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Schlagwort: bgh

Solvente Ex-Partner: Der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss durch Ehegatten gilt nur bis zur Scheidung

Es ist keine ungewöhnliche Prozesskonstellation, dass ein Mittelloser gegen einen wirtschaftlich Bessergestellten sein persönliches Recht durchsetzen möchte. Betrifft das Ehegatten, hat der Schlechtergestellte ein Anspruch darauf, dass der andere ihm die dafür benötigten Kosten vorschießt. Der Anspruch dem Ehepartner gegenüber ist dem einer staatlich gewährten Verfahrenskostenhilfe gegenüber vorrangig. Doch wie weit geht dieser Anspruch – und vor allem: Wie lange besteht er?

Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof auseinanderzusetzen. Um ihre güterrechtlichen Ansprüche gegen ihren Ehegatten nach Trennung und Einleitung des Scheidungsverfahrens geltend machen zu können, verlangte die Ehefrau einen Vorschuss von rund 60.000 EUR, den sie auch zugesprochen bekam. Nach der Scheidung – aber vor abschließender Klärung der Ansprüche – machte sie dann weitere 10.000 EUR geltend.

Geklärt ist in der Rechtsprechung, dass der Anspruch auf Vorschuss der Kosten nicht nur die Kosten meint, die sich auf ein gerichtliches Verfahren gegen Dritte beziehen (z.B. im Rahmen eines Arbeitsgerichtsprozesses nach Kündigung). Um eine persönliche Angelegenheit handelt es sich vielmehr auch, wenn der Ehegatte auf Unterhalt oder Zugewinnausgleich in Anspruch genommen werden soll. Daher kann ein Ehegatte, der ein Gerichtsverfahren zur Klärung seiner Unterhaltsansprüche nicht selbst bezahlen kann, vom anderen verlangen, dass dieser die anfallenden Gerichtskosten und die anfallenden Kosten des Anwalts im Vorschussweg finanziert. Für den Part, der zahlen muss, ist das natürlich eine wenig erfreuliche Situation.

Aber die Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten besteht in solchen Fällen nur bis zur Scheidung. Ist eine Ehe einmal geschieden, kann vom anderen Ehegatten nicht mehr verlangt werden, weitere Kosten zu übernehmen. Nachdem das Scheidungsverfahren beendet war, bekam die Ehefrau die weiteren 10.000 EUR daher nicht zugesprochen.

Hinweis: Oft sind die finanziellen Verhältnisse beider Ehegatten schlecht, weshalb der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss nicht geltend gemacht werden kann. Das ist im Einzelfall fachkundig zu prüfen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 12.04.2017 – XII ZB 254/16

zum Thema: Familienrecht

Mangelhafte Silikonimplantate: Der TÜV ist für nachträgliche Produktverfälschungen nicht in Regress zu nehmen

Der Fall über mangelhafte Silikonimplantate aus Frankreich ging durch die Medien.

Die Klägerin dieses Falls hatte sich Silikonbrustimplantate einsetzen lassen, die von einem in Frankreich ansässigen Unternehmen hergestellt worden waren. Dieses hatte hierfür allerdings nur minderwertiges Industriesilikon verwendet – mit der Folge, dass die Implantate wieder entfernt werden mussten und die Frau ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000 EUR verlangte. Da das französische Unternehmen insolvent war, klagte sie gegen den TÜV Rheinland, der die Angelegenheit angeblich nicht ordnungsgemäß überwacht hatte. Der TÜV Rheinland war hierbei nämlich mit den erforderlichen Prüfungen nach den medizinrechtlichen Regelungen beauftragt worden. Diese Prüfungen hatte der TÜV auch tatsächlich durchgeführt – allerdings an ordnungsgemäßen Implantaten, die der Hersteller später durch minderwertige Implantate ersetzt hatte. Die Frau meinte nun, der TÜV Rheinland hätte unter anderem unangemeldete Inspektionen durchführen müssen, um die ausgewiesene Produktsicherheit garantieren zu können.

 

Doch das sah der Bundesgerichtshof anders. Der TÜV war nicht verpflichtet, unangemeldete Inspektionen durchzuführen, Produkte zu prüfen und/oder Geschäftsunterlagen zu sichten. Es lagen keinerlei Hinweise vor, die darauf hindeuteten, dass die medizinischen Anforderungen möglicherweise gar nicht erfüllt waren.

