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Schlagwort: Sachverständigengutachten

Orientierung am Kindeswohl: Familiengericht muss ermitteln, bis es fundiert entscheiden kann

Für ein Familiengericht muss das Kindeswohl an oberster Stelle stehen. Unterlässt es ein Gericht, Ergebnisse aus seiner Amtsermittlungspflicht heraus als Basis für eine fundierte Entscheidung vorzulegen, muss es nochmals ran – so wie das Landgericht (LG) nach einer entsprechenden Entscheidung des nachfolgenden Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

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Vaterschaft missgönnt: Mutter muss Abstammungsgutachten allein bezahlen

Der biologische Vater eines Kindes ist durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln, wenn die Mutter sogenannten „Mehrverkehr“ hatte. Die Kosten müssen in so einem Fall alle Beteiligten anteilig tragen, denn Kindesmutter und potentielle Väter veranlassen das Verfahren in gleicher Weise dadurch, dass sie miteinander geschlechtlich verkehrt haben. Im Fall des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen (OLG) lag die Sache jedoch anders.

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Einschränkungen nach Sturz: Laut Gutachten nicht nachvollziehbare Folgen fließen nicht in Bemessungsgrundlage ein

Verursacht ein losgerissener Hund den Sturz eines Radfahrers, haftet der Halter des Hunds wegen der sogenannten Tiergefahr für die Schäden. Der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG), der sich mit den gesundheitlichen Folgen und deren finanzieller Bewertung eines durch einen Hund zu Fall gebrachten Mannes beschäftigte, mag so manche Leser irritieren. Aber lesen Sie selbst.

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Unanfechtbarer Beweisbeschluss: Angeordnetes Gutachten kann erst mit Rechtsmitteln in Folgeinstanz angefochten werden

Um in Kindeswohlfragen entscheiden zu können, lassen Familienrichter sich häufig von einem Sachverständigengutachten leiten. Die Eltern, die Gegenstand der Begutachtung sein sollen, sind damit nicht immer einverstanden. Ob ein Elternteil zur Mitarbeit gezwungen ist oder bereits die Gutachtenerstellung verhindern kann, war im folgenden Fall vom Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) zu beantworten.

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Außergerichtliche Klärung verweigert: Auch wer nicht Vater ist, muss Kosten des Abstammungsverfahrens mittragen

Wenn gerichtlich festgestellt werden muss, von welchem Vater ein Kind abstammt, entstehen oft erhebliche Kosten durch die Begutachtung aller Beteiligten (Mutter, Kind und die möglichen Väter). Im Folgenden war das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) mit der Frage betraut worden, wer diese Kosten tragen muss, wenn am Ende keine Vaterschaft feststellbar ist.

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Gutachten bei Härteeinwand: Vorlage ärztlicher Atteste allein reicht nicht gegen Räumungsklage wegen Eigenbedarfs aus

Im Ausnahmefall kann ein Mieter sich gegen eine Räumung mit gesundheitlichen Problemen wehren, die durch den Auszug auftreten könnten. Doch sich allein auf vorgelegte Atteste zu verlassen, reicht hierfür künftig nicht aus. Wie in solchen Fällen in Zukunft vorzugehen ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

In dem Fall ging es um die Eigenbedarfskündigung einer Mietwohnung, in die die Tochter des Eigentümers einziehen sollte, um nach dem Abitur einen eigenen Hausstand zu gründen. Der 67-jährige Mieter widersprach der Kündigung und berief sich auf gesundheitliche Härtegründe. Er sei nach 30 Jahren im Mietverhältnis zu fest mit der Umgebung verwurzelt. Atteste wiesen auf seine Depression mit Suizidversuchen hin, die auch Magen-, Herz- und Kreislaufbeschwerden verursache. Zudem bescheinigten sie dem Mann eine Räumungsunfähigkeit, weil der Mieter „aus medizinisch-orthopädischer Sicht außerstande sei, Gegenstände mit einem Gewicht über zehn Kilogramm zu heben“. Das Landgericht (LG) wies nach einem ersten Urteil durch das Amtsgericht zugunsten des Mieters die Berufung zurück und begründete seine Entscheidung, die Beendigung des Mietverhältnisses würde für den Beklagten wegen seines fortgeschrittenen Alters und seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten.

Schließlich ging die Angelegenheit bis zum BGH, der das vorinstanzliche Urteil aufhob und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an das LG zurückverwies. Das vorinstanzliche Gericht hätte ein Sachverständigengutachten zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der behaupteten Erkrankungen des Mieters vornehmen müssen. Es hätte sich nicht nur alleine auf die vom Mieter vorgelegten Atteste stützen dürfen. Konkret heißt es in der Grundsatzentscheidung, dass künftig ein Sachverständigengutachten „zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der vom Beklagten behaupteten Erkrankungen auf dessen Lebensführung im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung“ eingeholt werden müsse.

