibung nun ändern wollte.

Hinweis: Eine nur an ein bestimmtes Geschlecht gerichtete Stellenausschreibung kann zulässig sein, wenn die Ungleichbehandlung im Einzelfall gerechtfertigt ist. Doch Vorsicht: Das dürfte nach wie vor eher der Ausnahmefall sein.

Quelle: ArbG Köln, Urt. v. 10.02.2016 – 9 Ca 4843/15
Thema: Arbeitsrecht

Schulden nichtehelicher Partner: Beim Erwerb von Grundbesitz ist eine gegenseitige Absicherung dringend zu empfehlen

Nichteheliche Lebensgemeinschaften werden oft wie Ehen geführt.

Das bezieht sich auch auf die Entstehung von Schulden. Schwierigkeiten können sich dann bei der Trennung ergeben, da in diesem Fall die Ausgleichsregelungen, die für eine Scheidung gelten, nicht zur Verfügung stehen.

Massiv können die Folgen sein, wenn nichteheliche Partner gemeinsam Grundbesitz erworben haben. Dabei kommt es gerade in solchen Fällen häufig vor, dass der Erwerb nur im Namen eines Partners erfolgt – also auch nur dieser im Grundbuch eingetragen wird -, für die Schulden aber beide haften. Wird für den Fall der Trennung hierfür keine Regelung getroffen, ist Streit vorprogrammiert.

Grundsätzlich wird die während der Partnerschaft gelebte Praxis bis zum Zeitpunkt der Trennung nicht infrage gestellt. Wird also die Frau in der Partnerschaft die alleinige Eigentümerin von Haus oder Wohnung, während die monatlichen Darlehenszahlungen nur vom Mann vorgenommen werden, kann dieser von ihr für die Zeit bis zur Trennung keinen rückwirkenden Ausgleich verlangen. Das gilt unabhängig davon, von wem aus welchem Grund die Trennung herbeigeführt wurde. Für die Zeit ab der Trennung besteht allerdings im Verhältnis der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kein Grund mehr, für die Immobilie des anderen zu zahlen. Geschieht dies doch, zum Beispiel weil beide Partner den Darlehensvertrag unterschrieben haben, kann der Partner ab der Trennung vom Eigentümer der Immobilie die Erstattung der geleisteten Beträge verlangen.

Hinweis: Achtung! Wird mit der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen zu lange gewartet, können diese innerhalb von drei Jahren verjähren. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch fällig wird. Nichteheliche Partner sollten sich also prinzipiell vertraglich voreinander absichern, wenn sie eine Immobilie erwerben oder bauen.

Quelle: OLG Bremen, Beschl. v. 15.01.2016 – 4 W 5/15
Thema: Familienrecht

Racial Profiling: Die anlasslose Polizeikontrolle Dunkelhäutiger im Regionalzug ist diskriminierend

Die Kontrolle dunkelhäutiger Personen ohne weiteren Anlass ist rechtswidrig.

Drei Beamte der Bundespolizei stiegen in einen Zug und forderten von einer dunkelhäutigen Familie mit deutscher Staatsbürgerschaft, ihre Ausweise vorzuzeigen. Die Betroffenen übergaben ihre beiden deutschen Personalausweise, die Polizeibeamten glichen die Daten telefonisch ab und stiegen nach Rückgabe der Ausweise an der nächsten Haltestelle wieder aus dem Zug. Weitere Kontrollen hatte es zuvor nicht gegeben. Das wollte sich die Familie nicht gefallen lassen. Sie hielt die Maßnahme für rechtswidrig und klagte vor dem Verwaltungsgericht.

Dieses gab der Klage statt, da es sich um einen Regionalzug gehandelt hatte und dieser nicht zur unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik genutzt werden konnte. Grundsätzlich ist natürlich eine Polizeikontrolle auch in einem Regionalzug zulässig – in diesem speziellen Fall jedoch nicht. Denn die Hautfarbe der Familie war ein augenscheinlich ausschlaggebendes Kriterium für die Kontrolle, welche die Familie somit diskriminierte.