Hinweis: Der TÜV Rheinland musste also keine zusätzlichen Prüfungen durchführen, da überhaupt keine Hinweise vorlagen, dass die in Einsatz gebrachten Brustimplantate mangelhaft waren. Das Urteil wird auch für andere Produkte Anwendung finden, die ein entsprechendes Prüfsiegel aufweisen.

Quelle: BGH, Urt. v. 22.06.2017 – VII ZR 36/14

  Sonstiges

Versteigerung des Familienheims: Kein Zurückbehaltungsrecht des Erlöses wegen möglicher Zugewinnausgleichsforderung

Zu klären, was mit dem beiden Ehegatten gehörenden Familienheim nach der Scheidung passiert, ist immer wieder eine schwer zu lösende Problematik. Eine Einigung kann nicht erzwungen werden. Wird sie nicht gefunden, ist die Zwangsversteigerung das einzige Mittel, um die Gemeinschaft zu beenden.

Die Zwangsversteigerung löst viele Unsicherheiten aus und auch etliche Rechtsfragen. Eine für die Betroffenen entscheidende Frage ist, was passiert, wenn die Versteigerung nach Abzug aller Kosten einen Überschuss – den sogenannten Übererlös – erbracht hat. Wie wird dieser zwischen den im Zweifel nach wie vor zerstrittenen (ehemaligen) Ehegatten verteilt? Dazu hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) nun geäußert.

 

Die Ehefrau betrieb die Zwangsversteigerung; der Mann steigerte mit und erhielt schließlich den Zuschlag. Nun blieb nach Abzug der Kosten ein Übererlös. Den hinterlegte das Gericht. Nun machte der Mann geltend, ihm stünden noch etliche Forderungen gegen die Frau zu. Ihm sei deshalb nicht nur seine Hälfte des Erlöses auszuzahlen, sondern wegen der diversen Forderungen darüber hinaus mehr. Die Frau machte dagegen geltend, dass es sich bei der Miteigentümergemeinschaft am Haus um eine Gemeinschaft gehandelt habe, bei der nicht berücksichtigt werden dürfe, dass die Ehegatten auch verheiratet waren. Etwaige Forderungen des Mannes seien hier nicht zu beachten, soweit sie familienrechtlicher Art sind. Nur solche Forderungen dürften berücksichtigt werden, die rein auf der Grundstücksgemeinschaft beruhen.

Der BGH gab der Frau Recht. Für die Praxis bedeutet dies: Wenn es zur Zwangsversteigerung kommt, das Familienheim versteigert und der Erlös hinterlegt wird, kann jeder Miteigentümer-Ehegatte seinen Anteil am Erlös für sich reklamieren. Der andere kann dies nicht mit der Begründung verhindern, dass er etwa noch einen Anspruch auf Zugewinnausgleich hat.

Hinweis: Der gesamte Bereich der Zwangsversteigerung ist rechtlich schwierig. Fachkundigen Rat einzuholen ist dringend geboten.

Quelle: BGH, Beschl.v. 22.02.2017 – XII ZB 137/16

  Familienrecht

Schutzimpfungen des Kindes: Bundesgerichtshof vertraut der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts

Es gibt eine Schulpflicht in Deutschland, aber keine gesetzliche Impfpflicht. Eltern, die eine unterschiedliche Ansicht über die Frage von Schutzimpfungen haben, können sich deshalb trefflich streiten, ob ihr Kind den entsprechenden Schutz erhalten soll oder nicht. Nun wurde diesbezüglich der Bundesgerichtshof (BGH) bemüht.

Die nicht miteinander verheirateten Eltern eines im Juni 2012 geborenen Mädchens hatten sich getrennt. Die elterliche Sorge stand ihnen gemeinsam zu, wobei das Kind bei der Mutter lebte. Der Vater war der Ansicht, die altersentsprechenden Schutzimpfungen seien bei der Tochter vorzunehmen – genauer gesagt jene verfügbaren Schutzimpfungen, wie sie von der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfohlen werden. Die Mutter war mit der Begründung, das Risiko von Impfschäden sei zu hoch, dagegen. Jeder Elternteil beantragte, ihm die elterliche Sorge allein zu übertragen, soweit es um die Gesundheitssorge geht.

