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Schlagwort: OLG Karlsruhe

Kündigungs(un-)recht der Bausparkasse: Sparerfreundliches Urteil geht in Revision final an den Bundesgerichtshof

Es haben schon viele Gerichte Urteile zur Frage des Kündigungsrechts von Bausparkassen nach der Zuteilungsreife von Bausparverträgen gefällt. Hier kommt ein weiteres des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Ein Ehepaar hatte im Jahr 1991 einen Bausparvertrag abgeschlossen. Dieser war seit 2002 zuteilungsreif, das Darlehen wurde allerdings nicht in Anspruch genommen. Das Bausparguthaben wurde seitdem weiterhin nach den vertraglichen Vereinbarungen mit 2,5 % verzinst. In Zeiten der Niedrigzinsen passte das der Bausparkasse natürlich überhaupt nicht, weshalb sie den Vertrag 2015 kündigte. Das Ehepaar wollte den Vertrag jedoch fortsetzen und klagte deshalb – und zwar erfolgreich!

Der Bausparkasse stand nach Ansicht des OLG kein Kündigungsrecht zu. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang stets die entsprechende Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in dem das ordentliche Kündigungsrecht eines Darlehensnehmers geregelt ist. Danach hat ein Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht, wenn er das Darlehen „vollständig empfangen hat“. Vollständig empfangen ist das Darlehen aber nur, wenn die Bausparsumme erreicht ist, und nicht bereits dann, wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif ist. Die Bausparkasse kann sich deshalb nicht auf ein entsprechendes Kündigungsrecht berufen.

Hinweis: Das Urteil wird nicht das letzte Wort sein. Es wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dieser wird sicherlich in den nächsten Monaten eine grundsätzliche Entscheidung zu diesen Fällen treffen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 08.11.2016 – 17 U 185/15
Thema: Sonstiges

Willkommen in Schilda! Erkennbar unsinnige Baustellenbeschilderung setzt ihre Geltung selbst außer Kraft

Ist für jeden Verkehrsteilnehmer das Verkehrszeichen erkennbar unsinnig, ist die damit getroffene Anordnung ungültig.

An der Kreuzung eines Gemeindeverbindungswegs und einer Landstraße kam es zur Kollision zweier Fahrzeuge. Die Geschädigte befuhr mit ihrem Auto die Landstraße. Ihr Unfallgegner kam aus ihrer Sicht von links aus dem Gemeindeverbindungsweg. Er befuhr trotz eines Stoppschilds die Kreuzung, obwohl die Geschädigten diese noch nicht verlassen hatte. Beide kollidierten. So weit, so klar. Aber: Zum Zeitpunkt des Unfalls gab es auf der betreffenden Landstraße eine Baustelle, in deren unmittelbarem Bereich diese auch voll gesperrt war. Dadurch gab es an der Unfallkreuzung für Fahrzeuge, die entgegengesetzt zur Fahrtrichtung der Geschädigten fuhren, ein Verkehrszeichen mit dem „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ inkl. dem Zusatzschild „Anlieger bis Baustelle frei“. Und natürlich befand sich auch in Fahrtrichtung der Geschädigten an mehreren Stellen das Verkehrsschild „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ – hier allerdings ohne den „Anlieger-frei“-Hinweis.

Die gegnerische Haftpflichtversicherung argumentierte nun, dass die Geschädigte aufgrund der Beschilderung ihrem Unfallgegner hätte Vorrang gewähren müssen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah das jedoch komplett anders und hat den Unfallverursacher zu vollem Schadensersatz verurteilt.