Hinweis: Auch der telefonisch durchgeführte Abgleich der Personalien war entsprechend rechtswidrig.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.04.2016 – 7 A 11108/14.OVG

Thema: Sonstiges

Mindestmüllmenge: Mieter können nicht auf der Berechnung nach tatsächlichem Verbrauch bestehen

Überraschendes kommt vom Bundesgerichtshof aus Karlsruhe.

Vermieter hatten ihren Mietern mitgeteilt, dass sie die Müllkosten künftig nicht mehr wie bisher insgesamt nach der Wohnfläche, sondern zu 30 % nach der Wohnfläche und zu 70 % nach dem erfassten Volumen abrechnen werden. Jeder Mieter erhielt hierzu für die Abfallschleuse einen Transponder oder Identchip. Auf diese Weise wurden für den Abrechnungszeitraum 2008 für die Mieter 95 Liter und 65 Liter Restmüll für den Abrechnungszeitraum 2009 erfasst. In der Folgezeit nutzten jedoch nicht sämtliche Haushalte die Abfallschleuse. Das unterschritt das Mindestvolumen, das die gemeindliche Abfallsatzung vorsah. Daher erklärten die Vermieter ihren Mietern, dass im Folgejahr diese Mindestmenge Grundlage der Berechnungen werde, bei dem der bisherige Verteilerschlüssel beibehalten werde. Das wollten die Mieter sich nicht gefallen lassen. Sie waren der Ansicht, es dürfe nicht die Mindestmenge, sondern nur die tatsächlich erfasste Müllmenge zugrunde gelegt werden. Deshalb errechneten sie ein Guthaben aus ihrer Müllabrechnung und klagten. Das allerdings mit wenig Erfolg.

Die Mieter konnten keinen Neuabrechnung der Betriebskosten verlangen. Ebenso wenig stand ihnen ein Guthaben zu. Verbrauchsabhängige Betriebskosten können laut Gesetz nach dem erfassten Verbrauch umgelegt werden. Die Berücksichtigung einer angemessenen Mindestmenge an Restmüll ist dabei völlig in Ordnung.

Hinweis: Diese auf den ersten Blick nicht ganz gerechte Mindestmengenberechnung wirkt dem Anreiz entgegen, dass sich einzelne Mieter zur Minimierung ihrer Betriebskosten der Erfassung des Restmülls entziehen, indem sie ihn illegal entsorgen.

Quelle: BGH, Urt. v. 06.04.2016 – VIII ZR 78/15
Thema: Mietrecht

Kein Geld für den Ex: Geschiedenentestamente geben besonders bei gemeinsamen Kindern Sicherheit

Nach einer Scheidung möchten die Ex-Ehegatten häufig verhindern, dass der geschiedene Partner von dem eigenen Vermögen profitiert.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass durch eine Scheidung nicht notgedrungen alle künftigen Ansprüche des Ex-Partners ausgeschlossen werden. Ein sogenanntes Geschiedenentestament kann dabei helfen, die erbrechtlichen Angelegenheiten in einer solchen Situation neu zu regeln.

Durch die Scheidung erlischt zwar das gesetzliche Erbrecht des Partners und auch letztwillige Verfügungen – wie einseitige Testamente zugunsten des Ex-Partners, gemeinschaftliche Ehegattentestamente oder Erbverträge – werden dann grundsätzlich unwirksam. Zur Sicherheit sollten diese jedoch (notariell) widerrufen und ein neues Testament errichten werden, um Unklarheiten zu vermeiden.

Gibt es gemeinsame Kinder, kann der Ex-Partner zudem über sie einen Zugriff auf das ererbte Vermögen bekommen. Sind die Kinder noch minderjährig, erhält der Ex-Partner als Erziehungsberechtigter nach der gesetzlichen Regelung die Verwaltungsbefugnis über den Erbteil, der den Minderjährigen zusteht. Verstirbt das Kind sogar, ist der Ex-Partner als Elternteil gesetzlicher Erbe des Kindes.