 

Zwei Fragen hatte der BGH hier zu entscheiden. Die erste war jene, ob eine Impfung eine Alltagssache sei oder eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Da Alltagsfragen Fragen seien, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben, sah der BGH hier die Impffrage als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung an, da Impfungen schließlich nicht häufig vorkommen und somit nicht als Alltagsfrage anzusehen sind. Die zweite Frage war nun, wem die elterliche Sorge im Bereich der Gesundheitssorge zu übertragen war. Der BGH erkannte hierbei auf den Mann – im Wissen, dass dann die Schutzimpfung erfolgt. Der BGH sieht es als angemessen an, dass Kinder in dem Maße eine Schutzimpfung erhalten, wie dies die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut für angemessen erachtet. Anderes gelte nur dann, wenn beim Kind besondere Impfrisiken vorliegen. Das war im entschiedenen Fall aber nicht so.

Hinweis: Streitigkeiten zur elterlichen Sorge nehmen in der Praxis nehmen zu. Bezüglich unterschiedlicher Einstellungen zu Schutzimpfungen hat der BGH abschließend Klarheit geschaffen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 03.05.2017 – XII ZB 157/16

  Familienrecht

„Stimmt nicht!“ reicht nicht: Mieter müssen Zweifel zu Flächenangaben mit eigenen Messergebnissen begründen können

Der Streit um die Wohnungsgröße war schon oftmals Gegenstand bei den Gerichten. Wer muss dabei aber was genau darlegen und beweisen?

In dem Rechtsstreit ging es um eine Mieterhöhung. Laut Mietvertrag war die Wohnung 92,54 m² groß. Diese Fläche legte die Vermieterin bei der Berechnung der Mieterhöhung entsprechend zugrunde. Nachdem die Mieterin der Mieterhöhung jedoch nicht zustimmte, klagte die Vermieterin. Die Mieterin bezweifelte die angegebene Wohnfläche und verlangte geeignete Nachweise zur Wohnungsgröße. Hier hätte die Mieterin jedoch nach Ansicht der Richter einmal selbst nachmessen müssen, denn schließlich muss sie nachweisen können, dass sie die angegebene Fläche mit gutem Grund anzweifelt. Es mag die Berechnung der Fläche einer Dachgeschosswohnung aufgrund von Schrägen und Winkeln recht kompliziert sein. Aus diesem Grund reicht es aber auch aus, wenn der Mieter dem Gericht das Ergebnis einer laienhaften, im Rahmen seiner Möglichkeiten liegenden Vermessung mitteilt. Das ist dann allerdings auch erforderlich, um sein Anliegen vor Gericht glaubhaft zu vertreten.

 

Hinweis: Das Nachmessen der Größe der gemieteten Wohnung kann jedem Mieter nur empfohlen werden. Selbst wenn sich vielleicht eine Anpassung des Mietzinses nicht erreichen lässt, ist die Größe doch bei jeder Betriebskostenabrechnung und auch bei jeder Mieterhöhung von Relevanz.

Quelle: BGH, Urt. v. 31.05.2017 – VIII ZR 181/16

  Mietrecht

Abitur-Lehre-Studium: Fehlender Kontaktwille des Kindes kann dessen Recht auf Unterhalt verwirken

Kindern sind die Kosten für eine angemessene Berufsausbildung zu bezahlen, so zum Beispiel nach dem Abitur im Regelfall auch der Unterhalt für die Studienzeit. Dabei gibt es aber auch gewisse Obliegenheitspflichten, deren Missachtung diesen Unterhaltsanspruch entfallen lassen kann.


Dazu hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden: Eine Tochter machte im Alter von 20 Jahren ihr Abitur mit einem Notenschnitt von 2,3 und wollte Medizin studieren. Zunächst wurde sie jedoch nicht zum Studium angenommen. Daraufhin durchlief sie die Ausbildung zur anästhesietechnischen Assistentin und arbeitete knapp zweieinhalb Jahre in diesem Beruf. Zum Wintersemester 2010/2011 wurde sie dann zum Medizinstudium angenommen. Die Tochter beantragte daraufhin BAföG-Leistungen, die sie auch erhielt. Das Amt nahm daraufhin den Kindesvater im sogenannten Erstattungswege auf Unterhalt in Anspruch.