Denn nach Ansicht des Gerichts war der Mann verpflichtet, das Vorfahrtsrecht der Geschädigten zu beachten. Obwohl die Geschädigte das Verkehrszeichen „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ zu beachten hatte, lässt sich hieraus kein schuldhafter Verkehrsverstoß herleiten – denn das in Fahrtrichtung der Geschädigten aufgestellte Verbotsschild ist als ungültig anzusehen. Durch die widersprüchliche Baustellenbeschilderung war die Landstraße logischerweise zur Sackgasse geworden. Zum Unfallzeitpunkt konnten die Fahrzeuge ab der Kreuzung nur noch bis zur Baustelle fahren. Wenn sie in die durch die Baustelle geschaffene Sackgasse hineingefahren wären, hieße das aufgrund der in der Gegenrichtung aufgestellten Schilder „Verbot für Fahrzeuge aller Art“, dass sie nicht mehr hätten herausfahren dürfen. Es ist offenkundig, dass die gleichzeitige Beschilderung „Zulässiges Einfahren für Anlieger“ und „Unzulässiges Ausfahren“ nicht gewollt war und nicht dem Willen der Verkehrsbehörde entsprechen konnte.

Hinweis: Die Ungültigkeit von Verkehrszeichen kann nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden. Die subjektive Bewertung eines Verkehrszeichens als „unsinnig“ reicht hierfür nicht aus.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.06.2015 – 9 U 18/14
Thema: Verkehrsrecht

Ungeborenes Trennungskind: Bei Streit um die Namenswahl können werdende Eltern das Gericht anrufen

Streit ist in der ersten Phase der Trennung über so ziemlich alles möglich. Kommt es kurz vor der Geburt eines gemeinsamen Kindes zur Trennung, kann auch der Streit über die Frage der Namensgebung des Kindes Gerichte beschäftigen. Für die juristische Auseinandersetzung ist wie so meist auch hier auf Besonderheiten zu achten.

Im Allgemeinen sind die werdenden Eltern während der Schwangerschaft damit beschäftigt, über den Kindesnamen nachzudenken und ihn schließlich gemeinsam auszuwählen. Im Fall einer Trennung vor der Geburt können sie – unabhängig davon, ob sie getrennt leben oder nicht – zu dieser Problematik das Familiengericht anrufen. Dieses prüft die Angelegenheit und überträgt sodann die Entscheidung zu diesem Punkt der elterlichen Sorge einem Elternteil, womit dann auch geklärt ist, welchen Namen das Kind bekommen wird.

Und wie wird das Gericht angerufen? Normalerweise bestehen zwei Möglichkeiten, um eine gerichtliche Entscheidung zu erhalten. Es kann das sogenannte Hauptsacheverfahren eingeleitet werden, in dem das Gericht abschließend nach voller Überprüfung der Sach- und Rechtslage inklusive der etwa einzuholenden Beweise entscheidet. Alternativ wird ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eingeleitet. Hier entscheidet das Gericht zwar deutlich schneller, jedoch nur vorläufig und vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung in einem späteren Hauptsacheverfahren.

Da es aber in der Natur der Sache liegt, dass der Vorname für einen Menschen Bestand haben sollte, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe nun, dass ein gerichtliches Verfahren hier immer nur im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens geführt werden kann – eine lediglich vorläufige Entscheidung sei in einem solchen Fall nicht möglich.

Hinweis: Eine Streitigkeit wie die hier beschriebene ist in der Regel hoch emotional. Da kann es durchaus sinnvoll sein, sich kompetenten juristischen Rat zu suchen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.06.2016 – 5 UF 74/16

Thema: Familienrecht

Vollkasko oder Haftpflicht: Restwert oder Gründe der Verkehrssicherung entscheiden über Abschleppkostenübernahme

Der Versicherungsnehmer hat gegenüber seiner Vollkaskoversicherung keinen Anspruch auf die Erstattung von Abschleppkosten, wenn das versicherte Fahrzeug weitgehend zerstört ist und erkennbar über keinen relevanten Restwert mehr verfügt.