Hinweis: Durch ein Geschiedenentestament kann der Ex-Partner weitgehend von der Beteiligung am Vermögen ausgeschlossen werden. So kann zum Beispiel das gemeinsame Kind als Vorerbe eingesetzt werden und eine dritte Vertrauensperson als Nacherbe. Der geschiedene Partner hat dann im Todesfall des Kindes keinen Anspruch auf dieses Vermögen. Zudem kann geregelt werden, wer das Vermögen für die Kinder bis zu deren Volljährigkeit verwaltet. Bei der Gestaltung von Geschiedenentestamenten empfiehlt es sich, juristischen Rat einzuholen, da viele Eventualitäten berücksichtigt werden müssen.

zum Thema: Erbrecht

Sichtbarkeitsgrundsatz: Nur erkennbare Halt- und Parkverbote verpflichten zur genauen Beachtung

Der sogenannte Sichtbarkeitsgrundsatz gilt uneingeschränkt auch bei Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen.

Die Stadt Berlin hatte anlässlich eines Straßenfests mobile Halteverbotsschilder aufgestellt. In diesem Bereich stand ein Fahrzeug, dessen Halter nicht ermittelt werden konnte, so dass das Fahrzeug kostenpflichtig abgeschleppt wurde. Der Halter des Fahrzeugs war allerdings der Auffassung, dass das mobile Halteverbotsschild für einen durchschnittlich aufmerksamen Fahrzeugführer nicht erkennbar war, weil es parallel zur Fahrtrichtung und zu niedrig aufgestellt worden war.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dieser Auffassung entsprochen und entschieden, dass das Abschleppen des Fahrzeugs rechtswidrig war. Die Vorinstanzen waren zwar der Auffassung, dass der Fahrzeugführer beim Parken den Bereich um das Fahrzeug nach Park- oder Halteverbotsschildern abzusuchen habe. Demgegenüber vertritt das BVerwG jedoch die Auffassung, dass sich der Fahrzeugführer beim Abstellen des Fahrzeugs über den Bedeutungsgehalt nur dann informieren muss, wenn Halt- oder Parkverbote erkennbar sind. Es besteht keine Verpflichtung, den Bereich rund um das Fahrzeug danach abzusuchen, ob Verkehrszeichen zur Regelung des ruhenden Verkehrs vorhanden sind oder nicht.

Hinweis: Sollen künftig im Halteverbot abgestellte Fahrzeuge abgeschleppt werden, sind die Behörden verpflichtet, die vorhandenen Verkehrszeichen zu fotografieren, damit später der Einwand widerlegt werden kann, diese seien nicht erkennbar gewesen.

Quelle: BVerwG, Urt. v. 06.04.2016 – 3 C 10.15
Thema: Verkehrsrecht

Kündigung Schwerbehinderter: Vorgabe für ein Präventionsverfahren gilt nicht innerhalb der Probezeit

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ein wichtiges Urteil zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen gefällt.

Eine schwerbehinderte Frau war für ein Landeskriminalamt tätig, doch das Arbeitsverhältnis wurde noch während der Probezeit in den ersten sechs Monaten seitens des Arbeitgebers beendet. Gegen die Kündigung ging die Frau zwar nicht an, jedoch verlangte sie einen Entschädigungsanspruch, da sie sich diskriminiert fühlte. Der Arbeitgeber hätte ihrer Ansicht nach das sogenannte Präventionsverfahren nach dem Neunten Sozialgesetzbuch durchführen müssen. Dieses Prozedere schreibt Arbeitgebern vor, bei Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit schwerbehinderten Menschen bestimmte vorbeugende Maßnahmen durchzuführen, um die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses möglichst zu verhindern. Nach dem BAG gilt diese Vorgabe allerdings nicht für die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses. Deshalb verlor die Frau ihre Klage.

Hinweis: Arbeitgeber müssen also innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses kein Präventionsverfahren durchführen, bevor sie schwerbehinderten Arbeitnehmern während der Probezeit kündigen.

Quelle: BAG, Urt. v. 21.04.2016 – 8 AZR 402/14

Thema: Arbeitsrecht

Bei rosigen Einkommensverhältnissen: Bestimmung des Ehegattenunterhalts durch konkrete Bedarfsermittlung statt durch Quote

Bei Trennung und Scheidung richtet sich die Höhe des zu zahlenden Unterhalts nach den wirtschaftlichen Verhältnissen. Je mehr Geld zur Verfügung steht, desto mehr Unterhalt ist zu zahlen. Gelegentlich stellt sich allerdings die Frage nach der Obergrenze bei der Unterhaltsbestimmung.