 

Der BGH erkannte darauf, dass bei diesem Berufsweg ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater grundsätzlich durchaus in Betracht käme. Zwar habe das Kind eine Abiturleistung erbracht, die nicht unmittelbar zum Studium berechtigte, da der Notenschnitt hierfür zu schlecht war. Das stehe einem Unterhaltsanspruch aber nicht entgegen, sofern das Kind stattdessen eine das beabsichtigte Medizinstudium vorbereitende praktische Ausbildung durchläuft, die im Zusammenhang mit dem Studium steht. Das gilt umso mehr, wenn das Kind seine Eltern in dieser Zeit nicht auf Unterhalt in Anspruch nimmt und sich selbst unterhält, wie es hier der Fall war. Doch letztlich scheiterte der Unterhaltsanspruch hier aus einem ganz anderen, aber eben entscheidenden Grund: Zu einem letzten Kontakt zwischen Kind und Vater war es gekommen, als das Kind 16 Jahre alt war. Zum Abitur hatte der Vater noch geschrieben und mitgeteilt, er gehe davon aus, nun keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Das Kind hatte nicht geantwortet und meldete sich auch in den Jahren danach nicht mehr. Deshalb, so der BGH, habe der Vater annehmen dürfen, dass ihn sein Kind nicht mehr auf Unterhalt in Anspruch nehme. Das Ergebnis: Der Tochter wurde kein Unterhalt zugesprochen.

Hinweis: Unterhalt ist nicht allein eine Frage nackter Zahlen: Eltern müssen sich nach ihren Kindern erkundigen, Kinder ihre Eltern informieren.

Quelle: BGH, Beschl. v. 03.05.2017 – XII ZB 415/16

  Familienrecht

Ackerland wird Grünland: Wer der landwirtschaftlichen Nutzung wissentlich nicht nachkommt, ist schadensersatzpflichtig

Wird ein Acker nicht bestellt, wächst dort in der Regel Gras. Das wiederum kann auf die Dauer zu einem Schadensersatzanspruch führen.

Mehrere Grundstücke waren von einem Eigentümer zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet worden. Es ging um ca. 14 ha Ackerland. Bereits bei Übergabe der Grundstücke wurden diese jedoch als Grünland genutzt. Da die Grundstücke zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt und mindestens fünf Jahre lang nicht als Ackerland genutzt wurden, unterlagen sie dann plötzlich der Dauergrünland-Erhaltungsverordnung und dem Dauergrünland-Erhaltungsgesetz – Normen, die auf die europarechtliche Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zurückgehen.

 

Nun wollte der Eigentümer von dem Pächter Schadensersatz erhalten. Und der Bundesgerichtshof urteilte, dass ein Pächter, der als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland nutzt, tatsächlich verpflichtet sein kann, dem Verpächter jenen Schaden zu ersetzen, der durch die europarechtlich vorgegebene Einordnung der gepachteten Flächen als Dauergrünland entsteht. Dabei ist allerdings das Mitverschulden des Verpächters, der von der Angelegenheit insgesamt Kenntnis hatte, zu berücksichtigen. Insgesamt musste der Pächter in diesem Fall 100.000 EUR zahlen.

Hinweis: Pächter von Ackerland sollten also aufpassen, das Land nicht zum Dauergrünland verkommen zu lassen.

Quelle: BGH, Urt. v. 28.04.2017 – LwZR 4/16

zum Thema: Mietrecht

Arten des Widerrufs: Es darf nicht am reinen Wortlaut festgehalten werden

Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) befasst sich mit der Frage, ob in einem Widerruf das Wort „Widerruf“ auftauchen muss. Eine interessante Frage für eine Vielzahl von Geschäften, insbesondere im Internet.

In dem Fall ging es um eine Provision aus einem Grundstücksmaklergeschäft. Ein Kunde hatte sich von einem Makler die Daten eines Verkäufers geben lassen und dabei auch die Zahlung einer Provision vereinbart. Später schloss er das Geschäft jedoch unter Umgehung des Maklers, der natürlich dennoch die vereinbarte Provision erhalten wollte. Im darauffolgenden Prozess wurde die Provisionsvereinbarung allerdings von dem Kunden wegen arglistiger Täuschung angefochten.

 

Der BGH urteilte daraufhin, dass diese Anfechtung einen Widerruf des Geschäfts darstellen würde. Für einen Widerruf muss das Wort „widerrufen“ nicht ausdrücklich verwendet werden. Es genügt, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen will. Sogar eine im Prozess ausgesprochene Anfechtung einer Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung kann als Widerruf ausgelegt werden.