Der Lkw der Geschädigten geriet in Brand und wurde hierdurch fast vollständig zerstört. Auf Veranlassung der herbeigerufenen Polizei wurde das Fahrzeug abgeschleppt. Die hierfür entstanden Kosten von fast 5.300 EUR verlangte die Geschädigte von ihrer Kaskoversicherung ersetzt.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat jedoch entschieden, dass dieser Anspruch auf Erstattung der Kosten nicht besteht, da die Versicherung nur solche Aufwendungen übernimmt, die der Versicherungsnehmer für „geboten“ halten darf. Geboten sind dabei solche Maßnahmen, die erfolgversprechend sind und im verhältnismäßigen Aufwand zum angestrebten Erfolg stehen. Im vorliegenden Fall hatte der ausgebrannte Lkw nur noch einen Restwert von 52 EUR. Bei einem völlig zerstörten und ausgebrannten Fahrzeug hätte daher auch einem Laien einleuchten müssen, dass das Fahrzeugwrack keinerlei Wert mehr verkörpert.

Hinweis: Für Geschädigte ist das Urteil sicherlich nur schwer zu verstehen, da ihnen gemäß der Entscheidung des Gerichts abverlangt wird, vor Ort zu entscheiden, ob ihr ausgebranntes Fahrzeug noch einen Restwert hat oder eben nicht. Da es Versicherungsnehmern meist an Erfahrungssätzen fehlt, dürfte es oftmals nur vom Zufall abhängen, ob die Abschleppkosten von der Vollkaskoversicherung übernommen werden. Stellt sich heraus, dass das ausgebrannte Fahrzeug über keinerlei Restwert mehr verfügt, bleibt Geschädigten nur der Weg, Abschleppkosten mit ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung abzurechnen, da diese zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist – selbst wenn es nicht zu einem Drittschaden gekommen ist. Begründet wird dies damit, dass zur Sicherung des Verkehrs ein Abschleppen des Fahrzeugs regelmäßig veranlasst wird, da es oftmals zu Verschmutzungen der Straße infolge auslaufender Flüssigkeiten kommt.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.12.2015 – 12 U 101/15
Thema: Verkehrsrecht

Künstliche Befruchtung: Verwitweter hat kein Recht auf die Herausgabe konservierter, befruchteter Eizellen

Bleibt ein Kinderwunsch unerfüllt, besteht unter Umständen die Möglichkeit, sich an eine entsprechende Klinik zu wenden, um eine künstliche Befruchtung durchzuführen. Mitunter werden dort in einem gängigen Prozedere auch Eizellen konserviert. Aber was geschieht eigentlich mit den befruchteten und konservierten Eizellen, wenn einer der potentiellen Elternteile stirbt?

Diese Frage stellte sich in einem nun vom Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) entschiedenen Fall. Ein Ehepaar hatte befruchtete Eizellen in einer Klinik konservieren lassen. Nachdem die Frau verstorben war, verlangte der Mann nun die Herausgabe dieser Eizellen. Doch die Klinik weigerte sich. Sie stellte sich zum einen auf den Standpunkt, dass die Herausgabe vertraglich nicht vereinbart sei: Im „Konservierungsvertrag“ sei nämlich geregelt, dass die Eizellen nur an beide Ehegatten gemeinsam herauszugeben seien. Im Fall des Todes eines der Ehegatten – so sei weiter vereinbart – würden die Eizellen nicht weiter aufbewahrt. Allein diese Vereinbarung genügte dem OLG, um die Klage des Mannes auf Herausgabe der Eizellen abzuweisen. Ergänzend wies das Gericht darauf hin, dass die Herausgabe auch aus einem anderen Grund nicht verlangt werden könne: Nach dem Embryonenschutzgesetz sei es nämlich verboten, eine Eizelle einem anderen Zweck zuzuführen als einer Schwangerschaft bei eben jener Frau, von der die Eizelle stammt. Da im entschiedenen Fall eine andere Frau das Kind hätte austragen müssen, entfiel auch aus diesem Grund die Möglichkeit, die Herausgabe der Eizellen zu verlangen.