Verdient ein Unterhaltspflichtiger ein Durchschnittseinkommen, wird der bei Trennung und Scheidung an den anderen Ehegatten zu zahlende Unterhalt nach einer Quote bestimmt. Diese fällt – nach vorherigem Abzug des Kindesunterhalts und unter Berücksichtigung von Mindestbeiträgen sowie evtl. Besonderheiten – je nach Bezirk leicht unterschiedlich aus, folgt aber stets demselben Prinzip.

Etwas anderes gilt, wenn ein Einkommen so hoch ist, dass es nicht vollständig zum Leben benötigt wird, sondern Mittel in die Vermögensbildung fließen können. Dazu bedarf es nicht der Einkünfte, wie sie bei Spitzenmanagern vorherrschen – sehr gute Einkommensverhältnisse sind für die Änderung des Berechnungsprinzips nach Quote dennoch nötig. In solchen Fällen wird der Unterhalt dann nämlich konkret bestimmt – also danach, was tatsächlich zum Leben des Unterhaltsberechtigten benötigt wird.

Wo aber die Grenze zu ziehen ist, hat die Rechtsprechung bisher noch nicht festgelegt. Neuerdings tendiert sie dazu, von der quotierten Unterhaltsberechnung auf die konkrete Unterhaltsberechnung zu wechseln, sobald dem unterhaltsberechtigten Ehegatten laut quotierter Berechnung mehr als 5.000 EUR pro Monat zur Verfügung stünden.

Hinweis: Ein Rechenbeispiel zur Veranschaulichung der derzeitigen Praxis: Ein kinderloses Paar trennt sich, der Mann verdient 6.500 EUR und die Frau weist Einkünfte von 2.400 EUR auf. Die bezirksübliche Quote von 45 % veranschlagt den Unterhalt hier folglich auf 1.845 EUR ((6.500 EUR – 2.400 EUR) x 0,45). Der Frau stehen somit durch Einkünfte und Unterhalt insgesamt 4.245 EUR zur Verfügung – ein Betrag unterhalb der Grenze, ab der in der gängigen Praxis die Quotenberechnung durch die konkrete Berechnung abgelöst wird.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.09.2015 – 11 UF 100/15

Thema: Familienrecht

Umzug zählt nicht: Kündigung langfristiger Verträge nur bei wichtigen Gründen vorzeitig möglich

In einem aktuell vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall ging es um die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündbarkeit einer Fitnesstudiomitgliedschaft.

Ein Mann aus Hannover hatte im Jahr 2010 einen langfristigen Vertrag für die Nutzung eines Fitnessstudios abgeschlossen. Die Laufzeit belief sich auf 24 Monate mit einer Verlängerungsklausel um jeweils ein Jahr, falls keine Kündigung erfolgt. So verlängerte sich hier der Vertrag über die Jahre automatisch bis zum 31.07.2014. Nachdem der Fitnesskunde im Oktober 2013 zum Soldaten auf Zeit ernannt und sofort nach Köln, Kiel und zum Schluss nach Rostock versetzt wurde, kündigte er jedoch am 05.11.2013 den Fitnessstudiovertrag und stellte seine Zahlungen ein. Der Betreiber des Fitnessstudios wollte jedoch auch für die Zeit von Oktober 2013 bis Juli 2014 die laut Vertrag fälligen Gebühren bezahlt bekommen – es ging hier um immerhin mehr als 700 EUR.

Der BGH stellte sich auf die Seite des Fitnessstudiobetreibers. Ein Recht zur vorzeitigen Kündigung des Dauerschuldverhältnisses bestand nämlich nicht. Ein solches Kündigungsrecht gibt es lediglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, beispielsweise eine Erkrankung oder eine Schwangerschaft. Ein Wechsel des Wohnorts stellt dagegen keinen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags dar.

Hinweis: Dieses Urteil wird für eine Vielzahl langfristiger Verträge gelten. Grundsätzlich gilt eben: Einmal geschlossene Verträge darf man nicht brechen.

Quelle: BGH, Urt. v. 04.05.2016 – XII ZR 62/15

Thema: Sonstiges