Hinweis: Mittlerweile ist das Gesetz bei Maklerverträgen geändert worden. Ein Widerruf ist nicht mehr ohne weiteres möglich. Was jedoch nach wie vor Bestand hat: Bei einem Widerruf dürfen sich die Vertragsparteien nicht am Wortlaut einer Erklärung festhalten. Es genügt, wenn der Wille deutlich zum Ausdruck gebracht wird. Wer aber sichergehen möchte, schreibt allerdings auch genau das, was er will. Nämlich: „Ich widerrufe …“ oder „Ich kündige …“

Quelle: BGH, Urt. v. 12.01.2017 – I ZR 198/15

Thema: Mietrecht

Vorsorglich statt nachträglich: Neubauplanung muss Dämmungsmaßnahmen innerhalb der eigenen Grundstücksgrenze vorsehen

Wird die Wärmedämmung nachträglich außen auf ein Haus aufgebracht, ist das im Regelfall zulässig. Die meisten Bundesländer haben entsprechende Vorschriften erlassen. Doch was gilt bei Neubauten?

Es ging um die beiden Häuser zweier Nachbarn. Die Giebelwände der Gebäude deckten sich nicht vollständig, vielmehr stand der Giebel des einen neuen Hauses entlang der Grundstücksgrenze 1,61 m vor. In diesem Bereich der Giebelwand brachte der Bauträger dann Dämmmaterial an, das 7 cm in das Grundstück des Nachbarn hineinragte und unverputzt sowie nicht gestrichen war. Nun wollten die Eigentümer Putz und Anstrich mit einer Stärke von maximal 0,5 cm anbringen und beriefen sich auf das Berliner Nachbargesetz. Demnach müssen bei bestehenden Gebäuden solche Maßnahmen vom Nachbarn geduldet werden. Schließlich zog der Nachbar vor Gericht und wollte die Duldung durch den Nachbarn gerichtlich durchsetzen.

 

Das Gericht entschied jedoch anders: Für Neubauten bleibt es insoweit bei dem Grundsatz, dass sie so zu planen sind, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.

Hinweis: Grundstücksgrenzen müssen eingehalten werden. Der Überbau ist und bleibt eine große Ausnahme. Das sollten Bauherren bei der Erstellung eines Gebäudes berücksichtigen.

Quelle: BGH, Urt. v. 02.06.2017 – V ZR 196/16

zum Thema: Mietrecht

Keine höhere Gewalt: Reiseveranstalter haftet nicht für geplatzte Reise durch behördliche Schlamperei

Sie möchten in die USA fliegen und beantragen einen Reisepass. Was aber, wenn die Gemeinde dabei schlampt und ein Formfehler Ihre Reise am Abflugtag verhindert? Müssen Sie dann trotzdem Ihren Reiseveranstalter bezahlen?

Eine Familie wollte in die USA reisen. Zuvor wurden bei der Gemeinde neue Reisepässe beantragt. Die zuständige Bundesdruckerei hatte jedoch diese Pässe wegen Nichtvorliegens einer Eingangsbestätigung als „abhandengekommen“ gemeldet. Dies hatte zur Folge, dass der Familie am Abreisetag der Abflug in die USA verweigert wurde. Das Reiseunternehmen zahlte daraufhin zwar einen Teil des Reisepreises zurück; das reichte der Familie jedoch nicht und sie klagte die Rückzahlung des gesamten Reisepreises ein – allerdings vergeblich. Denn ein Reisevertrag kann nicht gekündigt werden, weil der Reisende aufgrund eines Verschuldens der Gemeinde nicht rechtzeitig seinen Pass erhält. Im Verhältnis zum Reiseveranstalter fällt die Mitführung für die Reise geeigneter Ausweispapiere nämlich in die Risikosphäre des Reisenden. Und so sehr solch ein Versagen der Gemeinde ironisch als „höhere Gewalt“ angesehen werden könnte, so objektiv ist nur ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes (!) und auch trotz äußerster zu erwartender Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis darunter zu verstehen.

Hinweis: So schlecht das Urteil für die Familie ist, so wenig darf eine solche Schlamperei der Gemeinde in den Risikobereich eines Reiseveranstalters fallen.

Quelle: BGH, Urt. v. 16.05.2017 – X ZR 142/15
Thema: Sonstiges