Hinweis: Ein Kinderwunsch kann zur Bereitschaft führen, jegliche Möglichkeiten der Medizin zu nutzen, um diesen erfüllt zu bekommen. Wer handeln will, tut gut daran, sich vorher über die rechtlich zulässigen Optionen zu informieren.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.06.2015 – 14 U 165/15
Thema: Familienrecht

Scheidung von Asylbewerbern: Der „gewöhnliche Aufenthalt“ entscheidet über die Zuständigkeit deutscher Gerichte

Auch bei Asylbewerbern können familienrechtliche Probleme auftreten. Lernt ein Asylbewerber einen deutschen Partner kennen, kann er daran interessiert sein, die bisherige Ehe schnell zu beenden, um den neuen deutschen Partner zu heiraten. So ohne weiteres ist die Zuständigkeit der deutschen Gerichte in einem solchen Fall jedoch nicht gegeben.

Mit dieser Problematik hat sich auch das Oberlandesgericht Koblenz auseinandergesetzt. Gleich nach der Eheschließung reiste ein Ehepaar aus der Republik Kosovo nach Deutschland und beantragte erfolglos Asyl. Einen Monat nach der Einreise trennte sich das Paar. Der Mann hatte eine Deutsche kennengelernt und wollte diese nun heiraten.

Das angerufene Amtsgericht ist, so die Entscheidung, für das Scheidungsverfahren abgelehnter Asylbewerber nicht zuständig. Grund: Da keiner der Eheleute Deutscher ist bzw. bei der Eheschließung war, setzt die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts voraus, dass beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.

Dieser „gewöhnliche Aufenthalt“ einer Person ist dabei keine rechtliche Frage. Es kommt also nicht darauf an, wo der Wohnsitz angemeldet ist. Es geht vielmehr um den tatsächlichen Lebensmittelpunkt. Bei einem Asylbewerber ist dieser nicht automatisch mit der Einreise nach Deutschland auch in Deutschland. Denn maßgeblich ist, inwieweit es zu einer Einbindung in das soziale Umfeld gekommen ist. Dazu bedarf es einer gewissen Zeit. Lebt ein Asylbewerber mehrere Jahre in Deutschland, spricht dies für einen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Land. Dabei ist es unerheblich, ob er mit einer Abschiebung zu rechnen hat. Ein gewöhnlicher Aufenthalt liegt aber nicht schon dann vor, wenn die Einreise wie im entschiedenen Fall erst vor kurzem erfolgt ist.

Hinweis: Im entschiedenen Fall wurde die besondere Einbindung in das soziale Umfeld unter anderem damit begründet, dass die vier Kinder der neuen Partnerin den die Scheidung begehrenden Asylbewerber bereits „Papa“ nennen würden. Dies hielt das Gericht nach so kurzer Zeit für bedenklich – es half nichts.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.01.2016 – 13 WF 1/16

Thema: Familienrecht

Erbscheingebundene Auskunftspflicht: Alleinerbe muss dem Nachlassgericht die Anschriften seiner Geschwister nicht mitteilen

Um einen Erbschein erteilen zu können, muss das Nachlassgericht die tatsächlichen Erben ermitteln. Und dabei stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit die Erben verpflichtet sind, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.

Ein Mann wurde im Testament seiner Mutter zum Alleinerben eingesetzt. Das Nachlassgericht forderte ihn im Rahmen des Erbscheinverfahrens auf, die Anschriften seiner beiden Geschwister mitzuteilen. Als er diese nicht preisgab, verhängte das Nachlassgericht ein Zwangsgeld, gegen das der Mann gerichtlich vorging.

Das mit der Sache befasste Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass das Nachlassgericht eine allgemeine Amtsermittlungspflicht trifft und es somit die für eine Entscheidung erheblichen Tatsachen von Amts wegen festzustellen hat. Es gibt allerdings keine gesetzlich geregelte Verpflichtung eines Beteiligten, Adressen weiterer eventueller Erben mitzuteilen. Daher kann eine solche Auskunft auch nicht mit Hilfe eines Zwangsgeldes erzwungen werden.