Hinweis: Alleine die Vorlage eines ärztlichen Attests reicht also nicht aus, um eine Eigenbedarfskündigung erfolgreich abzuwehren. Trotzdem ist ein solches Attest wichtig, um erste Anhaltspunkte zu haben, ob und weshalb eine Räumung der Mietwohnung nicht möglich ist. Den eigenen Arzt mit ins Boot zu holen, ist für Mieter stets von Vorteil. Künftig werden die Gerichte in solchen Fällen zusätzlich ein (teures) Sachverständigengutachten einholen müssen.

Quelle: BGH, Urt. v. 28.04.2021 – VIII ZR 6/19

Thema: Mietrecht

Fiktive Abrechnung: Verweis auf Vertragswerkstatt bei einem noch nicht drei Jahre alten Fahrzeug zulässig

Fiktive Abrechnungen sind nach Unfallschäden immer wieder Fälle für die Gerichte. Auch in diesem Fall musste sich das Landgericht Magdeburg (LG) mit der Frage befassen, wann sich Geschädigte auf eine Reparaturmöglichkeit in einer Vertragswerkstatt des Herstellers in der Nähe seines Wohnorts verweisen lassen müssen.

Nach einem unverschuldeten Unfall ließ der Geschädigte ein Sachverständigengutachten zur Höhe der Reparaturkosten erstellen. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers verwies ihn allerdings auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer in seiner Nähe befindlichen Vertragswerkstatt. Der Geschädigte ließ das Fahrzeug dennoch in einer freien Werkstatt reparieren und legte eine Reparaturkostenrechnung nicht vor. Die Haftpflichtversicherung zahlte den sich aus dem Prüfbericht ergebenden Nettoreparaturkostenbetrag. Der Geschädigte klagte die Differenz zu den sich aus dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten resultierenden Nettoreparaturkosten ein.

Das LG hat die Klage abgewiesen, da der fiktiv abrechnende Geschädigte mit der Zahlung der Reparaturkosten laut Prüfbericht bereits vollständig entschädigt wurde. Da der Geschädigte auf eine Vertragswerkstatt verwiesen wurde, liegt auch eine technische Gleichwertigkeit bezüglich der im von ihm eingeholten Gutachten ermittelten Reparaturkosten vor. Der von der Versicherung vorgenommenen Schadenabrechnung wurden die konkreten Lohnkosten und Stundenverrechnungssätze zugrunde gelegt. Die Versicherung musste ihm auch nicht ein konkret annahmefähiges Angebot zur Reparatur seines Fahrzeugs vorlegen. Die Vorlage eines Prüfberichts reiche völlig aus.

Hinweis: Grundsätzlich ist es so, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Geschädigter eines zum Unfallzeitpunkt nicht mehr als drei Jahre alten Fahrzeugs sich nicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Werkstatt verweisen lassen muss. Die Besonderheit in diesem Fall liegt jedoch darin, dass der Verweis auf eine vom Wohnort des Geschädigten 18 km entfernte Vertragswerkstatt erfolgte. Ob allerdings die vom LG vertretene Rechtsansicht vor der obergerichtlichen Rechtsprechung Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.

Quelle: LG Magdeburg, Urt. v. 19.03.2021 – 1 S 213/20

Thema: Verkehrsrecht

Härtefall bei Eigenbedarf: Legt der Mieter Atteste vor, muss ein gerichtliches Gutachten über dessen Gesundheit erstellt werden

Da ist es wieder, das unliebsame Thema der Kündigung wegen Eigenbedarfs. Und auch hier musste der Fall durch die Instanzen gehen – bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH). Lesen Sie selbst, wie es sich verhält, wenn Mieter mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen mit dem Eigenbedarf ihres Vermieters konfrontiert werden.

Ein Vermieter kündigte ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Die Mieter widersprachen der Kündigung und beriefen sich auf das Vorliegen von Härtegründen: Ein Umzug sei ihnen aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten. Sie legten im Gerichtsverfahren zahlreiche Atteste über ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie amtliche Bescheinigungen über einen Grad der Behinderung von 70 des Ehemannes und von 40 der Ehefrau vor.

Der BGH stellte hierzu nun folgende Grundsätze auf: Beruft sich der Mieter im Räumungsprozess darauf, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine unzumutbare Härte darstelle, muss er entsprechende ärztliche Atteste vorlegen. Ist dies – wie hier – erfolgt, hat allerdings das Gericht ein Sachverständigengutachten zum Gesundheitszustand des Mieters einzuholen. Dieses Gutachten muss zur Art, zum Umfang und zu den konkreten Auswirkungen der behaupteten Erkrankungen Aussagen treffen. Der Verlust der Wohnung und der vertrauten Umgebung sind als Einfluss auf die allgemeine Lebensführung dabei ebenfalls zu berücksichtigen. Mit diesem Regelwerk des BGH geht dieser Fall nun zur Erledigung zurück an die vorherige Instanz.

Hinweis: Ein Mieter mit gesundheitlichen Problemen sollte also in einem Räumungsprozess umfassend zu seinen Beschwerden vortragen. Dann ist ein Gutachten durch das Gericht einzuholen.

Quelle: BGH, Urt. v. 26.05.2020 – VIII ZR 64/19

Thema: Mietrecht