Hinweis: Zwar sind die Beteiligten in einem Erbscheinverfahren grundsätzlich gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Eine Pflicht, bestimmte Angaben zu machen, besteht hingegen nicht. Der Erbe ist insbesondere nicht verpflichtet, die Sache weiter aufzuklären oder etwa einen Erbenermittler einzuschalten. Nur wenn die zumutbare Mitwirkung ohne gerechtfertigten Grund verweigert wird, kann dies zu einer Abweisung des Erbscheinantrags führen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.05.2016 – 11 W 41/16 (Wx)
Thema: Erbrecht

Einkommens- und Vermögensverhältnisse: Unterschiedliche Rechte und Pflichten bei Unterhaltseinigung und Unterhaltsverfahren

Wer Unterhalt zahlen muss, erteilt Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen.

Der Unterhalt wird danach errechnet und bezahlt. Im Idealfall gibt es dabei weder eine Verzögerung bei der Auskunftserteilung noch Streitigkeiten bei der Unterhaltsbestimmung oder den Zahlungen. Die Realität ist von diesem Idealfall allerdings oft weit entfernt.

Oft dauert es, bis nach einer Trennung geklärt ist, welcher Unterhalt zu zahlen ist. Auskünfte werden nur schleppend erteilt, Belege nicht vorgelegt. Es kommt zum Streit, wie die Belege auszuwerten sind, und vieles mehr. Ist dann endlich alles abgeschlossen, kehrt meist nur vorübergehend Ruhe ein. Denn einmalig erhobene Einkommensverhältnisse sind schließlich nicht in Stein gehauen. Wann – so fragt sich der Unterhaltsberechtigte – kann erneut Auskunft verlangt werden, um herauszufinden, ob sich die Situation in der Zwischenzeit verbessert hat und ein höherer Unterhaltsanspruch besteht?

Ein erneuter Auskunftsanspruch besteht, wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass mittlerweile wesentlich höhere Einkünfte erzielt werden oder weiteres Vermögen erworben wurde. Das ist oft wenig hilfreich, weil genau das nicht bekannt ist und nur vermutet werden kann – und diese Vermutung reicht eben nicht aus, um einen erneuten Auskunftsanspruch zu begründen.

Davon jedoch unabhängig kann alle zwei Jahre erneut Auskunft verlangt werden. Wann jedoch beginnt diese Frist, wenn ein lang andauerndes Verfahren zur Regelung des Unterhalts geführt wurde? Im Fall von gerichtlich ausgeführten Streitigkeiten ist dann auf den Schluss der mündlichen Verhandlung abzustellen.

Hinweis: Gestritten wird auch über die Frage, ob es eine ungefragte Pflicht gibt, über geänderte Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu informieren. Eine solche Pflicht gibt es. Sie besteht immer dann, wenn es zu einer Einigung über den Unterhalt kam. Denn eine Einigung ist ein Vertrag, die Informationspflicht ist dann eine ungeschriebene vertragliche Nebenpflicht.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 09.03.2016 – 5 UF 213/15
Thema: Familienrecht

Erbe oder Vermächtnis: Nicht der Wortlaut, sondern der wahre Wille des Erblassers ist entscheidend

Bei der Errichtung von Testamenten ohne rechtliche Beratung wird häufig nicht klar zwischen einem Vermächtnis und einer Erbeinsetzung unterschieden. Dies führt dann im Erbfall zu Streitigkeiten unter den Bedachten.

Ein Ehepaar hatte ein Testament errichtet, in dem es u.a. hieß: „Unser Sohn Ch. hat sich von unserer Familie losgesagt und soll sein Erbteil nur vom Inventar erhalten.“ und des weiteren: „Für den vorhandenen Schmuck setzen wir als Erbe unsere Enkeltochter P.S. ein.“

Das Gericht wies darauf hin, dass bei der Auslegung einer Verfügung von Todes wegen der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen ist und nicht allein auf den Wortlaut des Testaments abgestellt werden kann. Bei von Laien verfassten Testamenten ist die Bezeichnung als „Erbe“ nicht entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis vorliegt. Wird auf ein Inventar verwiesen, liegt ein Vermächtnis vor, da dies darauf hindeutet, dass die Erblasser nicht wollten, dass der Bedachte die wirtschaftliche Stellung des Erblassers fortsetzen soll, wie es im Fall einer Erbeinsetzung wäre. Werden in einem Testament zudem bestimmte Gegenstände zugewandt, ist auch dann im Zweifel von einem Vermächtnis und nicht von einer Erbeinsetzung auszugehen – selbst wenn der Bedachte als Erbe bezeichnet wird. Sohn und Enkelin waren somit vorliegend beide keine Erben.

Hinweis: Die Unterscheidung zwischen Vermächtnisnehmer und Erbe ist rechtlich von entscheidender Bedeutung. Ein Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen und tritt damit in alle Rechte und Pflichten ein – also auch in die Schulden und Forderungen. Das Vermächtnis begründet hingegen für den Bedachten nur das Recht, von dem Erben den vermachten Gegenstand zu fordern. Der Vermächtnisnehmer wird also selbst nicht Erbe. Werden in einem selbstverfassten Testament nur einzelne Gegenstände einer Person zugedacht, wird dies unabhängig von der Formulierung als Vermächtnis ausgelegt werden. Daher sollte man sich vorab gut überlegen, welche Konsequenzen wirklich gewünscht sind, und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.05.2015 – 11 Wx 123/14

Thema: Erbrecht

Heckspoiler abgerissen: Waschanlagenbetreiber haftet bei Schäden an serienmäßigen Pkws

Ist die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für serienmäßig ausgerüstete Pkws eines bestimmten Fahrzeugtyps geeignet, haftet der Betreiber der Waschanlage bei durch den Waschvorgang entstandenen Schäden.

Der Halter eines Renault Wind Night & Day TCe 100 brachte sein Fahrzeug in eine Portalwaschanlage und ließ es dort waschen. Nach Beendigung des Waschvorgangs war der serienmäßig angebrachte Heckspoiler abgerissen.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat den Betreiber der Waschanlage zum Schadensersatz verpflichtet. Das Gericht stellte zwar zunächst fest, dass es bei der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs in einer Waschanlage keine generelle verschuldensunabhängige Haftung des Betreibers der Waschanlage gibt. Im vorliegenden Fall hat der Betreiber der Waschanlage allerdings schuldhaft gehandelt. Denn für ihn ergibt sich aus dem Waschanlagenvertrag die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Fahrzeuge in der Waschanlage nicht beschädigt werden. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger, der sich die Videoaufzeichnung des Waschvorgangs angesehen hatte, kam zu dem Ergebnis, dass der Heckspoiler während des Waschvorgangs abgerissen wurde. Zuerst drangen Waschelemente der Dachbürste in den rund 9 cm großen Freiraum zwischen der Oberseite der Heckklappe und der Unterseite des Spoilers ein, danach verursachte die Vorwärtsbewegung des Portals schließlich eine Krafteinwirkung, die zum Abriss des Kunststoffheckspoilers führte.

Hinweis: Eine Schadensersatzverpflichtung bestand deshalb, weil der Heckspoiler serienmäßig an das Fahrzeug angebracht war. Die Mitarbeiter des Waschanlagenbetreibers hätten also vor Einfahrt in das Waschportal darauf achten müssen, ob die Waschanlage konstruktionsbedingt geeignet war, dieses Fahrzeug zu waschen. Ob der Fall anders beurteilt worden wäre, wäre der Heckspoiler nachträglich angebracht worden, hat das Gericht offengelassen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.06.2015 – 9 U 29/14

Thema: Verkehrsrecht